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Ab März Tierklinik gibt Notdienst auf

Die landesweit größte und traditionsreichste Tierklinik in Magdeburg muss ihr Angebot einschränken.

Von Rainer Schweingel 31.12.2016, 00:01

Magdeburg l Hund, Katze, Maus – wenn das Haustier in Magdeburg kränkelt, dann gibt es in der Landeshauptstadt seit 43 Jahren nur eine feste Adresse, in der Bello & Co. zu jeder Zeit geholfen wird: die Ebendorfer Straße 39.

Neben der Tierklinik in Wittenberg ist dieses Angebot in dieser Größe in ganz Sachsen-Anhalt einzigartig und ergänzt den regulären Tierarztnotdienst in Magdeburg.

Doch der Service in Magdeburg wird eingeschränkt. „Wir sehen uns leider gezwungen, unseren Rund-um-die-Uhr-Notdienst aufzugeben. Wir können die 24-Stunden-Betreuung an 365 Tagen im Jahr nicht mehr absichern. Uns fehlt das Personal. Seit einem Jahr suchen wir vergeblich Tierärzte“, begründet Dr. Jana Leppelt den Schritt. Sie führt gemeinsam mit Mitinhaberin Dr. Katja Schneider die traditionsreiche Einrichtung unter dem geschützten Begriff „Tierklinik“, die Klaus Kutschmann 1973 gegründet hatte und 2006 an Nachfolger weitergab.

Durchschnittlich sechs bis acht Patienten werden aktuell je Notdienst betreut. An Wochenenden sind es sogar schon mal bis zu 100 Patienten aus einem Umkreis von bis zu 80 Kilometern um Magdeburg.

Kutschmann ist inzwischen Präsident der Tierärztekammer Sachsen-Anhalts und gilt als einer der bekanntesten Veterinärmediziner in der Region. Seiner ehemaligen Klinik ist er noch als freier Mitarbeiter in der Tieraugenheilkunde verbunden. Kutschmann bedauert den Schritt, kann ihn aber nachvollziehen: „Die Kollegen suchen seit Monaten Tierärzte zur Mitarbeit in der Klinik, finden aber so gut wie keine Kollegen, die auch bereit sind, regelmäßig Schichtdienste zu übernehmen.“

Die Folge: Mit den 6,5 Tierarzt-Stellen in der Klinik lässt sich der 24-Stunden-Dienst nicht mehr organisieren. Acht bis zehn Tierärzte wären notwendig. Dazu ein Umsatz von mindestens 800 Euro je Dienst, um die Kosten zu decken.

Tierhalter können damit künftig nur noch auf den regulären Tierarzt-Notdienst zurückgreifen, der unter den zehn Praxen ständig wechselt.

Auch dort ist natürlich eine gute Betreuung gewährleistet. Einschränkungen für die Tierhalter sind aber trotzdem mit dem Rückzug der Tierklinik verbunden. Denn nicht jeder Notdienst der Kollegen kann allein schon wegen der technischen Ausstattung der jeweiligen Praxis im Notfall das Leistungsangebot bieten, was bisher in der Ebendorfer Straße möglich war.

Bei bestimmten Erkrankungen oder schweren Unfällen müssen die Tierhalter damit viel häufiger als jetzt auf die ganz großen Tierkliniken nach Hannover, Leipzig oder Berlin ausweichen, wenn der reguläre Notdienst die Behandlung nicht absichern kann.

Nach Angaben von Kutschmann gibt es genug Nachwuchs aus den deutschlandweit fünf Fakultäten, die Tierärzte ausbilden. Allerdings habe sich einiges gewandelt. Kutschmann: „Heute sind rund 90 Prozent der jährlich etwa 1300 Absolventen Frauen, für die die Frage von Vereinbarkeit von Familien und Beruf besonders wichtig ist. Vor regelmäßigen Schichtdiensten schrecken deshalb viele von denen zurück und orientieren sich anders.“

Die Tierklinik indes will nun aus der Not eine Tugend machen. Sie verschickte an Kunden ein Infoblatt und möchte die frei gewordene Zeit in das Arzt-Patienten-Verhältnis investieren. Die stationäre Betreuung von Tieren im Bedarf rund um die Uhr bleibt erhalten. Aufgeben muss die Einrichtung aber noch eines: Mit dem Wegfall des Rund-um-die-Uhr-Notdienstes geht auch der Status der Tierklinik verloren.

Aus Sicht des Leiters des Gesundheits- und Veterinäramtes Magdeburgs ist der Rückzug schwer zu bewerten. „Wir hatten davon bisher keine Kenntnis und können den Schritt deshalb auch nicht einschätzen“, sagte Dr. Eike Hennig.

Der Rückzug aus dem Notdienst tritt im März 2017 in Kraft. Die Tierklinik arbeitet dann als Tierarztpraxis weiter zu ihren Öffnungszeiten.