Ärztemangel "OP wäre nicht nötig gewesen"
Viele Menschen in der Börde haben Schwierigkeiten, Facharzttermine zu ergattern. Ein Beispiel ist Anita Arntz aus Altbrandsleben.
Altbrandsleben l „Angefangen hat alles bereits Ende des vergangenen Jahres. Da hatte ich einen harten Knubbel an meiner Nase festgestellt“, beschreibt Anita Arntz. Ihr Hausarzt habe sie dann an einen Hautarzt überweisen. „Dann hat unsere Odyssee begonnen“, fügt Ehemann Wolfram Arntz hinzu. Denn in Oschersleben und seiner Region ist kein einziger Hautarzt niedergelassen.
Eine Praxis in Wanzleben habe sie nicht mehr aufgenommen. „Wir sind schon voll“, soll die Sprechstundenhilfe am Telefon gesagt haben. So sei es ihnen auch in den anderen Hautarztpraxen im Landkreis ergangen. In Halberstadt schließlich wurde ihr eine Wartezeit von mehr als einem halben Jahr vorausgesagt und in Quedlinburg gibt es in diesem Bereich nur einen Klinikbetrieb. Erst Wochen später sei das Rentnerpaar im Medizinischen Versorgungszentrum auf dem Gelände der Universitätsklinik in Magdeburg fündig geworden. „Allerdings haben wir auch hier erst einen Termin für den 15. Mai bekommen“, erinnert sich Wolfram Arntz.
In der Landeshauptstadt sei dann die Diagnose „weißer Hautkrebs“ gestellt worden. Was folgte, war eine komplizierte Operation an der Nase mit mehrwöchigem Krankenhausaufenthalt in Magdeburg. „Das wäre unserer Meinung nach nicht nötig gewesen, wäre die Diagnose rechtzeitig gestellt worden“, ist das Ehepaar überzeugt. Die Krankheit habe sie schon einmal an einer anderen Körperstelle gehabt. „Damals wurde alles rechtzeitig erkannt und mir eine Salbe verschrieben. Nach gut einem Monat war ich geheilt“, erzählt Anita Arntz.
Bereits während ihrer Suche nach einem entsprechenden Facharzt habe ihr Ehemann ein Schreiben an Landrat Hans Walker (CDU) aufgesetzt, um auf das Problem aufmerksam zu machen. „Überall treffen wir Leute, die ebenfalls keine Fachartzttermine bekommen. Es sind einfach zu wenige zugelassen“, befindet Wolfram Arntz. Auch an die Landtagsabgeordnete und mittlerweile zur Landtagspräsidentin gewählte Gabriele Brakebusch (CDU) habe das Paar eine Mail gesendet. „Auf beide Schreiben wurde nicht reagiert“, sagt der Rentner. Am 15. Juni habe er erneut den Landrat angeschrieben. Nach einem Anruf im Büro des Landrates habe er ein Schreiben von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zum Sachverhalt erhalten. „Laut deren Meinung gibt es wohl genug Hautärzte“, sagt Ehegatte Arntz.
Nach den Regelungen des Sozialgesetzbuches ist für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt zuständig. „Der Gesetzgeber hat die ärztliche Versorgung einer strengen Bedarfsplanung unterworfen“, sagt deren Pressesprecherin Janine Krausnik. Im gesamten Landkreis Börde seien vier Hautärzte tätig, und zwar in Haldensleben, Wanzleben, Wolmirstedt sowie der Niederen Börde. Rein rechnerisch steht demnach für mehr als 43 000 Einwohner ein Hautarzt zur Verfügung. „Der Normgeber geht für den Planungsbereich Börde von einer angemessenen hautärztlichen Versorgung aus“, teilt die Mitarbeiterin der KV-Öffentlichkeitsarbeit mit. So liege der Versorgungsgrad in der Gruppe der Hautärzte bei rund 96 Prozent.
Für die KV selbst ist das offenbar zu dünn. Laut Krausnik besteht aktuell eine Zulassungsmöglichkeit für einen Hautarzt im Bördekreis. „Leider liegen uns keine Interessensbekundungen vor“, erklärt die Sprecherin. Die Verdienstmöglichkeiten eines Hautarztes auf dem Lande wären wohl kaum geringer als die seiner Kollegen in der Stadt. Doch, so scheint es, will sich keiner der Ärzte im ländlichen Raum niederlassen.
Die KV will dem Ärztemangel auf dem Lande begegnen und hat dafür einen Maßnahmeplan aufgestellt. „Hier werden Anreize vom Studium an über die Weiterbildung bis zur Tätigkeitsaufnahme gesetzt“, sagt Janine Krausnik. Eine Niederlassungsberatung auch für Hautärzte beispielsweise beinhalte eine Standortanalyse sowie eine Bewertung der Erfolgsaussichten des geplanten Versorgungsangebotes. Hinzu kämen eine betriebswirtschaftliche Beratung sowie individuelle Kooperationsberatungen.
Für das Retnerpaar Arntz ist das zu wenig. „Es muss sich etwas ändern, aber es tut sich nichts“, schimpft Ehegatte Wolfram. Seiner Meinung nach will die KV nicht, dass sich mehr Ärzte im ländlichen Raum niederlassen. „Es ist kein Wunder, dass es die Menschen in die Städte zieht, wenn es hier nichts mehr gibt“, macht er sich seinem Ärger Luft und fordert die Politik, an der aktuellen Situation etwas zu ändern.
Seine Frau Anita ist unterdessen auf dem Wege der Besserung. Die OP in Magdeburg ist erfolgreich verlaufen. „Heute geht es ihr wieder gut“, sagt Wolfram Arntz. Nun würden mit einer Lasertherapie die Narben behandelt.