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Nach Hunger-Drama Störche in Magdeburg: Es gibt wieder Nachwuchs

Die Störche in Magdeburg legen sich wieder Kinder ins Nest. Nachdem 2022 alle Jungtiere verhungert waren, gibt es in diesem Jahr gute Nachrichten. Zu einzelnen Tragödien an den Horsten ist es aber offenbar dennoch gekommen.

Von Konstantin Kraft Aktualisiert: 21.07.2023, 14:16
Luftaufnahme vom Nistplatz an der Hauptstraße in Pechau. Zwei Störche sind dort in diesem Jahr flügge geworden.
Luftaufnahme vom Nistplatz an der Hauptstraße in Pechau. Zwei Störche sind dort in diesem Jahr flügge geworden. Foto: Wolfgang Grönwald/Storchenfreunde

Magdeburg - In luftiger Höhe ist Wolfgang Grönwald (74) im Einsatz. Unterstützung kommt von der Feuerwehr, die dafür die Drehleiter am Einsatzwagen ausfährt. Der Revierförster im Ruhestand hat ein Auge auf die Störche in Magdeburg und dem Alt-Kreis Schönebeck.

Seit Jahrzehnten ist er als Storchenbeauftragter aktiv und nimmt die Beringung von Nachwuchs vor. Mehr als 1000 Störche hat er inzwischen bereits beringt. Nach dem Drama im Vorjahr, wo alle Jungstörche in Magdeburg verstorben sind, konnte Grönwald dieses Jahr wieder tätig werden.

Um zum Horst zu gelangen, hilft die Feuerwehr mit der Drehleiter. In Calenbeger gibt es dieses Jahr einen neuen Nistplatz.
Um zum Horst zu gelangen, hilft die Feuerwehr mit der Drehleiter. In Calenbeger gibt es dieses Jahr einen neuen Nistplatz.
Foto: Wolfgang Grönwald/Storchenfreunde

Insgesamt habe er sechs Jungtiere in Magdeburg beringt, sagt der Storchenbeauftragte. „Das ist schon positiv.“ Gerade im Hinblick auf die tragische Nullnummer im Jahr zuvor.

Zwei Jungstörche gibt es in diesem Jahr in Pechau.
Zwei Jungstörche gibt es in diesem Jahr in Pechau.
Foto: Wolfgang Grönwald/Storchenfreunde

Auf dem Horst an der Hauptstraße in Pechau waren es zwei Jungstörche. Sie bedeuten das Ende einer langen Durststrecke. Jahrelang hat man im Elbauendorf auf Storchennachwuchs gewartet. 2017 waren die letzten Tiere flügge geworden.

Kein gutes, eher ein durchschnittliches Jahr

Ebenfalls zwei Jungstörche hat Wolfgang Grönwald auf dem Horst in Westerhüsen beringt. Darüber hinaus hat sich in diesem Jahr ein neuer Nistplatz auf einem Privatgrundstück in Calenberge herausgebildet. Auch hier sind zwei Jungtiere herangewachsen.

In Calenberge liegen ebenfalls zwei Jungstörche im Nest.
In Calenberge liegen ebenfalls zwei Jungstörche im Nest.
Foto: Wolfgang Grönwald/Storchenfreunde

„Die ersten Jungstörche haben sich schon auf den Weg gemacht“, sagt Grönwald. Spätestens Mitte/Ende August sollten alle Tiere ihre Kinderstuben verlassen haben.

In der Hoffnung, dass sie im kommenden Frühjahr wieder zurückkehren mögen. Zur Ergänzung: Auf den Horsten im Alt-Kreis Schönebeck sind in diesem Jahr 38 junge Adebare flügge geworden.

