Steuerverschwendung Steuerzahlerbund nimmt sich Krottofer Mühlgraben vor
Was soll das Projekt am Ende kosten? Die Hochwasserschutzmaßnahmen am Krottorfer Mühlgraben haben den Bund der Steuerzahler auf den Plan gerufen.
Krottorf - Die vielen öffentlich gewordenen Fragen zu den Hochwasserschutzmaßnahmen in Krottorf zogen die Aufmerksamkeit des Bundes der Steuerzahler auf sich. In seiner aktuellen Verbandszeitung werden die Probleme und Fragen angesprochen und teilweise noch weiter vertieft.
„Wir recherchieren im Verlauf eines Jahres zu verschiedenen Projekten, an Krottorf sind wir schon länger dran“, erklärt Ralf Seibicke, Landesvorsitzender des Bundes der Steuerzahler. Die Veröffentlichung einer Steuerverschwendung in der Mitgliederzeitschrift sei sozusagen die Vorstufe zum Eintrag in das Schwarzbuch. „Da das Vorhaben in Krottorf noch nicht abgeschlossen ist, kann es sich durchaus noch zum Schwarzbucheintrag entwickeln“, so Seibicke. Noch habe das Land und der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) die Chance, das Projekt umzuplanen.
Der Bund der Steuerzahler habe bei seinen Recherchen festgestellt, dass bei der Sanierungsmaßnahme des Mühlgrabens in Krottorf sich nicht nur deutliche Zeitverzögerungen, sondern vor allem deutliche Kostenverteuerungen abzeichnen. Mit Baubeginn im Mai 2021 war die Rede von 3,1 Millionen Euro. Mitte 2023 gehen die Schätzungen der Ausgaben von mindestens 6,7 Millionen Euro, also mehr als das doppelte, aus.
Planungsfehler sind die Hauptursache
„Da einige Maßnahmen neu ausgeschrieben werden müssen, dürfte dies kaum ausreichen. Als Hauptursache werden von Fachleuten Planungsfehler, insbesondere eine unzureichende Baugrunduntersuchung angesehen“, heißt es beim Bund der Steuerzahler.
Die Planungsfehler führten schlussendlich dazu, dass sich der zeitliche Rahmen des Vorhabens längst überholt hat. Baubeginn war Mai 2021, nach 51 Wochen sollte Schluss ein, also im Mai 2022. Wegen der notwendigen Neuausschreibungen und Vergaben sei davon auszugehen, dass die gegenwärtig unterbrochenen Maßnahmen frühestens 2026 abgeschlossen werden können. Die Zeitverzögerungen und damit verbundenen weiteren Kostensteigerungen werden vom Ministerium/LHW auf nicht erkannte Probleme beim Baugrund geschoben. „Für Fachleute ist es unverständlich, dass nach einem sechsjährigen Planfeststellungsverfahren bis 2009 im Rahmen der Baugrunduntersuchung offenbar nur unzureichende Feststellungen diesbezüglich getroffen wurden. Von Planungsfehlern und unterlassenen Untersuchungen ist die Rede. Aus Steuerzahlersicht ist dies nicht nur ärgerlich, sondern hinsichtlich der entstandenen Kostenverteuerungen auch besonders aufklärungsbedürftig“, heißt es weiter in der Veröffentlichung des Steuerzahlerbundes.
Aber nicht nur der Bund der Steuerzahler ist auf die problematischen Hochwasserschutzmaßnahmen am Krottorfer Mühlgraben aufmerksam geworden. Zum Thema gab es auch eine Kleine Anfrage der AfD im Landtag.
Die Volksstimme-Redaktion hakte im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt nach, wie es am Mühlgraben nun weiter gehen soll und wie hier die Gründe für die Kostensteigerungen gesehen werden. Beantwortet hat die Fragen Robin Baake, stellvertretender Pressesprecher. „Grund für die deutlichen Kostensteigerungen sind neue Erkenntnisse zur tatsächlichen Bausubstanz, zur vorhandenen Bebauung sowie zu den allgemeinen Baugrundverhältnissen, die erst während der Bauphase nach Trockenlegung des Mühlgrabens offensichtlich wurden. Dadurch mussten teilweise ursprünglich beauftragte Leistungen gekündigt und mit Mehraufwendungen neu beauftragt werden.“
Zu den Kostensteigerungen des Projekts stellt das Ministerium fest: „Bei derartigen Bauprojekten ist es nicht zu vermeiden, dass Planungen mitunter an örtliche Gegebenheiten angepasst werden müssen, insbesondere, wenn es, wie in der Mühlenstraße, erst während der Bauphase neue Erkenntnisse zum Baugrund gibt.
Laut Robin Baake soll 2024 zunächst die Errichtung der tiefgegründeten linken Uferwand beauftragt werden. „Diese Sanierungsvariante ist nicht veraltet. Sie wurde ja erst aufgrund der aktuellen Erkenntnisse zum Baugrund gewählt“, macht der Pressesprecher deutlich.
Wie wird das Gesamtprojekt fortgesetzt?
Wie bereits erwähnt, soll die tiefgegründete Uferwand an der Mühlenstraße 2024 beauftragt werden; die Vorbereitung der Ausschreibung läuft. Die Planungen für die weiteren Teilmaßnahmen wie Sportplatzbrücke, Turbinenhausbrücke, Umbau Turbinenhaus, ökologische Durchgängigkeit am Bodewehr und Leitdeiche sollen europaweit ausgeschrieben und 2024 fortgesetzt werden. Ziel sei zum einen die Kostenoptimierung und zum anderen die Anpassung der technischen Lösung und deren Umsetzung an den aktuellen Stand der Technik. „Der LHW wird die Maßnahme nicht auf Grundlage ’steinalter’ Planungen umsetzen“, versichert Robin Baake.
Die Interessengemeinschaft (IG) „Bode-Lachs“ sieht das Gesamtprojekt problematisch, erst Recht den Bau der Fischaufstiegstreppe am Bodewehr.
Wird Fischaufstiegstreppe hinterfragt?
Zur Fischaufstiegstreppe schreibt das Ministerium: „Die Anlage ist eine wesentliche Kompensationsmaßnahme für die Eingriffe in Natur und Landschaft sowie Bestandteil des wasserrechtlichen Zulassungsverfahrens. Da der vorliegende Planfeststellungsbeschluss auf der Entwurfs- und Genehmigungsplanung aus dem Jahr 2005 basiert, werden im Zuge der weiteren Planung die vorhandenen Unterlagen anhand der aktuell geltenden fachlichen Grundlagen für den Fischaufstieg überprüft.“ Und genau darauf hoffen die Mitstreiter der IG Bode-Lachs. Sie fordern zugleich nach Bauende eine ökologische Aufwertung des Mühlgrabens, um wenigstens ein Mindestmaß an nutzbaren Lebensraum für Fische und deren wirbellose Nährtiere sowie Wasserpflanzen wiederherzustellen.
„Die Fischaufstiegsanlage ist nach hoffnungslos veralteten Fachvorgaben konzipiert und kann nach unserer Einschätzung den heutigen Anforderungen nicht gerecht werden. Grundsätzlich zweifeln wir auch die Notwendigkeit für den Erhalt des starren Bodewehres an. Das Gewässerentwicklungskonzept ,,Obere Bode“, als hauseigene Fachplanung des LHW, zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sehe ebenfalls keine Funktion und empfiehlt gleichermaßen den Rückbau.