Vereine Blasmusikanten aus dem Kreis Stendal sagen tschüss
Osterburgs musikalische Urgesteine verabschieden sich von der Bühne. Beim Stadt- und Spargelfest in Osterburg (Kreis Stendal) geben die 14 Künstler ihren Ausstand.
Osterburg. - Wenn die Osterburger Blasmusikanten Abschied nehmen, dann mit Pauken und Trompeten. Nach 35 Jahren ist Schluss. Am Sonntag sagen die 14 Musiker „Tschüss!“ zu ihren Fans. Schweren Herzens.
Noch einmal blicken sie auf ihre Karriere zurück, die Anfänge und ihre größten Erfolge. „Wir kannten uns alle schon von früher“, beginnt Reiner Schulz. „1954 hat Herbert Willkomm für das erste Pionierblasorchester geworben. Am Ende gab es fünf Orchester-Generationen. Am 18. Dezember 1989 haben wir dann die Osterburger Blasmusikanten gegründet.“ Ihre Liebe zur Heimat und Musik steckt schon im Namen. Jürgen Emanuel, besser bekannt als „Cindy“, war Frank Freitags Stellvertreter. Beide gehören mit Reiner Schulz und Rüdiger Mallohn zu den Urgesteinen, die ohne Unterbrechung mitspielten. Bettina Huesmann aus Osterburg ist ebenfalls Gründungsmitglied. 35 Jahre kam für sie dienstags um 19 Uhr nichts anderes in Frage, als zu proben.
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Dank Horst Gerber, dem Leiter des damaligen Kreiskulturhauses, hatten sie in „seinen“ Räumlichkeiten einen Platz. Dieter Preuß, Chef des Kreiskabinetts für Kulturarbeit, unterstützte mit Noten und Instrumenten. Schließlich hatte er die Männer nach der Wende animiert, wie in der Jugend „ordentliche Blasmusik zu machen“ und den Anstoß zur Vereinsgründung gegeben. Sogar der Musikzug der Feuerwehr Soltau aus der Partnerstadt steuerte Notenmaterial bei und verhalf so zu einem guten Start. Als die Ära Kulturhaus zu Ende ging, probte das Ensemble in der Bauunion, wo Mallohn Geschäftsführer war. 22 Jahre diente nach deren Insolvenz der Keller der Stadtverwaltung Osterburg als Probenraum. Nein, und wegen einer Sitzung oder der Literaturtage wurde keine Probe auf einen anderen Tag verschoben. Aus Prinzip. Ja, die Blasmusikanten haben ihre Prinzipien und ihr Repertoire, das sie über Ländergrenzen hinaus bekannt machte.
Wir haben Freude an Musik und wollen anderen Freude bereiten.
Jürgen Emanuel, musikalischer Leiter der Osterburger Blasmusikanten
Sogar ein Fernsehauftritt bei einem Sonntagskonzert im Jahr 1993 mit Ramona Leiß im ZDF steht in ihrer Vita. „Ich habe den Aufruf für regionale Vereine in der Volksstimme gelesen und ein paar Aufnahmen auf Kassette hingeschickt“, erzählt Reiner Schulz stolz. Beim Vorspiel im Altmärkerhof gefiel der Musikdirektion ausgerechnet die Zugabe „Auf zum Bauernball!“ am besten. Beim Auftritt hängten die Blasmusikanten nach ihrer Nummer glatt noch eine Stunde dran. Live ist live.
Unvergessen ist für Jürgen Emanuel die Maibowle auf Schloss Calberwisch. Cindy & Bert waren angekündigt, und Cindy tauchte nicht auf. Also die von Bert. Statt dessen machte „Cindy“ Emanuel mit seiner Truppe fünf Stunden Stimmung, so dass Schlossherr Michael Grimm sie zum Dank noch in seinen Weinkeller einlud.
Für Rüdiger Mallohn war ein Auftritt „in Chicago vor dem Brauhaus mein Highlight – und danach haben sie uns im Wirtshaus mit stehenden Ovationen gefeiert.“ Die Anfrage für die Reise in die Vereinigten Staaten war von den Soltauern gekommen, die in Michigan ihre Partnerstadt (Coldwater) haben. Drei Jahre später ging es für die Biesestädter mit den Stendaler Rolandmusikanten nach Kanada. Tschechien, Spanien, Finnland, Russland und Norwegen stehen ebenfalls auf der Liste der Gastauftritte. „Wir haben immer an den internationalen Hansetagen als Vertreter des Altmärkischen Heimatbundes teilgenommen“, weiß Reiner Schulz zu berichten. Aber auch der Aufstieg auf den Kirchturm zu St. Nicolai in Osterburg an Heiligabend wird unvergessen bleiben. Ebenso wie die lustigen Besuche in der Begegnungsstätte der Volkssolidarität.
Und was machen sie nach ihrem letzten Auftritt? „Heulen“, sagt Rüdiger Mallohn. „Es fällt allen nicht leicht“, gesteht der 66-Jährige. „Ich spiele bei der Groove“n“Soul Company“, erzählt Reiner Schulz. „Andreas Kornak ist bei Blechgarage, Andreas Wieland bei den Seehäuser Oldies.“
Ihr Tenor war immer: Wir haben Freude an Musik und wollen anderen Freude bereiten. Am kommenden Sonntag werden sie auf dem Großen Markt ihr Motto zum letzten Mal als Osterburger Blasmusikanten ausleben.