Magdeburg l „Das historische Magdeburg ist 1945 verloren gegangen.“ Der Mann, der das sagt, hat nach der Wende elf Jahre lang die Geschicke der Stadt als Oberbürgermeister geleitet. Nun hat es sich Willi Polte zur Aufgabe gemacht, zumindest ein Stück des alten Magdeburgs wieder auferstehen zu lassen.
Dafür hat er sich mit dem früheren Baubeigeordneten Werner Kaleschky und den ehemaligen Stadtplanungsamtsleitern Eckhart Peters und Heinz-Joachim Olbricht zusammengetan und ein Konzept für den Prämonstratenserberg entwickelt. Fassaden historischer Gebäude sollen dort wieder aufgebaut werden.
2018 hatte die Wobau als Eigentümerin der Flächen einen Gestaltungswettbewerb durchgeführt. Keiner der eingereichten Entwürfe konnte aber vollends überzeugen, so dass es auch keinen Erstplatzierten gab. „Deshalb habe ich vor anderthalb Jahren damit begonnen, eine eigene Idee zu entwickeln“, sagt der Alt-OB.
In Gesprächen mit der Wobau und dem Stadtplanungsamt reifte das Konzept vom kleinen „Alt-Magdeburg“ . Gebäude aus der Geschichte Magdeburgs, zu denen es im Stadtarchiv noch die Bauakten gibt, sollen wieder aufleben. Das Geburtshaus Otto von Guerickes oder das Haus des heiligen Georgi könnten so wieder ins Stadtbild zurückkehren. Die Stadtmauer, die dort unterirdisch verläuft, könnte ebenfalls sichtbar gemacht werden.
Dass es „Potemkinsche Dörfer“ seien, dürfe nicht stören. Natürlich müsse hinter der Fassade zeitgemäß gebaut werden, sagt Polte. Auch die Gebäude dazwischen sollen moderne Fassaden haben, die beispielsweise an Zeilen in Hamburg oder Lübeck erinnern könnten.
Über die Finanzierung mache er sich keine Sorgen. „Betongold“ sei als Anlage sehr gefragt. Viele Magdeburger könnten es sich leisten. „So kann man sein Herz für Magdeburg zeigen, auch wenn es etwas mehr kostet“, meint er und spricht von einer emotionalen Bindung durch das Quartier. Einzelne Gebäude könnten auch direkt von Nutzern errichtet werden, beispielsweise als Klubhaus, erläutert der frühere Oberbürgermeister. Als solcher hätte er diese Idee gern schon in den 1990er Jahren umgesetzt, erinnert er sich. Die Genossenschaften als Eigentümer hatten damals aber noch andere Sorgen.
Aktuell arbeitet man im Stadtplanungsamt an einer Aktualisierung des Bebauungsplans, die vielleicht im Juni in die Ratsausschüsse gehen könnte. Zuvor waren er und seine Mitstreiter bereits in den Fraktionen, um ihre Vision vorzustellen. Im Grundsatz gab es ein positives Echo, sagt er. Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Wobau stehen dem Projekt wohlwollend gegenüber, wollen sich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht dazu äußern, wie es auf Volksstimme-Nachfrage heißt.
Er sei gespannt auf die Reaktionen, die die Idee bei den Magdeburgern auslösen wird. Schließlich werde bei Neubauprojekten häufig die moderne Architektur kritisiert. Dass es funktioniert, zeige das Beispiel des Römerbergs in Frankfurt/Main, wo gleichfalls ein historisches Viertel aufgebaut wurde. „Die Identifikation der Bürger einer Stadt wird durch das Zentrum bestimmt“, ist sich Willi Polte sicher. In Magdeburg werde das von Besuchern oft vergeblich gesucht, wie er bei Stadtführungen, die er ab und zu begleitet, immer wieder erlebt.
„Es könnte an der Stelle etwas werden“, sagt er und betont, dass es sich um einen Gestaltungsvorschlag handelt. „Wenn es so oder so ähnlich realisiert werden würde, dann wären meine Bemühungen von Erfolg gekrönt“, erklärt Willi Polte.