Kinderbetreuung Tagesmütter als Alternative zur Kita
Der Verein der Kindertagespflege in Magdeburg besteht seit zehn Jahren. Noch immer haben Tagesmütter mit Vorurteilen zu kämpfen.
Magdeburg l Eigentlich wollten Anna Deibele und ihr Mann aus Magdeburg ihre Tochter in einer normalen Kindertagesstätte unterbringen. „Aber wir haben schnell gemerkt, das ist nichts für uns“, erzählt Anna Deibele. 18 Mädchen und Jungen in einer Gruppe von Kindern, die alle unter drei Jahre alt sind, das seien zu viele Reize für ihr eigenes Kind gewesen. Und auch für die Eltern sei die große Kita nichts gewesen: Es sei schwierig gewesen, sich zu orientieren, beim Personal habe es eine hohe Fluktuation gegeben und wechselnde Ansprechpartner, berichtet die Mutter.
Das Paar entschied sich daher, sein Kind zunächst weiter zu Hause zu betreuen und hörte sich um. Dann stießen die Eltern auf das Angebot von Tagesmüttern – und haben es nicht bereut, sich für eine Einrichtung in ihrer Nähe entschieden zu haben. Die Gruppengröße sei überschaubar, es gebe einen festen Ansprechpartner, eine Bezugsperson für ihr Kind, das Essen werde selbst und in Bio-Qualität gekocht und es herrsche eine familiäre Atmosphäre.
Paulina Hammer ist Tagesmutter für unter dreijährige Kinder. Sie bedauert, dass das Modell der Kindertagespflege sich noch immer nicht etabliert habe und viele Eltern nicht wüssten, welche Vorteile diese Form der Betreuung biete, erzählt sie: „Es gibt viele Vorurteile, dass die Betreuung der Kinder teurer sei und die Kindertagespflegestellen nicht ausreichend geprüft würden.“ Dem sei aber nicht so. Das bestätigt auch Pressesprecherin Kerstin Kinszorra von der Magdeburger Stadtverwaltung.
Damit die Tagesmütter auch untereinander ins Gespräch kommen, wurde 2010 der Verein der Kindertagespflege in Magdeburg gegründet. Paulina Hammer ist seit 2018 dessen Vorsitzende und möchte um weitere Mitglieder werben. Aktuell sind 35 Tagesmütter darin organisiert. Insgesamt gibt es in Magdeburg aber 80 Tagespflegestellen für Kinder. „Jede Tagesmutter arbeitet allein, Austausch ist da nicht gegeben“, erzählt Hammer. Deshalb sei es gut, mit dem Verein jemanden zu haben, an den man sich wenden kann und wo man mit anderen ins Gespräch kommen kann.
Immer wieder versuchen die Vereinsmitglieder, durch Aktionen wie Sommerfeste oder Ausflüge zum Beispiel in den Zoo untereinander ins Gespräch zu kommen. Und auch beim vierteljährlichen Stammtisch sind Gespräche möglich. Auch die Interessen der Tagesmütter gegenüber der Politik versucht der Verein zu vertreten. Im Kinderförderungsgesetz sei die Kindertagespflege nicht ausreichend erwähnt und beschrieben, findet Paulina Hammer.
Und auch die Anerkennung des Berufsbildes sei schwierig. Tagesmütter, die Kinder unter drei Jahren betreuen, benötigen einen Qualifikationskurs, der in der Regel sechs bis acht Wochen dauert. Diese Tagesmütter bilden die Mehrheit. Doch diese Art der Qualifizierung werde nicht als Ausbildungsberuf anerkannt, bedauert Paulina Hammer. Daneben gebe es nur wenige Tagespflegepersonen, die Kinder ab dem dritten Lebensjahr bis zur Einschulung betreuen.
Für Anna Deibele und ihre Familie könnte das zum echten Problem werden. Denn eigentlich soll ihre Tochter auch über die ersten drei Lebensjahre hinaus von einer Tagesmutti betreut werden. Schon jetzt hat die Familie angefangen, nach einem geeigneten Platz zu suchen. „Es wollen einfach zu wenige machen“, sagt sie. Dass sich das ändert, daran arbeitet der Verein der Tagesmütter in Magdeburg.