Coronavirus Testpflicht sorgt für haarige Zeiten bei Magdeburger Friseuren
Die Testpflicht beim Einkauf oder beim Friseurbesuch sorgt für große Verwirrung und Ärger. Magdeburger Friseure beklagen einen Umsatzeinbruch von bis zu 70 Prozent.

Magdeburg.
Mal eben zum Friseur – diese Zeiten sind vorbei. Bevor es ans waschen, schneiden, legen geht, muss ein tagesaktueller negativer Corona-Schnelltest vorgelegt werden. Das schreckt viele Kunden ab. Etliche haben ihre bereits gebuchten Termine storniert oder lassen sich erst gar keinen neuen geben.
Friseurmeisterin Doreen Dänhardt erlebt genau das seit der Einführung der Testpflicht am 23. April 2021. 60 bis 70 Prozent Umsatz hat sie seither eingebüßt, sagt sie. Die Verunsicherung und der Ärger seien groß. „Der Anlauf der Testpflicht war eine Katastrophe. Bei uns stand das Telefon nicht still. Es prasselten unheimlich viele Fragen auf uns ein: Darf ich den Test auch zu Hause machen, oder muss ich ins Testzentrum? Muss ich einen Test machen, obwohl ich geimpft bin? All solche Fragen kamen“, berichtet die Friseurmeisterin. Viele Kunden seien „stinksauer“, den einen sei der Aufwand zu groß, andere würden es komplett ablehnen.
„Ich kann nur auf die Kunden einreden, an sie appellieren, solidarisch zu sein, auch an uns kleine Unternehmen zu denken. Wenn das alles mal vorbei ist, brauchen wir doch weiterhin Dienstleister wie uns Friseure“, sagt die Unternehmerin. Drei Salons betreibt sie, zwei in Magdeburg, einen in Lostau. Acht Beschäftigte zählen zu ihrem Team.
Handwerkskammer kritisiert Umsetzung des Gesetzes
Allerdings habe sie durchaus auch andere Erfahrungen gemacht. Selbst Senioren hätten kein Problem damit gehabt, zuvor einen Corona-Test machen zu lassen. Doch das sei nicht immer einfach zu bewerkstelligen, der Weg in ein Testzentrum zu weit oder zu beschwerlich. Darum hat die Unternehmerin nun selbst Schnelltests beschafft, die ihre Kunden dann vor Ort selbst machen könnten. Aus Platzmangel ginge das allerdings nur vor dem Salon. Die Unternehmerin versucht alles, um das Geschäft am Laufen zu halten und für ihre Kunden da zu sein. Die Kosten für den Selbsttest vor Ort lege sie zum Einkaufspreis auf die Kunden um. „Ich will mir damit keine ,goldene Nase’ verdienen, sondern meine Dienstleistung anbieten“, sagt sie.
Die Unsicherheit um die Auslegung der Testpflicht indes ist groß. Was ist erlaubt und was nicht? Das geht nicht nur Doreen Dänhardt so, sondern auch vielen anderen ihrer Kolleginnen und Kollegen. Burghard Grupe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, weiß das nur zu gut. Seit Freitag stehe bei der Handwerkskammer das Telefon nicht mehr still. Auch von anderen Friseuren weiß er, dass sie seither mit starken Umsatzeinbußen zu kämpfen haben, weil Kunden verunsichert sind.
Er ist entsetzt über die Art und Weise, wie die Testpflicht eingeführt wurde: „Wie kann man ein Gesetz beschließen, das so interpretationsanfällig ist? Und es dann an einem Freitag in Kraft treten lassen? Keiner wusste genau, wie es auszulegen ist. Das hat zu Chaos geführt und zermürbt Kunden wie Unternehmer.“ Es habe keine klare Information seitens des Gesetzgebers gegeben. Dabei bräuchten Unternehmen Planungssicherheit.
Selbsttests vor Ort und unter Aufsicht gelten auch
Am Mittwoch, 28. April 2021, teilten Bundes- wie auch Landes-Gesundheitsministerium auf Nachfrage der Redaktion mit, dass auch Laien-Selbsttests gelten, soweit diese vor Ort unter Aufsicht des jeweiligen Verantwortlichen oder einer von ihm beauftragten Person vor dem Betreten der jeweiligen Einrichtung durchgeführt werden. Nur auf diese Art und Weise könne sichergestellt werden, dass es sich um einen aktuellen und ordnungsgemäß durchgeführten Selbsttest der zu testenden Person handelt. Ob Dienstleister ihren Kunden Tests anbieten, bleibt ihnen überlassen. Ein Test zu Hause und eine ausgefüllte Selbstauskunft, dass der Test negativ war, sei nicht ausreichend, hieß es.
„Praxisfern“ nennt Burghard Grupe die Regelung der Selbsttests unter Aufsicht vor dem Geschäft. Dazu müsste jeweils ein Mitarbeiter zur Aufsicht abgestellt werden, das koste Arbeitszeit. Zudem würden Kunden teils bei Wind und Wetter draußen stehen müssen, was noch mehr abschrecke.
Für die praktikabelste Lösung hält Grupe den Selbsttest zu Hause mit ausgefüllter Selbstauskunft. „Man sollte nicht jedem unterstellen, dass er betrügen will“, sagt er. Mit der aktuellen Regelung werde die Aufgabe zum Schutz der Bevölkerung auf die Unternehmen abgewälzt. Und das sei nicht deren Aufgabe und belaste gerade kleine Unternehmen. „Pandemiebewältigung heißt auch Betriebsschutz. Es kann doch nicht der Sinn sein, dass Betriebe mit solchen Regelungen kaputt gemacht werden und ganze Innenstädte aussterben“, so Grupe.
Friseurmeisterin Doreen Dänhardt hofft, dass sich die Verunsicherung bald legen wird und ein Stück Normalität eintritt.