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Bildung So bewältigen Schulen in Oschersleben nach dem Lockdown den Schulalltag

Online- und Wechselunterricht, Eltern in der Rolle der Lehrenden und unstrukturierte Tagesabläufe – die Pandemie hat den Schulalltag durcheinandergebracht. Wie ergeht es der Sekundarschule V in Oschersleben und der Internatsschule in Hadmersleben zurück im Alltag?

Von Lena Ballon Aktualisiert: 23.06.2021, 09:44
Astrid von Smuda und Frank Melsbach kommen in der Internatsschule Hadmersleben ohne Zusatzunterricht aus.
Astrid von Smuda und Frank Melsbach kommen in der Internatsschule Hadmersleben ohne Zusatzunterricht aus. Foto: Lena Bellon

Oschersleben/Hadmersleben - Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und der Lehrerverband gehen davon aus, dass 20 bis 25 Prozent aller Kinder während der Pandemie ein Lerndefizit angehäuft haben. Die Lücken müssen natürlich gefüllt werden, wobei sich viele Fragen ergeben: Wer soll die Zusatzstunden abhalten und wann sollen diese stattfinden? Und hätte man diese großen Lücken mit anderen Mitteln und Konzepten verhindern können?

„Nach und nach können jetzt erst die Lücken der Schüler festgestellt werden. Einen genauen Überblick haben wir noch nicht“, erzählt die Schulleiterin Petra Gerloff. Wichtig sei das offene Gespräch zwischen den Schülern und den Lehrern: „Wir vertrauen auf eine offene Kommunikation, um herauszufinden, auf welchem Stand sich die Schüler sehen und wo sie Schwierigkeiten haben.“

Ständige Tests und Kontrollen seien kontraproduktiv, weil die Schüler erst wieder in den Alltag finden müssen. „Das Land hat eine große Geldsumme zur Verfügung gestellt, um die Lerndefizite aufzuarbeiten. Deswegen werden in den Sommer- und Herbstferien verschiedene Kurse angeboten“, erklärt Gerloff.

Es gebe aber auch Lernvideos und -plattformen. Die Lehrkräfte bieten auch individuelle Förderung in Form von ergänzendem Lernmaterial oder Videokonferenzen in kleinen Gruppen an. Die zusätzlichen Unterrichtsstunden in den Ferien würden von externen Mitarbeitern aus Schülerhilfen abgehalten werden – oft seien das Studenten oder ehemalige Lehrkräfte. „Wir versuchen, auf verschiedenen Ebenen den Wissenslücken entgegenzuwirken. Schließlich sind alle Schüler individuell und haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse“, so die Schulleiterin.

„Manche Eltern wollen aber ihren Kindern auch die Ferien für Spaß und Freizeit lassen oder gemeinsam verreisen. Das verstehe ich auch sehr gut, schließlich kam das ebenfalls zu kurz“, ergänzt Gerloff. Einen Vorteil des Online-Unterrichts sehe die Schulleiterin bei den Abschlussklassen: „Die Absolvierenden konnten sich viel besser auf die Prüfungen vorbereiten, weil der laufende Unterricht nicht so viel Zeit eingenommen hat.“

Eine weitere Lehre, die die Schulleiterin aus der Pandemie zieht, seien die mangelnden digitalen Möglichkeiten der Schule: „Wir haben hier keinen guten Internetanschluss, was den Online-Unterricht und den Kontakt zu den Schülern erschwert hat. Auch die versprochenen Schülerlaptops kamen erst gegen Ende der Pandemie an. Da müssen wir uns einfach besser aufstellen, auch für den Zusatzunterricht“, zieht Gerloff ein Fazit.

„Wir wollten nicht sagen müssen: Hätten wir es doch nur besser gemacht“, sind sich Frank Melsbach und Astrid von Smuda einig. Sie sind die Geschäftsführer der Internatsschule Hadmersleben und haben für die Schule einen schnellen, konsequenten und effektiven Weg durch die Pandemie gefunden, um große Wissenslücken letztendlich vermeiden zu können.

„Kurz bevor die Schulen schließen mussten, haben wir uns intensiv mit unserer Digitalisierung auseinandergesetzt. Durch die Schließungen musste zwar alles viel schneller gehen, aber dann waren wir bald gut vernetzt“, erklärt die Geschäftsführerin. Täglich habe es in drei Fächern Aufgaben für die Kinder gegeben, die sie dann bis nachmittags abgeben mussten. Lernkontrollen und Unterrichtsstunden im Videochat haben ebenfalls stattgefunden, damit der Lehrplan eingehalten werden kann.

„Auch wenn wir uns an den Lehrplan größtenteils halten konnten, mussten wir Prioritäten setzten. Aber die Noten der Schüler sind stabil und es sind keine großen Lücken entstanden, die wir aufholen müssten“, erklärt Melsbach. Das sei zwar dem präzise ausgearbeiteten Konzept der Internatsschule zu verdanken, aber habe auch mit dem Ehrgeiz und der Disziplin der Schüler zu tun. „Was wir mehr beobachten, ist die mangelnde Konzentration und dass die Schüler unter den fehlenden sozialen Kontakten gelitten haben“, sagt der Geschäftsführer. „Das gilt auch für die Absolventen: Die Noten waren gut, aber dass sie keinen Abiball und keine große Feier zum Abgang hatten, das ist der eigentliche Mangel. Der kann eben auch nicht nachgeholt werden“. Die Geschäftsführenden des Internats wissen, dass die kleinen Klassen und die wenigen Schüler ein besonderes Verhältnis zwischen der Schule, den Eltern und Schülern ermöglicht: „Wir kennen jeden unserer 200 Schüler und haben uns während des Fernunterrichts auch regelmäßig mit ihnen in Verbindung gesetzt.“ Für manche Schüler sei ein ruhiges ungestörtes Lernen ein Vorteil des Fernunterrichts gewesen, während anderen Kindern der Impuls aus dem Unterricht gefehlt habe – ebenso der praxisnahe Unterricht. Von Smuda und Melsbach kennen aber noch ein weiteres Privileg, das sie an der Internatsschule haben: Sie sind nicht nur die Geschäftsführer und auch Lehrer, sondern auch Träger der Schule – somit können sie viele eigene Entscheidungen treffen und vermeiden lange Verwaltungswege.

Die zusammengewachsene Schulgemeinschaft sowie die Digitalisierung seien für alle ein Gewinn des Fernunterrichts. „Ich möchte aber nie wieder die Schule ohne Schüler und Kollegen erleben. Alle Mitarbeiter und Schüler haben großartige Arbeit geleistet, aber der soziale Kontakt und der persönliche Austausch kann nicht ersetzt werden“, erzählt von Smuda. „Bei dem sozialen Aspekt wird die Digitalisierung immer ihre Grenzen haben“, ergänzt Melsbach.