Insgesamt sechs Jungtiere beringt Wolfgang Grönwald in Magdeburg.
Insgesamt sechs Jungtiere beringt Wolfgang Grönwald in Magdeburg.
Foto: Wolfgang Grönwald/Storchenfreunde

Zurück nach Magdeburg: Von null auf sechs. Nach dem Katastrophenjahr 2022 kehrt die Jungstorchenbilanz ein Stück weit zur Normalität zurück. Indes bleibt Luft nach oben. „Es ist kein gutes, sondern ein durchschnittliches Jahr“, bilanziert der Storchenbeauftragte.

Um den Bestand zu sichern, sollten die Brutpaare mindestens zwei Jungtiere durchbringen. Das ist auch in diesem Jahr nicht überall gelungen. Erneut haben sich vereinzelte Dramen an den Nistplätzen abgespielt.

Auf dem Horst in Prester war ebenfalls ein Brutpaar gelandet. Dort sind Jungtiere zur Welt gekommen. Doch diese haben es nicht geschafft. Offenbar konnten die Eltern nicht ausreichend Nahrung für ihren Nachwuchs finden.

Besonders kritisch sind die ersten Tage und Wochen nach dem Schlüpfen. Dann werden die Störche vornehmlich mit Regenwürmern und Insekten ernährt. Andere Nahrung können sie noch nicht zu sich nehmen.

Spätestens Mitte/Ende August sollte alle Störche ihre Nester verlassen.
Spätestens Mitte/Ende August sollte alle Störche ihre Nester verlassen.
Foto: Wolfgang Grönwald/Storchenfreunde

Um Würmer zu finden, muss es feucht sein. Anhaltende Trockenheit sorgt dagegen für Nahrungsmangel, der wiederum zu einer verheerenden Kettenreaktion führen kann. Die Jungstörche verhungern oder sind zumindest kurz davor.

„Wenn die Storcheneltern merken, dass sie ihre Jungtiere nicht mehr füttern können, dann werfen sie sie vom Horst hinab.“ Aus schierer Verzweiflung in den sicheren Tod. Aber doch auch mit der Hoffnung, sodann für die anderen Jungen genügend Futter zu finden.

Brutpaar in Prester bringt Jungtiere nicht durch

Zur Erinnerung: Gut 20 Jungstörche sind 2022 in Magdeburg sowie der Schönebecker Region ums Leben gekommen. Dieses Drama wiederholte sich 2023 in Prester. In Pechau waren es ursprünglich auch drei Jungstörche.

Das Tier, das dort verstorben ist, könnte jedoch offenbar als Futter für die beiden anderen Jungvögel gedient haben. Nahrung ist Nahrung. Immerhin konnten schlussendlich zwei Jungtiere überleben.

Die Pechauer Storchenbilanz

Drei Jungstörche sind 2023 in Pechau geschlüpft. Zwei Tiere schafften es und konnten beringt werden. Auf einer Informationstafel am Storchennest in der Hauptstraße wird die Bestandsentwicklung der vergangenen Jahre dokumentiert. Von 1994 bis 2018 seien insgesamt 41 Jungstörche flügge geworden.

Auf dem Horst an der Hauptstraße in Pechau hatte sich in diesem Jahr wieder ein Brutpaar eingefunden.
Auf dem Horst an der Hauptstraße in Pechau hatte sich in diesem Jahr wieder ein Brutpaar eingefunden.
Archivfoto: Konstantin Kraft

2016: Ankunft der Störche am 28. April und Abflug am 24. August. Ein Jungstorch.

2017: Ankunft der Störche am 15. März und Abflug am 26. August. Drei Jungstörche.

2019: Ankunft der Störche am 2. April, Abflug am 28. August. Kein Jungstorch.

2020: Adebar kommt am 25. März an, Abflug am 29. August. Kein Jungstorch.

2022: Am 10. und am 21. April treffen die Störche ein. Abflug am 31. August. Zwei Jungstörche. Verhungert.

Die Beringung der Jungstörche dient auch dazu, die Flugrouten zu erforschen. Was auffällt: Immer mehr Störche kommen im Frühjahr aus Spanien eingeflogen, so Grönwald. Weniger werden die Einflieger aus Afrika.