Wintereinbruch Schnee führt zu Ausnahmezustand
Schnee so weit das Auge reicht. In Oschersleben und anderen Orten des Landkreises Börde herrschte das Schneechaos.
Oschersleben/Ortsteile (mu/umi/jc/yhe/rhs) l Schneebedeckte Straßen und Fußwege machten es den Oscherslebern schwer, voran zu kommen. Auch die Mitarbeiter des Ordnungsamtes sowie des Bauhofs waren den ganzen Tag im Einsatz. Insbesondere die Lkw-Fahrer hatten mit den Witterungsverhältnissen zu kämpfen. So fuhr sich am Morgen ein Lkw in der Lindenstraße fest. Carsten Loof, Außendienstmitarbeiter für Ordnung und Sicherheit, half vor Ort. Mithilfe eines Traktors konnte der Lkw aus seiner misslichen Lage befreit werden. Auch von zwei weiteren Lkw, die sich im Oschersleber Stadtgebiet festgefahren haben, berichtet Loof. Ihnen konnte ebenfalls mit Hilfe des Traktors geholfen werden. Es sei die Masse an Schnee, welche eine Herausforderung darstelle. Den ein oder anderen Anruf bekam Loof außerdem, weil die Ampelanlagen nicht auf grün umschalteten. Einige Autofahrer blieben daher lange an einer roten Ampel stehen. „Da haben wir bereits zur Straßenmeisterei Kontakt aufgenommen“, sagt Carsten Loof. Er vermutet, dass die Kontaktschleife der Ampelanlage nicht richtig arbeitete, weil die Fahrzeuge wegen des vielen Schnees nicht genau in der Spur stehen. Auch wegen nicht geräumter Straßen wurde Loof kontaktiert.
Um die Straßen und Fußwege kümmerte sich der Bauhof. Bereits am Sonntag waren insgesamt zwölf Mitarbeiter in Oschersleben und den Ortsteilen unterwegs. Auch gestern wurde ab vier Uhr morgens mit neun Mitarbeitern in Oschersleben und sechs in den umliegenden Orten Schnee geräumt. Gegen Mittag kamen noch vier zusätzliche Kräfte für eine halbe Spätschicht bis 17 Uhr dazu. Eine große Herausforderung stellen laut Fred Häbecke, Leiter des Bauhofs, die Oschersleber Nebenstraßen dar. „Oschersleben hat viele kleine Straßen, wo links und rechts Autos stehen. Da ist es schon schwierig für uns“, so Häbecke. Wenn nichts mehr ging, kamen die beiden Radlader des Bauhofes zum Einsatz. So konnte auch dem Malteser Rettungsdienst in der Bruchstraße geholfen werden. Hier hatte sich ein Fahrzeug festgefahren. Auch werde darauf geachtet, dass die Durchfahrtsstraße beim Helios Klinikum in Neindorf geräumt sei.
Mit dem Schnee kommt auch der Frost. Und dieser kann für die Wasserleitungen gefährlich werden, es kann zu Wasserrohrbrüchen kommen. „Im Moment sind wir noch im grünen Bereich“, teilt Vinny Zielske, Geschäftsführerin des Trink-und Abwasserverbands Börde (TAV) mit. Die Rohre würden unter dem Schnee noch warm liegen, sodass es zu keinem Rohrbruch kommen kann. Wenn der Schnee jedoch taut oder die Temperaturen noch weiter sinken, dann erreiche laut Zielske der Frost die Rohre. Präventiv könne man nichts dagegen unternehmen. „Wir haben an die 600 Kilometer Leitung, da kann man nicht sagen, wo es kaputt geht“, so Zielske.
Der öffentliche Personennahverkehr kam komplett zum Erliegen. Das bestätigt unter anderem Peter Kasper, Betriebsleiter vom Unternehmen Börde-Bus. Das Problem sei, dass viele Nebenstraßen nicht geräumt und auch die Bushaltestellen stark von den Schneeverwehungen verschneit seien, so Kasper zur aktuellen Situation. Gestern war noch nicht absehbar, bis wann die Busse wieder fahren könnten. „Wir müssen die Entwicklungen abwarten. Unser Personal ist unterwegs, um die Situation zu beobachten und einzuschätzen“, so Kasper. Der Verkehr sei voraussichtlich bis heute um 10 Uhr eingestellt. Aktualisierungen fänden sich auf der Homepage und könnten außerdem telefonisch erfragt werden.
Schwere Verkehrsunfälle aufgrund der Wetterlage gab es in Oschersleben nicht, sagt Matthias Lütkemüller, Sprecher des Polizeireviers Börde. Lediglich einen Vorfall hat es am vergangenen Sonntag gegeben. Ein 43-Jähriger Autofahrer war von der Friedrichstraße nach links in die Thälmannstraße abgebogen und fuhr dort in eine Schneewehe am Straßenrand. Eine Atemalkoholkontrolle ergab 2,39 Promille.
In der Gemeinde Obere Aller ist am Sonntagnachmittag ein Kleinbus am Ortsausgang kurz vor dem Abzweig auf die L 77 an der Straße „Zum Hohen Holz“ im Schnee steckengeblieben. Infolgedessen kam auch ein Streufahrzeug an dieser Stelle nicht weiter und fuhr sich ebenfalls fest. Beide Fahrzeuge sind von einem Eggenstedter mit dessen Traktor herausgezogen worden und konnten ihren Weg jeweils fortsetzen. Kritisiert wird hier von Bürgern, dass nur eine Spur der Straße freigeschoben wurde. Dadurch sei es überhaupt erst zur der Situation gekommen.
