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Volksstimmetest Eine musikalische Radtour durch Magdeburg

Im Kunstmuseum Magdeburg können sich Besucher Fahrräder ausleihen, um die Stadt akustisch zu erkunden. Ein Volksstimme-Test.

Von Christina Bendigs 17.08.2018, 01:01

Magdeburg l Ein paar Erklärungen vom Team des Kunstmuseums im Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg vorweg und dann sitze ich auch schon fest im Sattel und radele vom Kunstmuseum in Richtung Allee-Center. Zwei Boxen sind unter dem Lenkrad und auf dem Gepäckträger montiert. Sie werden mich in den nächsten 40  Minuten bei meiner Radtour durch die Magdeburg mit Musik und Geräuschen beschallen.

Bei den Fahrrädern, die man sich derzeit im Kunstmuseum Magdeburg ausleihen kann, handelt es sich um eine Idee der britischen Künstlerin Kaffe Matthews, die dem Nutzer die Gelegenheit gibt, die Musik, Bewegung und die Stadt miteinander verknüpft zu erleben. Bei den Kompositionen aus Orgelklängen und Geräuschen hat sie sich von der Stadt inspirieren lassen.

Auf dem Gepäckträger ist die kleine Box montiert, in der die Technik steckt. Mit einem Kippschalter setze ich sie in Gang, gleich daneben befindet sich der Lautstärkeregler.

Während ich vom Kloster in Richtung Prämonstratenserberg fahre, werde ich von einem langgezogenen, brummenden Orgelton begleitet. Auf der Wiese am Prämonstratenserberg wecke ich mit den Orgelklängen die Aufmerksamkeit der dort sitzenden jungen Männer. „Alles gut?“, ruft mir einer hinterher.

Ja, mit dem Fahrrad falle ich schon ein bisschen auf. Vorbei am Allee-Center mischt sich in die Musik die Geräuschkulisse eines Cafés – Stimmen sind zu hören, das Klappern von Geschirr, offenbar herrscht geschäftiges Treiben. Ganz so lebhaft wie es klingt, ist es vor dem Café an der Rückseite des Allee-Centers aber nicht.

Auf dem Alten Markt bin ich unsicher, wo ich langfahren muss. GPS-gesteuerte Anweisungen aus dem Lautsprecher wie zuvor erhalte ich nicht und suche mir meinen eigenen Weg – zum Breiten Weg und zur Julius-Bremer-Straße, bis hin zur Jacobstraße.

An der vierspurigen Straße denke ich, nein, das Vogelgezwitscher, das aus den Boxen kommt, will nicht so recht zur Kulisse passen. Also kurzer Zwischenstopp und ein Blick auf die Karte, die mir mitgegeben wurde.

An der Ecke zur Weitlingbibliothek passt die Geräuschkulisse zwitschernder Vögel dann wieder. Jetzt rechts auf die Weitlingstraße und dann befinde ich mich wieder auf der Route. Die langgezogenen Orgeldreiklänge begleiten mich weiter. Mal klingen sie harmonisch, mal scheinen sie disharmonisch. Aber sie haben stets die gleiche Wirkung: Sie versetzen mich wie in eine musikalische Seifenblase, lassen die Geräusche der Stadt in den Hintergrund treten, aber nicht ganz verschwinden und mich so meine Heimatstadt wie durch einen Schleier erleben.

Über die Rückseite des Nordabschnittes des Breiten Weges geht es nun wieder nach Süden. Leider muss ich an der Kreuzung von Breitem Weg und Ernst-Reuter-Allee solange auf die Grünphase warten, dass die Musik bereits fast verklungen ist, als ich wieder aufs Rad steige.

Am Hundertwasserhaus setzt die Musik wieder ein. Hört sich an wie ein Schiffshorn. Unter Glockenklang und den Gesang eines Mädchenchores mischt sich das Geräusch wie von einer Schrankenanlage, die gerade geschlossen wird. Wasserrauschen, Vogelzwitschern, dann wieder Orgelklänge, die ein bisschen an Wind erinnern, der mir auf der Sternbrücke nun kräftig ins Gesicht bläst. Über den Heinrich-Heine-Platz und die Promenade am Schleinufer geht es dann wieder zurück zum Kloster.

Mein Fazit: Die Tour hat mir Spaß gemacht. Es war eine interessante Erfahrung, von der Musik begleitet durch Magdeburg zu fahren, die mich von allem Äußeren irgendwie abgeschottet hat, wie mit einem unsichtbaren Schleier.

Die Stadt wiederum hat mich schon wahrgenommen. Immer wieder schauten sich Passanten – vor allem Kinder und Jugendliche – neugierig nach dem Fahrrad um. Die Musik und die Geräusche haben bei mir viele Assoziationen geweckt. Und manches habe ich anders wahrgenommen.

Die Musik klingt in meinem inneren Ohr noch eine Weile nach, als ich auf dem Weg zurück in die Redaktion bin, so dass die Wolke mich noch eine Weile umgibt, ehe sie sich nach und nach auflöst und ich wieder ganz im Jetzt und Hier bin.

Eine kurze Bilanz im Überblick