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Anfang der 50er Jahre existierte bei Dequede ein Kinderferienlager / Erholungsstätte bekam den Namen "Moosdorf" Wonde: "Ein richtiger Ort mit großen und kleinen Häuschen"

Von Frank Schmarsow 28.10.2013, 01:19

Dequede l Anfang der 50er Jahre gab es ein Ferienlager in Dequede. Dieses hatte der damalige Bürgermeister Alfred Noack ins Leben gerufen. Es ist als Pionierlager deklariert worden, weil es damals für organisierte Jugendarbeit von staatlicher Seite Gelder gab, mit denen es finanziert werden konnte. So trat die Gemeinde gewissermaßen als Sponsor des Lagers auf, wie man heute sagen würde. 20 bis 25 Kinder fanden hier jeweils für acht Wochen - so lange dauerten die Sommerferien - Erholung bei Spaß, Sport und Spiel.

Lothar Wonde und Rita Haferkorn, früher Wegner, die damals in Röthenberg wohnten und in Dequede zur Schule gingen, auch Gisela Schulz aus Dequede und Gertrud "Trudel" Fabel, geborene Noack, damals Pionierleiterin an der Dequeder Schule und heute bei Nachterstedt lebend, können sich noch an das Lager im Wäldchen bei Dequede erinnern. Es befand sich in der Nähe des Fernsehturms, der 1959 in Betrieb genommen wurde.

Konsum, Post und Essenausgabe

"Dequede hatte damals rund 380 Einwohner; darunter waren viele Flüchtlingsfamilien", erzählte Lothar Wonde. "Das Ferienlager war ein richtiges Dorf mit großen und kleinen Häuschen im Blockhausstil. Die Dächer waren mit Moos aus dem Wald gedeckt, daher der Name Moosdorf. In den drei großen Häuschen waren kommunale Einrichtungen untergebracht - in der einen der Rat der Gemeinde und Konsum, in den anderen die Post und die Essenausgabe. Die kleineren Häuschen waren Schlafhütten, unsere Nachtlager hatten wir mit Moos gepolstert. Betreuerin war die Pionierleiterin Gertrud Noack, die Tochter des Bürgermeisters."

Im Gemeindebüro besorgte Elfriede Epler den kommunalen Schreibkram wie Anwesenheitsliste, An- und Abmeldungen, Essenbestellung und anderes.

"Ich habe die Poststelle verwaltet", kramte Lothar Wonde aus der Erinnerung hervor. "Wir hatten einen Briefkasten, einen richtigen Poststempel, ich verkaufte Briefmarken und erledigte die Abfertigung. Die Postkarten und Briefe gingen natürlich mit der richtigen Post auf Reisen. Das hatte Bürgermeister Alfred Noack alles organisiert."

"Die Frau des Bürgermeisters hieß auch Gertrud mit Vornamen", berichtete Rita Haferkorn nach einem Telefonat mit Gertrud Fabel. "Sie war Köchin in der LPG-Küche und sorgte für unsere Verpflegung. Ich kann mich daran erinnern, dass wir uns viel in und mit der Natur beschäftigt haben. Zum Beispiel bastelten wir mit Zweigen, Blättern, Beeren, Kienäpfeln und Gräsern, machten Geländespiele und, ausgerüstet mit Taschenlampen, Nachtwanderungen. Den Kleineren wurde es manchmal mulmig dabei. Wir Größeren hatten uns um die Kleinen zu kümmern." "Um ihnen die Furcht vor Füchsen und Wildschweinen zu nehmen und den Schabernack größerer Kinder, die nicht zum Lager gehörten, zu vereiteln, schoben wir Größeren Nachtwachen", wusste Lothar Wonde. Manche Kinder, die allzu ängstlichen, seien abends nach Hause gegangen.

"Manchmal", so Rita Haferkorn weiter, "sorgten wir auch selbst für unser Essen, indem wir Pilze und Beeren sammelten. Ich weiß noch, wie uns einmal der Pudding anbrannte und das ganze Lager gestunken hat. Eigentlich sind das doch alles schöne Erinnerungen an glückliche Kindheitstage. Es war ein echter Zusammenhalt, wie es ihn wohl heute nicht mehr gibt."

Kinder führten eigene Theaterstücke auf

"Zu den Abschlussveranstaltungen haben wir unsere Eltern eingeladen. Da führten wir selbst erdachte Theaterstücke auf. Es war eine sehr schöne Sache. Unsere Eltern hatten das Lager aufgebaut; der Bürgermeister hatte viel organisiert, auch, was das Materielle betraf", berichtete Lothar.

Ungefähr vier oder fünf Jahre habe das Lager bestanden. Ganz genau konnte das heute keiner mehr sagen. Jedenfalls sei 1955 Schluss gewesen, hat Rita Haferkorn mit Hilfe von Gertrud Falbel herausgefunden.