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Gesundheit und Ehrenamt Telefonseelsorge Magdeburg: Warum die Helfer selbst Hilfe brauchen

Was ehrenamtliche Mitarbeiter der Telefonseelsorge Magdeburg leisten und warum sie jetzt selbst Unterstützung benötigen. Eine Mitarbeiterin berichtet über ihre berührenden Erfahrungen.

Von Jana Heute 04.10.2024, 06:20
Wenn Ängste und Sorgen wie dunkle Wolken sind und nicht weichen wollen, kann ein guter Zuhörer vielleicht einen Weg aufzeigen.
Wenn Ängste und Sorgen wie dunkle Wolken sind und nicht weichen wollen, kann ein guter Zuhörer vielleicht einen Weg aufzeigen. Symbolfoto: DPA

Magdeburg. - Sie sind ein Anker in der Not, hören zu, geben Halt: Helfer der Telefonseelsorge engagieren sich in ihrer Freizeit, um für andere da zu sein, die dringend Beistand brauchen: Rund 13.000 Anrufe gingen auch im Jahr 2023 wieder bei der Telefonseelsorge Magdeburg und nördliches Sachsen-Anhalt ein. Durch Weggänge aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen braucht das engagierte Team um Leiterin Anette Carstens jetzt jedoch selbst Hilfe – es braucht Verstärkung in den eigenen Reihen, um die Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft für die Hilfesuchenden aufrechterhalten zu können.

Denn deren seelische Not kennt keine Nachtruhe oder Feiertage.

Einladung zu einem ersten Treffen

Im Januar 2025 startet wieder ein Kurs, beginnt die Ausbildung von neuen potenziellen Mitarbeitern der Magdeburger Telefonseelsorge. „Zu einem ersten Treffen laden wir am Dienstag, 26. November 2024, um 16 Uhr ein“, erklärt Anette Carstens.

Sie hofft, dass sich bis dahin weitere Interessenten für eine Mitarbeit melden. „Wenn Sie offen für andere Menschen sind und alternative Sichtweisen zulassen können, melden Sie sich doch bei uns“, so Carstens gegenüber der Volksstimme.

Grundsatz der Anonymität

Bei der Telefonseelsorge können Anrufer anonym bleiben und so unbefangen über ihre Probleme sprechen. Doch auch für die ehrenamtlichen Mitarbeiter gilt der Grundsatz der Anonymität. Deshalb soll auch der Name der Telefonseelsorgerin, die für die Volksstimme-Leser nachfolgende Fragen beantwortet, geschützt bleiben. Gleichwohl geben die Antworten einen persönlichen Einblick in ihr besonderes Ehrenamt.

Volksstimme: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich für die Telefonseelsorge zu engagieren?Eine Freundin war viele Jahre bei der Telefonseelsorge und ich merkte, wie gut sie zuhören kann und mir manchmal so oder mit wenigen Fragen helfen konnte. Ich fühlte mich verstanden. Überzeugt hat mich zunächst die sehr gute, wohlproportionierte und praxisnahe Ausbildung der Telefonseelsorge. Wir näherten uns vielen heiklen Themen wie Trauer, Scham, Schuld, Sucht, psychischen Krankheiten, Suizid und Einsamkeit. Lernten, wie man richtig zuhört, wie man ein Gespräch beginnen, strukturieren und gegebenenfalls auch beenden kann. Oder den Umgang mit Gefühlen – den eigenen und denen der Anrufenden. Ich glaube, nur wenn ich am Telefon authentisch, also echt bleiben kann, entsteht Resonanz zwischen Menschen. Außerdem schätze ich den freundlichen und sehr wertschätzenden Umgang der Leitung mit und unter den vielen ehrenamtlich Tätigen.

Seit wann sind Sie jetzt schon dabei und wie läuft Ihr Einsatz konkret ab?Ich bin erst seit wenigen Jahren dabei. Den eigenen Dienst kann man digital und langfristig planen – rund um die Uhr, dann jeweils vier Stunden. Ich mache dreimal im Monat Dienst, andere auch öfter.

Was, glauben Sie, können Sie den Hilfesuchenden geben?Es klingt vielleicht unglaublich, aber wenn die oder der Anrufende sich gehört, angenommen und verstanden fühlt, ist es gut. Und dafür muss ich schon wirklich, manchmal sehr geduldig, nah dran sein.

Gibt es eine Begebenheit, die Sie besonders betroffen gemacht oder berührt hat?Jede und jeder ist ernst zu nehmen, aber nicht alles macht mich betroffen. Mich berührt, wenn es mir gelingt, mich nicht runterziehen zu lassen, sondern jemanden in einer sehr ernsten Situation auch mal wieder zum Lachen zu bringen. Betroffen machen mich Themen der Anrufenden wie Einsamkeit, Missbrauch und wachsende Angst vor Krieg.

Warum lohnt es sich aus Ihrer Sicht, für die Telefonseelsorge engagiert zu sein?Das ist so pauschal schwer zu sagen. Ich habe nach den vier Stunden Dienst einfach das gute Gefühl: Das war sinnvoll. Wir sind sehr intensiv im Kontakt mit Menschen, dürfen ihr Universum, ihre Seelenlandschaft vorsichtig betreten und spinnen im gemeinsamen Gespräch aus Themen und Gefühlen einen Faden – zu Würde und Sinn.

Damit unsere Leser eine grobe Vorstellung von Ihnen haben, diese Fragen noch zum Schluss: Wie alt sind Sie? Haben Sie Familie? Welche berufliche Tätigkeit führen Sie aus?Ich bin Anfang 60, habe Familie mit Kindern und Enkeln und arbeite im Kultur- und Bildungsbereich.

Hier gibt es Kontakt zur Telefonseelsorge

Kontakt für Interessenten an einer Mitarbeit gibt es unter der Magdeburger Telefonnummer 0391/5334401 oder per E-Mail: buero@telefonseelsorge-magdeburg.de. Hilfesuchende erreichen die Telefonseelsorge rund um die Uhr kostenlos unter den Rufnummern 0800/111 01 11 oder 0800/111 02 22.