Volksstimme-Serie „Raus aus der Komfortzone“ Überall lauert Verpackungsmüll: Plastik vermeiden ist gar nicht so einfach
In der Serie „Raus aus der Komfortzone“ stellen sich drei Volksstimme Reporterinnen aus Magdeburg und der Chefredakteur vier verschiedenen Herausforderungen im Selbstversuch. Alle vier Tage gibt es hier ein Update der Plastik-Verzichts-Challenge von Reporterin Sabine Lindenau.

Magdeburg. - Nachdem ich den Dry January, also den Januar ohne Alkohol, im vergangenen Jahr relativ problemlos überstanden hatte, wollte ich in diesem Jahr eine Challenge starten, die mich mehr herausfordert. Beim Einkaufen auf Plastik zu verzichten, habe ich mir im Vorfeld echt kompliziert vorgestellt. Ob ich Recht behalte? Ob ich durchhalte und damit einen zumindest kleinen Beitrag für Umwelt und Klima leiste, erfahren Sie in den nächsten Wochen genau hier.
Den Text zur Januar-Herausforderung 2025 lesen Sie hier: Raus aus der Komfortzone: Redakteure stellen sich neuen Januar-Herausforderungen
8. Januar 2025: Es kommt nicht auf die Verpackung an, sondern auf den Inhalt! Was meine Mutter mir schon vor Jahrzehnten predigte, habe ich nie so wirklich ernst genommen. Es kommt sehr wohl auf die Verpackung an - in fast allen Lebenslagen. In diesem Monat ganz besonders. Ich versuche, so gut wie möglich auf Plastik zu verzichten. Komplett, da bin ich mir jetzt schon sicher, wird es mir wohl nicht gelingen. Denn überall lauert Kunststoff. Und, wie längst wissenschaftlich erforscht worden ist: Plastikmüll hat Auswirkungen auf Umwelt, Klimawandel und Biodiversität. Mit meiner Challenge möchte ich mich selbst dafür sensibilisieren, weniger Müll zu produzieren.
Viel Plastikmüll für die Gelbe Tonne
In Vorbereitung auf die Herausforderung habe ich im Dezember mal bewusst darauf geachtet, welche Mengen bei mir so in der Woche zusammenkommen. Und war selbst einigermaßen erschrocken. Ob bei der Butter, beim Käse oder Quark: Alles, was ich gern einkaufe, ist in Plastik verpackt. So landeten am Ende der Woche immer zwei volle 25-Liter-Müllbeutel in meiner Gelben Tonne. Einmal sogar drei.
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Der erste Januar-Einkauf im Supermarkt meines Vertrauens hat dann auch ziemlich lange gedauert. Mineralwasser habe ich in Glasflaschen gekauft, von einem Hersteller der Region. Statt Käse habe ich Aufstriche im Glas in den Wagen gelegt. Da ist die Auswahl echt gut. Von Linsen-Curry über Paprikacreme bis Hummus habe ich alles eingepackt. Butter habe ich eher zufällig im Glas bekommen - Trüffelbutter, ein spezielles Angebot, das noch aus der Weihnachtszeit stammte. Obst und Gemüse gibt es ja ohnehin schon unverpackt, beim Bäcker bekomme ich mein Brot in der Papiertüte. Marmelade und Erdnussmus kann ich im Glas kaufen. Das dachte ich auch beim Griff zur Nuss-Nougat-Creme. Aber Pech gehabt: Der Deckel ist aus Plastik.
Schwieriger wird es dann, wenn ich Drogerieartikel brauche. Diesen Einkauf will ich am Wochenende erledigen. Ich bin gespannt auf Alternativen.
13. Januar 2025: Wenn Nahrungsmittel lose im Supermarktregal liegen, ist das toll - aus Umweltschutzgründen. Nimmt der Verpackungsmüll doch Überhand. Er lag 2021 laut Statistischem Bundesamt bei 236,7 Kilogramm pro Kopf. Für meine Challenge sind ja unverpackte Produkte der Idealfall. Eine Sache hatte ich allerdings im Vorfeld nicht bedacht. Egal ob bei Obst und Gemüse oder bei Backwaren: Wenn ich sehe, wie die Produkte von mir unbekannten Menschen mit bloßer Hand genommen und manchmal sogar wieder zurückgelegt werden, zuckt mein innerer Monk heftig zusammen.
Und meine Gedanken fahren Karussell. Wer hat die Salatgurke schon alles betatscht? Wie oft wurde in die Brötchenauslage ohne Plastikhandschuh gegriffen? Diese Fragen quälten mich beim zweiten Einkauf während meiner Plastik-frei-Challenge echt stark. Ich habe ein für mich total normales, aber für andere Menschen übertriebenes Hygieneverhalten. Ähnlich wie der Seriendetektiv Adrian Monk. Niemand außer mir darf in meinem Essen rumstochern. Und die Scheibe Käse wird nicht mit den Fingern aus der Verpackung genommen, sondern mit der Gabel! Mein Umfeld hat sich daran gewöhnt.
Aber wie soll ich mich beim Einkaufen daran gewöhnen, die unverpackten Sachen aus dem Regal zu greifen, ohne dass mein Monk-Kopfkino einsetzt? Dass das für mich die größte Herausforderung werden würde, hatte ich im Vorfeld nicht bedacht. Die Challenge ist für mich zu einer doppelten geworden. Ausgang? Ungewiss.
Ich krieg keine Schokolade
27. Januar 2025: Zart schmelzend, mal total süß, mal auch etwas herber: Jedes Stück Schokolade ist Genuss pur. Sofern ich mich erinnern kann. Mein Verzicht auf Plastikverpackungen geht im Januar auch mit dem Verzicht der von mir so geliebten Tafeln einher. Denn da Schoki ja immer luftdicht verpackt im Supermarktregal liegt, ist auch immer Plastik mit im Spiel. Auch wenn die äußere Hülle wie Papier anmutet, so ist dieses doch beschichtet. Oder wenn außen Pappe drumherum ist, befindet sich innen noch einmal Alufolie. Ich habe wirklich nirgends Schokolade finden können.
Der Verzicht wirkt sich aber auch auf meinen ökologischen Fußabdruck aus. Wie ich bei meiner Internetsuche nach Schokolade ohne Plastikverpackung bin ich darauf gestoßen, dass pro Kilogramm Kakaomasse im Durchschnitt rund 2,8 Kilogramm CO2 produziert werden. Doch bei all dem Wissen darum, dass ich was Gutes für die Umwelt tue, bin ich doch genervt. Wenn ich auf Süßigkeiten verzichten muss, wirkt sich das auf meine Stimmung aus. Und zwar nicht positiv. Zuckerentzug macht mich aggressiv.
Da kann ich noch so viele unverpackte Äpfel und Birnen essen: Damit kann ich meinen emotionalen Zuckerbedarf nicht decken. Die einzige Alternative ist Kuchen vom Bäcker. Oder selbst backen. Das hellt die Stimmung zumindest ab und zu auf. Und nachdem ich im vergangenen Jahr den „Dry January“ durchgezogen habe, bin ich echt froh, dass Prosecco und Wein in Glasflaschen verkauft werden.