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Ehrung in Magdeburg Tradition: Magdeburger Handwerk ehrt seine Altmeister

Über Jahrzehnte haben sie gebaut, gestaltet, gepflegt – mit Herz und Können. Für ihr Lebenswerk erhielten 28 Altmeister nun goldene und diamantene Meisterbriefe.

Von Alina Bach Aktualisiert: 08.04.2025, 10:11
Alle Altmeister erhielten die besonderen Meisterbriefe im Haus des Handwerks der Handwerkskammer in Magdeburg.
Alle Altmeister erhielten die besonderen Meisterbriefe im Haus des Handwerks der Handwerkskammer in Magdeburg. Foto: Dan Tebel

Magdeburg. - Das Handwerk hat goldenen Boden, so lautet zumindest ein Sprichwort. Die Frage, ob das wirklich so sei, haben die Altmeister ganz unterschiedlich beantwortet. Was das Handwerk aber in jedem Fall hat, sind goldene (und auch diamantene) Meisterbriefe. 28 dieser besonderen Ehrenurkunden wurden am vergangenen Freitag im Haus des Handwerks in Magdeburg überreicht.

50 und 60 Jahre nach erfolgreich bestandener Meisterprüfung bekamen 22 Handwerker die goldene Urkunde und sechs Altmeister die diamantene Urkunde. Darunter auch, als einzige Frau, Christel Schulz. Die 84-Jährige ist Maurermeisterin in dritter Generation.

Einzige Frau: Meisterin aus Leidenschaft

1937 gründete ihr Großvater die Baufirma Max Röwer, die Christel Schulz fast 40 Jahre später übernehmen sollte, wenn Stadt und Handwerkskammer zustimmen. Denn: Dass Frauen im Handwerk ein Gewerbe führten, war zu DDR-Zeiten nicht üblich. Trotz Abitur, Ingenieurschule und mehreren Jahren Erfahrung als Bauleiterin muss die Maurerin kurz nach der Geburt ihres Sohnes auch noch in die Meisterschule und kämpft sich durch.

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Und das mit Erfolg: „Im Großen und Ganzen ist Bau für mich immer eine Arbeit gewesen, die mir Spaß gemacht hat“, sagt die Handwerkerin. Sie sei kein Mensch, der gerne im Büro sitzt. So manche Fassade in der Landeshauptstadt trägt heute ihre Handschrift, so auch eine Hauswand in der Immermannstraße/Ecke Goethestraße. Und auch an eine ehemalige Arbeit am Landgericht erinnert sie sich.

Vorbild fürs Handwerk

Als Christel Schulz 66 Jahre alt wird, zieht sie einen Schlussstrich und begibt sich in den Ruhestand. 2006 wird das Gewerbe abgemeldet. Dennoch sollten sich Frauen in ihren Augen nicht scheuen, praktisch zu arbeiten. In der Bauhandwerksinnung habe sie einige junge Gesellen begleitet, darunter aber nur wenige Frauen. Mit ihrer Leidenschaft für das Handwerk gilt Christel Schulz gerade deshalb als Vorbild.

Eine Frau, die praktisch veranlagt ist, sollte sich nicht scheuen.

Christel Schulz, Maurermeisterin

Das sagt auch Andreas Dieckmann, Präsident der Handwerkskammer, in der Festrede: „Unsere Altmeisterinnen und Altmeister haben als Vorbilder und Mentoren für die nächste Generation ihr Wissen weitergegeben, junge Talente gefördert und die Zukunft des Handwerks gesichert.“ Der Meistertitel stehe für Qualität, Fachkompetenz und Erfahrung, aber auch für die lange Tradition des deutschen Handwerks.

Friseurmeister in dritter Generation

Dass viele Handwerker ihren Beruf bereits in die Wiege gelegt bekommen, bezeugt auch Friseurmeister Carlo Tamborini. 1902 gründete sein Großvater den bekannten Friseursalon „Tamborini“, in dem auch sein Vater arbeitete. „Ich bin dann in die Fußstapfen getreten“, antwortet der 82-Jährige auf die Frage, wieso er Friseur wurde. Und das bereits mit 22 Jahren als wohl jüngster Meister der Stadt.

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Mit einem Lachen erinnert er sich noch an die Währungsunion: „Da standen ungefähr 30, 40 Leute vor meinem Laden und wollten nochmal für DDR-Geld die Haare geschnitten kriegen.“ Denn: Die Magdeburger Herren hatten Angst, mit der Einführung der D-Mark könnte auch der Haarschnitt teurer werden. Womit sie nicht falsch lagen, wie Tamborini bestätigt. Bis 2010 führte er den renommierten Herrensalon. Schätzungsweise habe er über 300.000 Menschen bis dahin die Haare gemacht. Nun wurde er dafür mit dem diamantenen Meisterbrief geehrt.

Rundfunk, Fernsehen und Webdesign: Handwerk im Wandel

Noch nicht den diamantenen, aber den goldenen Meisterbrief erhielt Rundfunkmechanikermeister Fred Wabnik. Der 77-Jährige konnte so seine besondere Begeisterung für Technologie auch in seinem Arbeitsalltag integrieren. Das besondere für ihn am Handwerk sei der Kontakt mit den Menschen. Heute hat sich Wabnik neu orientiert, ist mit der Zeit gegangen und mit dem Internet.

„Ich war der erste Handwerksmeister in Magdeburg, der seinen Kunden eine computergeschriebene Rechnung geben konnte“, erinnert er sich zurück an die Umstellung. Er betreibt jetzt ein Kleingewerbe für Webdesign und Fotografie. Die eigene Website dafür gestaltet er derzeit neu, es werde vielleicht die Letzte sein, die er programmiere.

Ehrentafel der Meister

60 Jahre nach der Meisterprüfung haben den diamantenen Brief erhalten:

  • Augenoptikermeister Hans-Jürgen Menz aus Magdeburg
  • Fleischermeister Roderich Giesecke aus Magdeburg
  • Friseurmeister Carlo Tamborini aus Magdeburg
  • Sattlermeister Adolf Mewes aus Satuelle
  • Steinmetzmeister Hartmut Kositzki aus Colbitz
  • Uhrmachermeister Herbert Krämer aus Haldensleben

Ehrentafel der MeisterDen goldenen Meisterbrief haben nach 50 Jahren erhalten:

  • Bäckermeister Friedhelm Bösche, Walbeck
  • Buchdruckermeister Volker Stelzig, Magdeburg
  • Maurermeisterin Christel Schulz, Magdeburg
  • Rundfunkmechanikermeister Fred Wabnik, Magdeburg
  • Elektroinstallateurmeister Manfred Modrow, Magdeburg
  • Karosseriebaumeister Karl-Heinz Henneicke, Magdeburg
  • Uhrmachermeister Wilhelm Krug, Möser
  • Tapeziermeister Ulrich Kunert, Derenburg
  • Schmiedemeister Otto Heine, Kade.
  • Schmiedemeister Erhard Brückner, Oschersleben

Kraftfahrzeug- und Schlossermeister:

  • Heinz Weber, Hessen
  • Hans-Klaus Hoier, Halberstadt
  • Helmut Schild, Weferlingen
  • Helmut Schwaneberger, Magdeburg
  • Dieter Schaulatys, Magdeburg

Schornsteinfeger- und Tischlermeister:

  • Hans-Eckard Gruetz, Sülldorf
  • Hartmut Kempe, Magdeburg
  • Manfred Loer, Klietz
  • Gerd-Rainer Neubauer, Beetzendorf
  • Manfred Drenkmann, Immekath
  • Walter Hartmann, Gardelegen