Stadtgeschichte Das Ende der Oschersleber Kino-Ära
In der Serie „1990 bis 2020: Die Stadt im Wandel“ geht es im dritten Teil um das Kino „felix“.
Oschersleben l Filmvorführungen haben in Oschersleben eine lange Geschichte. Wie die Volksstimme am 31. August 1995 berichtete, gab es in den 30er Jahren insgesamt vier Kinos in der Stadt. Eines davon befand sich im Deutschen Haus in der Lindenstraße, Ecke Gartenstraße: die sogenannten „DEHA-Lichtspiele“.
Die Eigentümer gingen jedoch Ende der 40er Jahre in den Westen, genauer gesagt nach Braunschweig. Das Haus wurde verstaatlicht. Im oben genannten Bericht der Volksstimme ist zu lesen: „Nachdem es in den 60er Jahren noch zwei oder drei weitere Oschersleber Kinos gegeben hatte, waren die DEHA-Lichtspiele dann irgendwann das einzige Oschersleber Kino.“ Nach der Wende kam der Betrieb kurzzeitig zum Erliegen. Die Treuhand verkaufte die Lichtspiele zunächst an die UFA. Später musste das Geschäft aber wieder rückgängig gemacht werden. Denn das Gebäude wurde an die Tochter der ehemaligen Betreiber, Antonie Robertine Keller, rückübertragen.
Sie wollte das Kino wieder eröffnen, stand dabei jedoch vor einer Menge Arbeit. Im April 1995 war in der Volksstimme zu lesen, dass im Vorjahr die Türen der Lichtspiele aufgebrochen worden seien. „Die Räume befanden sich in einem chaotischen Zustand, das Ganze glich einem Schlachtfeld“, hieß es.
Doch die neue Eigentümerin hatte ehrgeizige Pläne. Sie ließ das Haus umfangreich sanieren. Zunächst wurden dafür „mehrere Dutzend Container mit Gerümpel“ abgefahren. Unterstützt wurde das Projekt vom damaligen Stadtrat und ehemaligen Chef des DEHA-Flimclubs Peter Kothe. Betreiber des Kinos wurden Elke Haje, die Tochter der Eigentümerin, und deren Lebensgefährte Tilo Lüders.
Die Neueröffnung sollte zunächst im Frühjahr 1996 stattfinden. Doch der Termin wurde mehrfach verschoben. Die nötigen Sanierungsarbeiten waren sehr umfangreich. Unter anderem berichtete die Volksstimme am 10. September 1996: „Eingetreten ist die Verzögerung vor allem durch enorm viel Grundwasser, mit dem die Bauleute bei den Arbeiten im Keller fertig werden mussten. Bis zu einer Tiefe von 4,70 Meter wurden Gruben für neue Beton-Sockel ausgehoben. Dafür mussten 17 Tage lang unzählige Liter Grundwasser abgesenkt werden.“ Einem weiteren Bericht zufolge wurden insgesamt rund 2,5 Millionen Mark investiert.
Geplant waren anfangs zwei Kinosäle, ein Weinkeller, ein Restaurant und ein Café. Neben den Filmvorführungen gehörte auch Live-Musik zum Programm. Obendrein bekam das Haus einen neuen Namen. Aus den DEHA-Lichtspielen wurde das Kino „felix“ - so hieß bis 1997 auch der europäische Filmpreis. Außerdem bedeutet der Name soviel wie „der Glückliche“. „Das schien uns passend“, erklärte Elke Haje gegenüber der Volksstimme.
Nicht zuletzt gab es eine deutschlandweite Besonderheit. Die Betreiber ließen von einem Unternehmen in der Schweiz und einer Firma in Österreich ein besonderes System entwickeln. Per Display konnten Gäste von ihrem Sitz im Kinosaal aus Bestellungen aufgeben. Bezahlt wurde bargeldlos mit der „felix-Card“. Ein echtes Alleinstellungsmerkmal.
Am 19. Dezember 1996 war es schließlich soweit: Das „felix“ nahm den Betrieb auf. Zwar stand zunächst nur ein Saal zur Verfügung. Dennoch verkündete die Volksstimme, dass die „kinolose Zeit“ für Oschersleben nun vorbei sei. Tatsächlich war das „felix“ das einzige Kino im damaligen Bördekreis. Als erster Film lief „Star Trek: Der erste Kontakt“. Am Abend vor dem Start fand eine offizielle Einweihung mit rund 200 geladenen Gästen statt. Der damalige Landrat Burkhard Kanngießer bezeichnete das Kino einem Zeitungsbericht zufolge als „eine wesentliche Bereicherung der Infrastruktur des Bördekreises“. In den ersten vier Wochen wurden mehr als 5000 Besucher gezählt. Die Betreiber zeigten sich zufrieden. Allerdings war die Konkurrenz groß. Laut Volksstimme gab es in Magdeburg zu dieser Zeit 23 Kino-Säle. Hinzu kamen Einrichtungen in Helmstedt, Haldensleben und Halberstadt.
1999 gab es den ersten Betreiberwechsel. Eigentümerin Antonie Robertine Keller übernahm selbst das Steuer. Der Pachtvertrag mit ihrer Tochter und deren Lebensgefährten wurde zum 1. Oktober gekündigt. Zu den Gründen wollte sich die Eigentümerin nicht äußern. Im Februar 2001 wurde schließlich der zweite, kleinere Kinosaal eröffnet.
Die Geschichte des „felix“ nahm schließlich im Februar 2012 ihr Ende. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es der Volksstimme zufolge mehrere Betreiber-Wechsel gegeben. Der letzte Pächter Dennis Uhde nannte wirtschaftliche Gründe für das Aus. Die Zahl der Besucher habe einfach nicht mehr ausgereicht.
Seit einigen Wochen gibt es auf der Internet-Plattform Ebay-Kleinanzeigen die Möglichkeit, Kinositze aus dem ehemaligen „felix“ zu kaufen. Welche Zukunft für die Räume geplant ist, wollte der Verkäufer jedoch nicht sagen. Das sei privat.