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Jahrzehntelange Lästerei säumt den Weg vom Kabarett-Zirkel zum eigenständigen Verein "Wir lästern pro, nicht kontra!" - seit 40 Jahren! Magdeburgs Studentenkabarett feiert Jubiläum

Von Birgit Ahlert 30.01.2012, 04:31

Es ist Magdeburgs ältestes Kabarett und insgesamt das zweitälteste noch bestehende Studentenkabarett des Landes: Der Prolästerrat für StudienUNgelegenheiten feiert in diesem Jahr 20-jähriges Bestehen. Am Sonnabend trafen sich Gründungsmitglieder und Akteure für Rückblick und Vorschau.

Magdeburg l Nach der Premiere hatten sie einen Baum gepflanzt, die "Lästertanne". "Wir dachten: Den Baum wird es noch geben, wenn es uns nicht mehr gibt", erzählt Arnim Winkler, genannt AWI. Er gilt als der Gründer vom Prolästerrat für StudienUNgelegenheiten. Wobei es erste Bestrebungen bereits vor ihm gegeben habe, betont er. Junge Leute hatten sich an der Technischen Hochschule zusammengefunden, weil sie Kabarett machen wollten. Doch erst mit Winkler nahm das Ganze Gestalt an. Die erste Premiere gilt als Geburtsdatum: Am 7. März 1972 kam "Vertrauen ist gut - Kontrolldienst ist besser" auf die Bühne des Kellertheaters im Gebäude 5 auf dem Campus.

Vier Jahrzehnte ist das nun her. Jahre des Erfolgs und der Flaute, Jahre der Entwicklung vom Kabarett-Zirkel zum eingetragenen Verein. Zeiten des Umzuges und der Neuorientierung. Mit der Vereinsgründung endete die direkte Hochschulzugehörigkeit. Allerdings könne man noch zwei Räume zum Proben und für den Fundus nutzen, betont Vereinsvorsitzender Marko Pohlodek.

Trotz allem Wandel: Auf der Bühne stehen nach wie vor hauptsächlich Studenten. Sie studieren Germanistik, Philosophie oder Medizin und finden bei den Lästereien zusammen. Derzeit gestalten sieben Akteure das Bühnengeschehen, fünf davon studieren.

Insgesamt hatte der Prolästerrat 109 Mitwirkende. Das weiß man so genau, weil jeder Neuling eine Nummer bekommt - nach dem AWI-System, benannt nach Gründer Arnim Winkler. Der ist die Nummer 1., Vereinsvorsitzender Marko Pohlodek (seit 1994 dabei) Nr. 64, Anne Pysall (zuständig für Texte, Öffentlichkeitsarbeit, seit 2004) Nr. 85. 109 Nummern wurden bisher offiziell vergeben. Helga Spielberger, die die künstlerische Leitung für das aktuelle Programm übernommen hat, wird liebevoll als 110. erwähnt.

Zum Ursprung des Kabarettnamens erklärt Arnim Winkler: "Wir waren immer pro, nie kontra!" Widerstandskämpfer seien sie nicht gewesen, doch ändern wollten sie, was nicht in Ordnung war. Auf Missstände hinweisen. Was ihnen mit Biss und Hintergründigkeit immer wieder gut gelang und Erfolg brachte.

Als eines von wenigen Studentenkabaretts hat der Prolästerrat den Schritt ins Heute geschafft. Monatlich hat er Auftritte, ist bei Kabarett-Tagen dabei, veranstaltet mit den Magdeburger Tagen auch selbst welche. Das Publikum hat sich in all diesen Jahren gewandelt, sagt Rainer Böhme (Darsteller und Webdesigner). Es sei älter geworden. Doch es gebe gerade wieder einen neuen Trend: "Immer mehr junge Leute sitzen bei uns im Publikum und beschäftigen sich mit Kabarett." Ganz gewiss auch ein Verdienst.

Der Prolästerrat hat die "Lästertanne" überlebt. Den Baum gibt es nicht mehr. Irgendjemand hatte die Spitze gekappt, erzählt Arnim Winkler, später wurde der Baum gefällt. Damit er nicht ganz verschwindet, hat er den Stamm in Scheiben schneiden lassen. "Jedes Mitglied hat eine bekommen." Er hat die Nr. 1 für sich behalten, eine weitere - die Nr. 8 - ist Bestandteil seines Prolästerrat-Archivs. Zu dem gehört der Original-Koffer aus dem Gründungsjahr ebenso wie historische Eintrittskarten, Kunststoff-Kabarett-Beutel und ein Foto von der 3333. Besucherin. Sie erhielt damals eine Flasche Rotkäppchen-Sekt - eine Kostbarkeit zu jener Zeit.

Das offizielle Prolästerrat-Archiv verwaltet der jetzige Chef Marko Pohlodek. Ein wahrer Quell der Erinnerung. Darin stöbern durfte Studentin Sina Magdanz. Sie hat eine Dokumentation über den Prolästerrat erstellt, die als Ausstellung ab 10. Februar gezeigt wird. Zu sehen sein wird sie bis in den April hinein, wenn die nächsten neuen Studenten nach Magdeburg kommen. Vielleicht, so die Hoffnung, findet sich ein Kabarett-Talent darunter, das mitmachen möchte beim Prolästerrat für StudienUNgelegenheiten.

www.prolaesterrat.de