Musik und Unterhaltung Theater für Demenzerkrankte aus Magdeburg
Aus dem Demenznetz Magdeburg ist ein neues Theaterprojekt entstanden. Mit verschiedenen Gegenständen und Musik werden Erinnerungen geweckt, die die Senioren zu Kreativität und Konversationen anregen. Was die Herausforderungen sind und wie das Projekt weiterlaufen soll.
Magdeburg - Demenz und Theater sind zwei Begriffe, die viele Menschen vermutlich nicht in einen Kontext bringen würden. Im Garten der Alzheimer Gesellschaft Sachsen-Anhalt findet jedoch genau das statt: Demenztheater. Mit Gegenständen, Musik und gezielten Fragen der Kulturgeragogin Hanna Lena Hohmann werden Erinnerungen und Emotionen geweckt, die die drei Teilnehmer miteinander agieren lässt.
Ziel sei jedoch keine stundenlange Aufführung. „Auch ältere Menschen und Betroffene von Demenz haben das Recht auf eine kulturelle Teilhabe. Daher hat mich schon immer interessiert, wie man sie besser einbinden kann“, sagt Hohmann. Die 27-Jährige hat ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einer Demenzbetreuung absolviert und auch schon bei inklusiven Theatergruppen mitgewirkt.
Natur und Garten sind Thema
Durch das Demenznetz Magdeburg kam sie mit Jeannette Böhm, Leiterin der Diesdorfer Beratungs- und Betreuungsstätte der Alzheimer Gesellschaft Sachsen-Anhalt, zusammen. So entstand die Idee zum Theaterprojekt, die sie nun gemeinsam entwickeln.
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Thema des fünfteiligen Theaterprojekts sind der Garten und die Natur: „Mir ist wichtig, dass alle Teilnehmer zusammen im Moment sind und mit ihren Sinnen agieren.“ Ein Besuch bei einem der Nachmittage gibt Aufschluss darüber, wie das in der Praxis aussehen kann. Gestartet wird mit Kaffee und Kuchen, jede Person erzählt wie der Tag bisher gelaufen ist, bevor das Programm richtig startet.
Hobbys und Geschichten der Magdeburger Senioren
„Der Tag geht immer so schnell rum, weil es hier so schön ist“, sagt Lore Findling. Sie ist Tagesgästin bei der Einrichtung und nimmt an dem Theaterprojekt teil. Hanna Lena Hohmann geht in dem Stuhlkreis herum, um jeder Person ein Namensschild zu geben: „Im Theater sind alle per du. Wir hier also auch.“
Um in die Interaktion zu starten kommt der kleine Kuscheltierhase „Hoppel Fritzchen“ zum Einsatz. Er spring von einer Person zur anderen und jeder muss eine kurze Unterhaltung mit dem Hasen führen. Da kommen Gespräche über Hobbys oder sein Lieblingsessen auf. „Ich habe früher Handball gespielt und stand im Tor. Davon habe ich zwei krumme Finger“, erinnert sich Christa Jürgens. Ein kleiner Hase, große Wirkung. Die Teilnehmer der Gruppe kommen ins Quatschen miteinander, lachen zusammen und lernen sich kennen.
Der einzige Mann in der Runde, Wolfgang Gerchel, erinnert sich gerne an seine Lieblingsband: The Rolling Stones. Das nimmt die Kulturgeragogin direkt als Anlass, gemeinsam Musik zu machen.
Da wird auf der Gießkanne getrommelt und in der Luft Klavier oder Gitarre gespielt – alle machen mit. Als sie dann mit das Lied „Theater“ von Katja Eppstein abspielt, sind die Senioren textsicher. Die neunjährige Nichte der Leiterin, Pauline, kennt zwar das Lied nicht, erzählt dafür aber etwas über ihre Lieblingssängerin Sarah Connor. „Ich finde das total super, weil ich gerne generationsübergreifend arbeite“, sagt die 27-Jährige.
Zukunft des Projekts unsicher
Nach kurzer Zeit sind schon die verschiedenen Interessen der Senioren zu erkennen, ihr Humor oder was sie eben gar nicht mögen. „Rituale sind wichtig, um alle abzuholen und kennenzulernen“, erklärt Hohmann. „Die hauptsächliche Herausforderung ist, dass wir immer wieder von vorne beginnen und nicht an das Geschehen der anderen Stunde anknüpfen können.“
Aktuell laufe der erste Versuch des Projekts. Wenn es gut läuft, soll es weitergeführt werden. „Es sind alle Demenzerkrankten willkommen. Dass es aktuell nur Tagesgäste von uns sind, ist Zufall“, sagt Jeannette Böhm. „Für den Start macht es das leichter, weil ich sie dann schon gut kenne. Ich weiß, was sie mögen oder was sie nicht interessiert.“
Das Demenznetz Magdeburg:
Seit 2019 gibt es das Demenznetz Magdeburg, ein Netzwerk für Interessierte, Betroffene und Experten zum Thema Demenz. Primäres Ziel: Steigerung der Lebensqualität für Menschen mit Demenz und Angehörige im Raum Magdeburg. Was erreicht werden soll: Enttabuisierung des Krankheitsbildes Demenz, Aufklärung der Magdeburger Bevölkerung, Optimierung der Versorgungsstrukturen und Unterstützungsangebote, Förderung der kulturellen und gesellschaftlichen Teilhabe, Translation aktueller Forschungsergebnisse und Beteiligung der Bevölkerung am Forschungsprozess.