Wahl „Magdeburger des Jahres“ Helfer der ersten Stunde im Ukraine-Krieg
Doreen Haseloff-Neuberg und Markus Neuberg fuhren im März mit einem Transporter voller Spenden nach Warschau und nahmen 17 ukrainische Mütter und deren Kinder mit nach Magdeburg. Jetzt stehen sie zur Wahl zum „Magdeburger des Jahres“ 2022.
Magdeburg - Wenn sich Doreen Haseloff-Neuberg und Markus Neuberg an die ersten Tage des Ukraine-Krieges erinnern, dann sind sie noch immer fassungslos. Dass ein Krieg so nah vor der eigenen Haustür stattfinden würde, hätten sie nicht erwartet.
Abends auf der Couch die Bilder von Frauen zu sehen, die sich an der ukrainisch-polnischen Grenze von ihren Männern verabschiedeten, ohne zu wissen, wohin sie sollen, berührte die Magdeburger sehr. Sie wurden zu Helfern der ersten Stunde – nicht mit einer Überweisung eines Geldbetrages auf ein Spendenkonto, sondern mit Taten, die das Paar wenige Tage später nach Polen führte.
Helfer unterstützen ehrenamtliches Engagement
Die beiden Magdeburger hatten das Gefühl, etwas ins Rollen bringen zu wollen – und stießen mit ihrer Idee auf dankbare Helfer, ohne deren Unterstützung sie ihre private Ukraine-Hilfe nicht hätten umsetzen können, wie sie immer wieder betonen. Ihre Kirchengemeinde Sankt Johannes Bosco, aber auch Freunde und Bekannte machten mit.
Schon wenige Tage nach Ausbruch des Krieges hatten sie nicht nur zahlreiche Spenden organisiert, die sie in ihrer eigenen Garage lagerten, sondern auch mehrere Bullis, die von der Kirchengemeinde zur Verfügung gestellt wurden. Sie rollten gut beladen wenige Tage später in Richtung Warschau. Über einen Kontakt in Sachsen wurde auf dem Weg in die polnische Hauptstadt in Cottbus ein Stopp eingelegt und weitere Spenden aufgeladen.
Von Anfang an sei klar gewesen, dass Neubergs auch Menschen mit nach Deutschland nehmen wollten. „Wir wollten sie aber nicht nur mit herbringen und in einer Unterkunft abgeben“, betonen die Eheleute. Deshalb fragten sie schon vorher im Bekanntenkreis, wer eventuell bereit wäre, Familien aufzunehmen, und organisierten schon vorher Unterkünfte mit Familienanschluss und Wohlfühl-Charakter für die Ukrainer.
Aber wie findet man Familien? Auch dabei half der Gemeindekontakt. Die Don-Bosco-Schwestern in Polen stellten Kontakt zu betroffenen Frauen und Kindern her, die an diesem Tag in Warschau angekommen waren und keine Unterkunft gefunden hatten. Betten wurden bezogen und hergerichtet.
17 Frauen und Kinder aus der Ukraine nach Magdeburg geholt
Noch am Abend wurde 17 Frauen und Kindern das Angebot unterbreitet, mit nach Magdeburg zu fahren. Am nächsten Morgen standen alle an den Bullis und wollten mit. Insgesamt 17 Mütter und Großmütter mit ihren Kindern und Enkeln kamen auf diese Weise nach Magdeburg. Für eine größere Familie wurde während der Fahrt nach Magdeburg sogar noch eine Wohnung organisiert und bezugsfertig gemacht, damit sie zusammenbleiben konnte.
Nach der Ankunft in Magdeburg ging es für die Helfer aus Magdeburg aber erst richtig los. Die Eheleute übernahmen Verantwortung für die Familien, halfen bei der Wohnungssuche, der Suche nach geeigneten Schulen und Kindertagesstätten, halfen bei Arztbesuchen, organisierten Einrichtungsgegenstände, weitere Familien kamen nach, die ebenfalls unterstützt wurden, unternahmen Stadtführungen, brachten den Ukrainern erste Deutschkenntnisse bei.
Immer donnerstags laden Neubergs die Familien noch heute zum Sprachcafé ein, helfen dann beim Ausfüllen von Formularen, kommen aber auch mit den Menschen ins Gespräch und bringen sie zusammen. Insgesamt betreuen sie inzwischen 40 Personen. Da gebe es immer etwas zu tun. Und angesichts der Männer, die in der Ukraine zurückgeblieben sind, gebe es nach wie vor auch Gesprächsbedarf und wollen Neubergs Interesse zeigen.
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Alle Wohnungen ohne Hilfe vom Amt eingerichtet
Stolz berichten die Eheleute, dass sie sämtliche Wohnungen für die Frauen und ihre Kinder ohne Unterstützung durch Ämter oder Behörden eingerichtet haben, sondern allein mit Hilfe von Spenden. Bei wie vielen Umzügen Markus Neuberg und seine Familie geholfen haben, können sie kaum zählen. Zahlreiche Schränke wurden über Ebay-Kleinanzeigen organisiert, abgebaut, transportiert, zwischengelagert. Teilweise gab es vier Umzüge an einem Wochenende. Aus dem Stamm an Helfern bildeten Neubergs dafür kleine Umzugsteams.
Was mit dem eigenen Familienleben wurde während dieser bewegenden Zeit? Neubergs haben selbst vier Kinder, die noch im schulpflichtigen Alter sind. „Die Kinder waren mit dabei, haben zum Beispiel Kuchen gebacken, wenn wir Umzüge gemacht haben, oder halfen mit ihren Englischkenntnissen bei der Verständigung und waren dann auch ganz stolz“, erzählt Markus Neuberg.
Solange Hilfe gebraucht wird, wollen die beiden weiter da sein, da gebe es keine festgelegtes Datum. Und es ist nicht die erste Hilfe, die sie leisten. Zu Weihnachten 2012 hatten sie bereits eine syrische Familie bei sich aufgenommen. Die Eheleute mit einem Baby kamen durch Zufall zu den Neubergs – und hatten nichts. In Sachen Integration habe sich seither einiges getan und verbessert, aber eben nicht genug, findet Familie Haseloff-Neuberg. Umso wichtiger ist es ihnen zu zeigen, wie einfach es ist, Hilfe ins Rollen zu bringen.
Erfahren Sie hier mehr zur Wahl "Magdeburger des Jahres" 22 und zu allen Kandidaten.
Auch sie selbst seien an den Erfahrungen gewachsen. Ehre und Anerkennung für ihr Engagement zu bekommen, sei nicht ihr Ziel. Oft brauche es nur einen kleinen Anstoß, der viele andere mit animiert.