In der Oschersleber Innenstadt türmte sich der Schnee. Einige Menschen wagten sich vor die Haustür. Viet Cuong Ngo half seinen Eltern, die ein Geschäft in der Stadt betreiben, beim Räumen der Schneemassen. Auf dem Innenhof des Gebäudes musste der Schnee weg. „Wenn der Schnee abtaut, dann steht der Keller unter Wasser, weil wir dort nur einen Abfluss haben“, erklärt der Schüler. Am Sonntag und auch gestern beförderte er mit einer Schubkarre den Schnee vom Hinterhof auf die Straße.
Auch vor der Volksstimme-Redaktion türmte sich der Schnee. Reinhard Falke, Mitarbeiter des General-Anzeigers, räumte mit einem Schneeschieber den Weg frei. „Ich bin jetzt schon seit 1994 hier. Aber so viel Schnee haben wir hier noch nie gehabt“, sagt Falke.
Schneechaos hin wie her: Pflegebedürftige müssen dennoch versorgt werden. Aber das war am Sonntag und auch noch am Montag ein schwieriges Unterfangen. Jana und Martin Kramer sind die Geschäftsführer des Pflegedienstes Börde mit Sitz in Groß Germersleben. Patienten im Salzlandkreis, rund um Oschersleben und Wanzleben, warten täglich auch mehrfach auf die Schwestern der Ambulanten Pflege, müssen versorgt werden. „Etliche Schwestern konnten am Wochenende nicht zum Dienst kommen, weil sie aus ihren Heimatorten gar nicht weggekommen sind“, berichtet Jana Kramer.
Seit Sonntag fünf Uhr sind die Pflegekräfte im Dauereinsatz. An „normalen“ Vormittagen starten sechs bis Fahrzeuge von Groß Germersleben aus und vier Fahrzeuge ab Wanzleben, um die Patienten zu versorgen. Am Sonntag musste umdisponiert werden. Vielerorts gab es für die Schwestern kein Durchkommen. „Wir haben geschaut, wo eventuell Angehörige einspringen können. Wo dies nicht möglich war, haben die Schwestern in ihren Heimatorten wie beispielsweise in Wanzleben, Oschersleben und auch Etgersleben (Salzlandkreis) die Patienten zu Fuß aufgesucht. Dennoch mussten Schwestern auch mit den Fahrzeugen los“, berichtet Jana Kramer. Zum Glück fährt ihr Mann und Geschäftspartner Martin Kramer ein Allradfahrzeug. Neun Schwestern hatten sich fest gefahren und mussten von ihm rausgezogen werden. Jana Kramer berichtet, dass in Groß Germersleben die Bauern den Winterdienst unterstützt haben. „Die Groß Germersleber Feuerwehr hatte uns aber auch ihre Hilfe angeboten“, so Jana Kramer. In vielen Orten sind nur die Hauptstraßen geräumt. Die ambulanten Pflegekräfte haben oftmals ihre Fahrzeuge dort stehen lassen, um die Patienten in den Nebenstraßen aufzusuchen.
Wo es Räumfahrzeuge schwer haben, verzweifeln die Abfallentsorger. Die Abholung der Gelben Tonne falle nun witterungsbedingt heute und morgen im gesamten Landkreis Börde aus, so Melchior Thiemer, der Geschäftsführer des zuständigen Entsorgers Remondis. In den nächsten zwei Wochen komme es voraussichtlich zu starken Einschränkungen in der regulären Abfuhr, da ein Großteil der Straßen durch Schnee und Glätte nicht befahrbar sind. „Wegen der Einschränkungen bitten wir, die Behälter und Wertstoffsäcke, die zur Leerung bereitgestellt wurden, wieder hereinzuholen“, so Thiemer. Sobald die Lage es zulässt, werde im Rahmen des nächsten regulären Entsorgungstermins die angefallene Mehrmenge an Verpackungsmüll mit entsorgt. Die Einwohner würden gebeten, die Abfälle dann in Säcken zu den Tonnen zu stellen.
Schon seit 4 Uhr waren am Montagmorgen zehn Mitarbeiter des Betriebshofes der Gemeinde Sülzetal mit neun Fahrzeugen im Kampf gegen die Schneemassen im Einsatz. Von Anfang mit dabei war der Bürgermeister der Gemeinde, Jörg Methner. „Ich ziehe meinen Hut vor der Leistung meiner Kollegen. Wir sind Straßen abgefahren, da wurde mir schon ein bisschen mulmig“, bilanzierte Methner mittags. An manchen Stellen habe der Unimog fünf Anläufe gebraucht, um solche Schneemassen zu durchbrechen, berichtet Methner. Solche Einsätze könnten nur die Mitarbeiter des Betriebshofes nur managen aufgrund ihrer Erfahrung und ihrem Know-how beim Umgang mit Räumfahrzeugen.
An manchen Straßen im Sülzetal, gerade auch in Sackgassen, hat selbst der Unimog mit all seiner Power nicht bis zum Schluss fahren können. Hier musste der Fahrer stoppen, den Rückwärtsgang einlegen und zurück fahren. Methner: „Das war nicht zu schaffen. Das Gewicht des Schnees war zu hoch.“
Insgesamt habe er viel Lob seitens des Bürger für den Einsatz des Betriebshofes erfahren. Um 13 Uhr habe es erst die erste Pause gegeben. Methner: „Bis dahin stand das Handy gar nicht still.“