Weferlingen l SPD-Ratsherr Sven Groneberg stellte gleich zu Beginn der Zusammenkunft des Stadtrates in Weferlingen den Antrag, den Tagesordnungspunkt "Kündigung der Verträge mit der Oebisfelder Wasser und Abwasser GmbH" abzusetzen. Der Vertrag mit der OeWA sollte auf Antrag der CDU-Fraktion gekündigt werden, weil die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens geprüft werden solle. Lediglich die Stadt Oebisfelde hat einen Vertrag mit der OeWA. Alle anderen Orte der Einheitsgemeinde werden von anderen Abwasserverbänden versorgt.
"Es hat zuvor keine Möglichkeit einer umfassenden Beratung, einer wirtschaftlichen, einer politischen oder gar einer gesellschaftlichen Diskussion gegeben. Sie würden wahrscheinlich eine Entscheidung aus dem Bauch heraus treffen müssen, da ihnen bislang keinerlei fundierte Informationen oder Zahlenmaterial zur Verfügung gestellt worden ist", appellierte Groneberg.
Jürgen Böttcher (CDU) verteidigte den Antrag: "Wir haben uns im Haushaltskonsolidierungskonzept vorgenommen, alle Verträge auf den Prüfstand zu stellen. Das ist eine Sache, weshalb wir den Antrag gestellt haben. Zum anderen mag das Wort Kündigung sehr hart klingen, aber wir müssen ja die Möglichkeit haben, Fakten und Zahlen miteinander vergleichen zu können." Böttcher betonte, dass es nicht darum gehe, nicht mehr mit der OeWA zusammen zu arbeiten, sondern die Überprüfung sei das Ziel. "Wir sind angetreten, für alle Bürger in Sachen Wasser und Abwasser möglichst gleiche Verhältnisse zu schaffen", so Böttcher.
Karsten Schindler (CDU) argumentierte: "Wenn Herr Groneberg den Antrag nicht gestellt hätte, hätte ich es getan, weil ich als Aufsichtsratsvorsitzender die Aufgabe habe, Schaden von der Gesellschaft, aber auch als Stadtrat den Schaden von der Stadt abzuhalten. Wir fangen die Sache falsch an. Wir kündigen erst und wollen uns dann die Verträge angucken, andersrum wäre es richtig." Schindler schilderte, dass in Oebisfelde 13 Millionen Euro investiert worden seien. "Mit der Kündigung wird die Ehe geschieden. Wenn wir Pech haben, müssten wir mit Rückforderungen von 6 oder gar 7 Millionen Euro an die OeWA rechnen. Wir haben einen etwas höheren Abwasserpreis, aber das ist dem geschuldet, dass wir hier alles in Ordnung gebracht haben, bis auf zwei Straßen. Wir haben ein tolles Wasserwerk und ein tolles Klärwerk", beschrieb Schindler.
Auch Martin Krems-Möbbeck (SPD) warnte vor der Kündigung: "Wenn ich einen Vertrag kündige, gebe ich auch dem Vertragspartner die Gelegenheit, ebenfalls die Bedingungen neu auszuhandeln. Es ist für mich, ohne dass es in den entsprechenden Fachausschüssen diskutiert wurde, nicht zu beurteilen, welche finanziellen Risiken für die Stadt entstehen können." Seiner Meinung nach könnte die Kündigung nicht zur Konsolidierung, sondern zur Verschärfung der Finanzlage beitragen.
Thilo Jörg Walther (CDU) sagte, dass der Antrag der CDU-Fraktion, die Verträge der OeWA zu überprüfen, schon seit mehreren Monaten vorliegt. Die Informationen wären von der OeWA und von der Verwaltung nur sehr spärlich gekommen. "Jetzt drängt natürlich der Termin. Wenn wir jetzt nicht kündigen, verlängert sich der Vertrag um weitere fünf Jahre. Das ist im Prinzip die Konsequenz der nicht erfolgten Arbeit im Vorfeld", so Walther.
Bogumila Jacksch (UWG) kritisierte, dass sie als Ortsbürgermeisterin von Oebisfelde das Thema nicht einmal auf der Tagesordnung ihres Gremiums haben durfte. "Der Vertrag betrifft nur die Stadt Oebisfelde. Wenn wir bereit sind, vielleicht in Kauf zu nehmen, dass der Vertrag für ein paar Jahre verlängert wird, dann ist das unsere Sache. Wir müssen für unsere Bürger geradestehen, kein anderer", erläuterte die Ortsbürgermeisterin und plädierte dafür, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen und erst im Oebisfelder Rat darüber zu befinden.
Bürgermeister Hans-Werner Kraul (CDU) erinnerte daran, dass alle Ratsmitglieder einen Eid zur Verschwiegenheit geleistet haben. "Wenn es heißt, dass etwas nicht öffentlich ist, dann haltet euch daran!", appellierte er, denn eigentlich hatte dieser Punkt im nichtöffentlichen Teil der Sitzung behandelt werden sollen.
Jörg Lauenroth-Mago (Bündnis?90/Die Grünen) plädierte dafür, die Grundsatzdiskussion in den öffentlichen Teil der Sitzung zu legen. "Die Kommunalaufsicht hat uns versichert, dass das Thema im nichtöffentlichen Teil genau richtig ist", entgegnete Thomas May (Die Piraten), Vorsitzender des Stadtrates.
Manfred Wesche (CDU), auch Sprecher des Wirtschaftsbeirates, bat darum, den Antrag auf Kündigung zu diskutieren. "Was wir jetzt tun, ist das, was wir schon die ganzen Jahre machen. Wir lassen eine Diskussion gar nicht zu. Wir Stadträte fürchten uns vor uns selber. Was hindert uns daran, zu reden und dann zu entscheiden?", so Wesche. Martin Herrmann (SPD) ergänzte: "Egal wie die Abstimmung ausfällt, lasst uns das Thema im Auge behalten. Lasst uns anschließend noch mal darüber sprechen."
Mehrheitlich fassten die Stadträte dann den Beschluss, den Antrag auf Kündigung der OeWA-Verträge von der Tagesordnung zu nehmen.
Die Volksstimme sprach am Mittwoch mit Bürgermeister Hans-Werner Kraul über diese Debatte und den daraus resultierenden Beschluss, was sich mittlerweile in Oebisfelde wohl zum meist geführten Stadtgespräch entwickelt hat. Beim Bürgermeister wurden bereits vor der Stadtratssitzung durch einen Bericht in der Volksstimme und Leserbriefe auch gestern einige Einwohner vorstellig, um ihre Befürchtungen auszudrücken und ihrem Ärger Luft zu machen.
Kraul selbst gehört aufgrund seiner Funktion als Bürgermeister dem Aufsichtsrat an. Seine Sichtweise auf die Dinge seien von drei Aspekten geleitet: Für ihn sei die Entscheidung des Ortschaftsrates, in diesem Fall der vom Oebisfelder, aussagekräftig und zu würdigen. Leitgedanke zwei sei die begründete Antwort darauf, was für den Zustand des kommunalen Haushalts zuträglich ist. Und drittens müsse auch die Meinung der betroffenen Bürger reflektiert werden, sagte er. Seien diese drei Faktoren berücksichtigt, dann könne eine auch formal korrekte Entscheidungsfindung angegangen werden.
Er persönlich sehe in der OeWA einen zuverlässigen Partner für die speziellen Belange. Wobei Kraul betonte, dass die Mehrheitsverhältnisse mit 51 Prozent zugunsten der Stadt wiegen. Zudem seien die Wirtschaftszahlen zu jederzeit und von jedermann einsehbar.