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Tarifstreit Werkleitung der BA Glass nimmt Stellung

Die Geschäftsführung und die Werkleitung der BA Glass seien bereit, über Tariferhöhungen zu verhandeln, heißt es.

12.03.2021, 00:00

Gardelegen l „Ein Werk komplett im Wandel“ – das sei aktuell die BA Glass Germany GmbH in Gardelegen. Nicht zuletzt auch bedingt durch die Corona-Pandemie, deren Auswirkungen natürlich auch im Gardelegener Glaswerk zu spüren seien, betonte Werkleiter Oliver Meuter. Der nahm gemeinsam mit Filip Drofiak, Vorstandsmitglied bei der BA Glass Group mit Sitz im portugiesischen Porto und zuständig für das Werk in Gardelegen sowie für zwei Werke in Polen, Stellung zu den Vorwürfen der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE).
„Investieren ins Equipment und in die Mitarbeiter, das gehört zu unserer Unternehmensphilosophie“, betonte Meuter. Und das sei in den vergangenen Jahren auch so erfolgt. 2018 sei die Schmelzwanne für die Glasproduktion komplett überholt worden. Eine neue Lagerhalle sei gebaut und rund 15 Millionen Euro seien investiert worden. Ende des vorigen Jahres seien es weitere 750.000 Euro gewesen – Investitionen in neues Equipment, in neue Ausrüstung und Technik, für die Herstellung von Gläsern. „Das konnten wir bisher nicht“, so Meuten. Ziel sei es gewesen, das Unternehmen „variabler aufzustellen für die Zukunft“. „Wir haben unser Produktfolio umgestellt. Von der Standardproduktion sind nur noch wenige Sortimente dabei“, erläuterte Meuter. Seit dem 18. Januar läuft die neue Produktion.
Der Umstellungs- und Lernprozess werde noch etwa drei bis sechs Monate in Anspruch nehmen. Der Verkauf der Gläser, etwa für Marmelade oder einen bekannten Würstchenhersteller, sei bereits angelaufen. Neu in der Produktion seien auch Spirituosen-Flaschen mit Gravur, etwa für einen bekannten russischen Wodka- und einen namhaften deutschen Likörhersteller. „Das ist alles ein großer Umbruch, der Zeit und Geld braucht. Und wir wollen auch künftig weiter investieren, in den Standort und in die Mitarbeiter“, versicherte Werkleiter Meuter.
Der Export-Ausbau sei ein weiteres Thema. Ebenso die Erhöhung der Marktanteile, die in Deutschland derzeit bei drei bis vier Prozent liegen würden. Großes Ziel sei der Bau einer zweiten Schmelzwanne mit einer zweiten Produktionslinie und entsprechenden Lagerkapazitäten – nach jetzigem Plan zwischen 2024 und 2026, informierte Filip Drofiak.
In diesem Zusammenhang gehe es auch um neue Technologien, denn die Glasherstellung verursache einen enormen Energieverbrauch. In die Projektforschung sei auch die BA Glass mit weiteren namhaften Glasherstellern eingebunden. Zurzeit werde beispielsweise eine neue Hybrid-Schmelzwanne gebaut, erläuterte Meuter.
Den Vorwurf der Gewerkschaft, dass man in der BA Glass alle Probleme auf die Corona-Pandemie schiebe, wies Meuter in dieser Form zurück. Natürlich habe die Krise auch Auswirkungen auf das Glaswerk, betonte er. Im ersten Halbjahr 2020 habe man mit dem Verkauf von Wasserflaschen noch gut leben können. Unterdessen sei der größte Kunde dieses Segments mit reduzierten Aufträgen dabei.
Im zweiten Halbjahr habe es weitere Verluste gegeben: keine großen Festivals, keine großen Sportveranstaltungen, die Schließung beziehungsweise Einschränkungen im Gastronomie- und Hotelbereich. Das wiederum habe Auswirkungen auf den Getränkekonsum. So sei beispielsweise auch der Bierverbrauch drastisch gesunken.
In dieser Situation hätte es zwei Möglichkeiten gegeben. A: Kurzarbeit. Oder B: weiter zu produzieren, in der Hoffnung, dass irgendwann wieder Normalität einziehe und Flaschen wieder verkauft werden könnten. „Wir haben uns für die Variante B entschieden“, sagte Meuter. Das aber habe eben zur Folge, dass die Lager voll seien. In normalen Zeiten würden in den Hallen 20.000 Tonnen Glas lagern. Aktuell seien es 40.000 Tonnen oder anders ausgedrückt, etwa 100 Millionen Flaschen, so Drofiak. Die Kapazität der Lagerfläche des Werkes liege bei 30.000 Tonnen. Für 10.000 Tonnen habe man zusätzlich Lagerflächen anmieten müssen. Nicht viel anders gehe es etlichen Getränkeherstellern. Auch deren Lager seien voll. „Man braucht kein Unternehmer zu sein, um zu wissen, dass man das nicht ewig machen kann“, betonte Meuter.
Vorstandsmitglied Filip DrofiakInvestiert worden sei auch in die Mitarbeiterschaft. 2018 habe es eine Entgelterhöhung von 4,7 Prozent gegeben. 2019 sei ein einmaliger Bonus von 500 Euro, gestaffelt nach Kennzahlen, gezahlt worden. Seit 2020 sei die BA Glass über einen Tarifvertrag tarifgebunden. Damit sei erstmals Weihnachts- und Urlaubsgeld gezahlt worden. Weihnachtsgeld übrigens für alle Mitarbeiter, nicht nur für Gewerkschaftsmitglieder, so Meuter. Das sei vermutlich ein Knackpunkt für die Gewerkschaft, denn im Tarifvertrag sei festgeschrieben, dass das Weihnachtsgeld nur an Gewerkschaftsmitglieder ausgezahlt werde. „Das machen wir nicht. Wir behandeln alle Mitarbeiter gleich“, so Meuter.
Im vorigen Jahr habe der Eigentümer der BA Group eine Zusatzzahlung von einem Gehalt veranlasst aufgrund der guten Wirtschaftslage des Gesamtunternehmens.
Die BA Glass zahle aktuell 87,5 Prozent des Flächentarifvertrages Glas Ost. Am Dienstag sei der Gewerkschaft ein neuer Vorschlag unterbreitet worden. „Wir haben unser erstes Angebot verdoppelt. Das ist von der Gewerkschaft leider abgelehnt worden“, so Meuter. „Wir sind bereit. Wir wollen die besten Ergebnisse für die Mitarbeiter und für das Werk“, betonte Meuter. Dazu sei aber ein seriöser, passender Kompromiss erforderlich. „Ja, wir haben eine schwierige Situation. Wir sind bestrebt, Tarifabschlüsse zu bekommen. Unser großes Ziel ist es nach wie vor, die 100 Prozent des Flächentarifvertrages zu erreichen“, versicherte Drofiak, der sechs Monate auch Werkleiter in Gardelegen war. Aber am Ende müsse auch alles passen. Schließlich müsse auch sichergestellt werden, dass alle Kunden ihre Produkte, die sie gekauft hätten, auch bekämen. Produktionslinien zu schließen, das sei nicht das Ziel, betonte Drofiak. Man hoffe sehr, dass alle Beteiligten wieder an einen Tisch kommen.