Lebendige Bibliothek Wenn Menschen zu Büchern werden
In der Stadtbibliothek können Magdeburger im Gespräch mit Menschen, die als „lebendige Bücher“ zur Verfügung stehen, Erfahrungen austauschen. Welche Themen gelesen werden können
Magdeburg. - Die Zentralbibliothek verleiht ungeschriebenen Büchern eine Stimme. Es handelt sich um Menschen, die mit Vorurteilen zu kämpfen oder eine andere Geschichte zu erzählen haben. Sechs „lebendige Bücher“ stehen zur Auswahl.
Darunter auch Jakob Reuter, der über drei verschiedene Themen sprechen möchte: Piercings, seine Ausbildung und über Transsexualität. Er hat sich selbst die Themen ausgesucht. Als das Angebot der Stadtbibliothek kam, als ein Buch zu fungieren, war er zunächst überrascht, hatte aber großes Interesse daran, seine Geschichten und Erfahrungen zu teilen. „Ich wollte sowieso mehr darüber sprechen und auch Menschen kennenlernen“, erzählt Jakob Reuter aufgeregt.
Wie die Veranstaltung in der Magdeburger Stadtbibliothek abläuft
Am Freitagabend, 5. Juli, öffnet ab 17 Uhr die „Lebendige Bibliothek“ für zwei Stunden ihre Türen. Der Eintritt ist frei, Anmeldungen sind nicht nötig. Es wird kein vorgeschriebenes Thema geben.
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Jede Person kann sich einen eigenen Rahmen für die Gesprächsrunden abstecken, über die vorrangig geplaudert werden soll. Organisatorin Kristin Plumbohm hatte von einer Lebendigen Bibliothek gelesen und wollte eine eigene Version in Magdeburg umsetzen.
Dafür hat sie die Stadtbibliothek angefragt, die der Ideengeberin zusagte. „Ich fand es ganz schön, wenn man über lebendige Bücher spricht, dass auch vielleicht in der Bibliothek oder im Buchhandel zu machen. Unsere Bibliothek ist ja perfekt dafür geeignet“, sagt Kristin Plumbohm mit einem Lächeln auf den Lippen.
Zentralbibliothek Magdeburgs ist perfekte Location
Die Stadtbibliothek hat eine Reihe solcher Veranstaltungen bereits mitgestaltet. Gemeinsam mit der Freiwilligenagentur organisiert sie eine Art Lebendige Bibliothek für Schüler im Klassenverband.
Seit April plant nun Kristin Plumbohm mit dem Präsent-Magazin und mit Anne Rüster aus der Stadtbibliothek die etwas andere Bibliothek. Und so funktioniert es am 5. Juli: Interessierte können sich im Eingang der Zentralbibliothek im Breiten Weg 109 einfinden und werden am Anmeldepult empfangen. Jedes Gespräch mit einer Person aus dem Pool der lebendigen Bücher dauert dann circa 20 Minuten und findet unter vier Augen statt.
Ich fand es interessant, Leute mit verschiedenen Lebenswegen zusammenzubringen.
Kristin Plumbohm
Durch diesen Zeitrahmen können die Bibliotheksbesucher mehrere „Bücher“ lesen, also mit mehreren Personen ins Gespräch kommen. Die lebendigen Bücher dürfen ihrem Gegenüber auch Fragen stellen. Die Umsetzung hat ein wenig Speed-Dating-Charakter. Somit bekommen die sechs Gesprächspartner die Chance, vielen Besuchern etwas zu erzählen.
Lebendige Bücher sollen Berührungsängste nehmen
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Es soll ein Angebot sein, das die Berührungsängste bei den oft schweren Themen nimmt. Unter anderem sprechen auch Martin Rother über das Reisen mit Handicap oder Daria Kinga Majewski über ihre Vergangenheit in der Familie. Jedes „Buch“, also jede Geschichte, erhält einen eigenen Platz, um ungestört und in ruhiger Atmosphäre über die Themen sprechen zu können.
Die Menschen sollen ein Stück zusammengebracht werden. Kristin Plumbohm ergänzt, dass es an dem Ort in Ordnung sei, kritisch oder interessiert nachzufragen, weil sich die Akteure erklären können. „Es ist so schöner, vertrauter und persönlicher. Es ist nicht wie eine Schublade, die man gleich wieder zumacht, sondern eher genauer hinschaut.“