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Bernhard Sasse berichtet in der Burgstraße über seine Asienreise/ Polizeiverhöre inbegriffen Mit Liegedreirad einmal China und zurück

Von Astrid Mathis 18.11.2013, 02:20

Mit seinem Liegedreirad ist Bernhard Sasse oft in der Altmark unterwegs. 2012 nahm sich der Meseberger eine längere Strecke vor. Er reiste nach China.

Osterburg l Im Gemeinderaum der evangelischen Kirche in der Burgstraße berichtete er am Freitagabend anhand von Fotos über seine Tour.

Darüber einen Vortrag zu machen, war eigentlich nicht Bernhard Sasses Anliegen.Kantor Friedemann Lessing fand das Thema allerdings so interessant, dass er Nägel mit Köpfen machte und einen Termin für die Geschichte festlegte. Eine gute Gelegenheit, fand der Vorsitzende des Mühlenvereins Meseberg, aus den 3000 Bildern ein paar 100 zum Vorzeigen auszusortieren.

Auf den Fotografien ist auch sein Freund Michael Uhrhan zu sehen, der Anstifter der Aktion und sein Begleiter war. Die Idee: mit dem Liegedreirad von Peking nach Berlin radeln. Um es vorwegzunehmen, der Plan ging nicht auf. Für Russland war einfach kein Visum zu kriegen, auch nicht von Kasachstan oder China aus. Vom 3. März bis 30. April 2012 dauerte die Tour von Peking nach Astana (Kasachstan). Danach Rückflug. Von den 8000 Kilometern legten die zwei 4000 per Rad zurück.

Altmärker stoßen auf offene Menschen

"Weil ich unvorbereitet an die Reise ging, war für mich alles überraschend", erklärte der Meseberger, der im Alltag als selbstständiger Tischler tätig ist. Seine Selbstständigkeit ermöglichte ihm überhaupt, die Reise anzutreten, gestand er zu. "Mir sind aufgeschlossene und freundliche Menschen begegnet", resümiert er, "aber je weiter wir nach Westen kamen, um so mehr nahm das ab." In China gab es einfach alles, Hightech in großen Städten und Leben auf dem Land nach primitivstem Standard. "Größer hätten die Gegensätze nicht sein können", bemerkt Sasse. "Millionäre und arme Menschen, ein solches Gefälle, wie es in Deutschland nicht gegeben ist."

Gern erinnert er sich an seinen Barbierbesuch, über den er auch eine Geschichte schrieb. Einige Anekdoten konnte er am Freitag zum Besten geben. Als wäre es gestern gewesen, erzählte er gegenüber Volksstimme von seiner Verhaftung. Sasse und Uhrhan wollten gerade die 2,5 Millionen-Stadt Tasheng verlassen, eine Stadt, in der er sich als einziger Europäer fühlte, da wurden sie mit ihren Rädern gestoppt. 30 Kilometer von der kasachischen Grenze entfernt. Polizeikontrolle. Der letzte Tag in China sollte sich ewig hinziehen. Die beiden mussten mit zur Wache, nach der Passkontrolle zum Verhör, erklären, woher sie kamen, wer ihnen geholfen hatte und so weiter. Zwei Stunden später nach dem offiziellen Teil wurden die Chinesen plötzlich nett. Es wurden noch Gruppenfotos mit den merkwürdigen Rädern vor der Wache gemacht, viel gelacht und sich verabschiedet. "Das waren schon familiäre Verhältnisse auf einmal", fügt der Meseberger schmunzelnd hinzu.

Verärgert, weil die Zeitplanung hin war, entschlossen sich die Touristen zu einem Mittagessen. Sie waren noch nicht beim Dessert, da kam die nächste Truppe an. Geheimdienst in Zivil, aber mit Ausweis. "Aufessen durften wir noch", erinnert sich Sasse, "dann mussten wir in ein leeres Zimmer in einem schmuddeligen Hotel." Wieder zwei Stunden Verhör. Sehr ernst. Die Chinesen sahen sich auch die gemachten Fotos an und gaben die Männer letztlich frei. Allerdings mit dem Hinweis, nicht zu der Grenze zu fahren. Dieser Grenzübergang sollte geschlossen sein. Die Deutschen trauten dem Frieden nicht, wollten angesichts der fortgeschrittenen Zeit aber keine Kilometer umsonst fahren. Der nächste Grenzübergang befand sich 1000 Kilometer entfernt. Kurzum, da das Visum drei Tage später auslief, entschieden sich die Radfahrer dafür, den Bus zu nehmen und waren bis zur Grenze zwei Tage unterwegs. In Kasachstan angekommen, erwartete Sasse und seinen Freund Richtung Himalaja Steppe. Das hieß: Wind, karge Landschaft, Einsamkeit. "Freundlich ausgedrückt: Das machte keinen Spaß", so der 58-Jährige. Teilweise kamen sie nur mit 7 km/h vorwärts oder wurden vom Wind zurückgeschoben. Nach zweieinhalb Wochen hatten die Männer davon die Nase voll. Flughafen. Berlin. Altmark. "Mein Fernweh ist ein bisschen gestillt", meint Bernhard Sasse schmunzelnd. So eine Tour mache man nicht jedes Jahr. Um abzuschalten, nimmt er sich jetzt Zeit fürs Lesen oder geht vor die Tür. "Ich wohne ja mitten in der Natur", sagte er.