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"Urbaner Ballungsraum" entsteht ab Herbst auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Altmark 100 Millionen Euro für eine neue Stadt

Von Thomas Pusch 21.06.2012, 05:22

Mit dem Wegräumen von Munition beginnt im Herbst der Aufbau der Übungsstadt Schnöggersburg auf dem Truppenübungsplatz Altmark. Erstmals soll dort 2015 geübt werden. Das Projekt kostet 100 Millionen Euro.

Stendal/Letzlingen l Mitten in der Einöde entsteht eine neue Stadt. Doch dort wird niemand einziehen. Vielmehr dient die im Bundeswehr-Jargon "Urbaner Ballungsraum" genannte Kulisse auf dem Gelände des Gefechtsübungszentrums Altmark der Vorbereitung auf den Häuser- und Straßenkampf in Kriegs- und Krisengebieten. "Und nur darum geht es", betonte Oberst Dieter-Uwe Sladeczek, amtierender GÜZ-Leiter, "das ist kein Prestigeobjekt, sondern wir wollen Verwundete und Gefallene vermeiden." Und die bestmögliche Ausbildung sei der beste Schutz im Einsatz.

Vor allem auf Einsätze in Afghanistan werden Soldaten im GÜZ vorbereitet. An 246 Tagen im Jahr finden dort 22 Übungsdurchgänge statt. Etwa drei Wochen nach Abschluss der Ausbildung geht es für die Soldaten in den Ernstfall. Und der bedeutet nur allzu oft Kämpfe in Städten. "Bis 2030 werden mehr als 60 Prozent der Weltbevölkerung in Städten wohnen", blickte Sladeczek voraus. Das bedeutet auch, dass realitätsnah internationale Missionen - "von humanität bis friedenserzwingend" - nur in einer solchen Umgebung und nicht auf dem freien Feld geübt werden können.

Schnöggersburg wird die Übungsstadt heißen. "Bis das Gelände 1934 zum Truppenübungsplatz wurde, gab es hier eine Ortschaft dieses Namens mit einer sehr bekannten Ausflugsgaststätte", erklärte Oberstleutnant Peter Makowski die Herkunft. Und auch auf dem Stadtplan gibt es Anlehnungen an die Region. So gibt es den Fluss Eiser nach einer bezeichnung aus einer alten Jagenkarte, den Eiserplatz und den Heidekreisel.

Die Stadt selbst ist allerdings keinem realen Vorbild nachempfunden. "Das ist hier nicht Magdeburg II oder eine Stadt in Afghanistan oder dem Kosovo", erläuterte Makowski. Vielmehr geht es darum, exemplarisch typisch städtische Elemente zu vereinen, vom basarartigen Marktplatz bis zur Einkaufsstraße, von der Fabrikhalle bis zum Hochhaus, selbst eine 800 Meter lange Stadtautobahn wird es geben. Und auch in die Tiefe wurde gedacht. Es wird Keller, eine Kanalisation und auch einen U-Bahn-Tunnel geben.

Schnöggersburg zeigt nicht nur in den geographischen Bezeichnungen regionale Verbundenheit. "Am Freitag wird vom Baumanagement Sachsen-Anhalt ein Vertrag für die Planung unterschrieben", kündigte Frank Wedhorn, Präsident der Abteilung Umwelt, Infrastruktur und Wirtschaft, an. Auftragnehmer ist das Planungsbüro ICL aus Oschersleben.

"Die Übung findet nicht nur virtuell statt, wir meinen es ernst."

Oberst Dieter-Uwe Sladeczek

Nach der Entmunitionierung des Areals wird mit dem Bau der Straßen und der gesamten Infrastruktur begonnen. Zu ihr gehört eine 1500 Meter lange Behelflandebahn für bis zu 20 Starts und Landungen jährlich. Danach folgen die Gebäude. 180 sollen es im Rahmen des ersten Bauabschnittes bis 2017 sein. Schon 2015 könnten erste Übungen stattfinden. Im zweiten Bauabschnitt werden Industriegebiet und landwirtschaftliche Flächen angelegt, in Abschnitt III folgen Hochhaussiedlung und Teile der Neustadt. Im letzten Bauabschnitt wird ein Neubaugebiet entstehen. Für die fertige Stadt, für die rund 100 Millionen investiert werden, sind über 500 Gebäude vorgesehen, bis zu 1500 Übungsteilnehmer können dann auf dem 2,5 mal 2,5 Kilometer großen Gelände ihre Fertigkeiten verbessern.

Dabei wird keine scharfe Munition benutzt, sondern Laserwaffensysteme kommen zum Einsatz. Allerdings wird per GPS die Bewegung jedes einzelnen Soldaten überwacht, und die Häuser werden so präpariert, dass Treffer auch eine gewisse Wirkung haben. "Die Übung findet nicht nur virtuell statt", sagte Oberst Sladeczek, "wir meinen es ernst."