1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Abschied von geliebter Schule naht

Diesdorferin Elisabeth Thom geht am 1. August in den Ruhestand Abschied von geliebter Schule naht

Von Anke Pelczarski 15.07.2011, 06:28

Elisabeth Thom hat 44 Jahre in Diesdor unterrichtet, war davon 20 Jahre Leiterin der Grundschule. Am 1. August geht die 63-Jährige in den Ruhestand. Derzeit kümmert sie sich um den Schulgarten und räumt ihr Büro. Der Abschied rückt näher.

Diesdorf. Kreativ und ehrgeizig, hartnäckig, emotional, manchmal auch stur: Darin sieht Elisabeth Thom ihre Stärken. "Und ich kann nicht über meinen eigenen Schatten springen", gesteht sie. Die 63-Jährige, die aus dem thüringischen Eichsfeld stammt, nimmt langsam Abschied von ihrer Schule.

"Wie alle kleinen Kinder meiner Generation habe ich gern Schule gespielt. Wir haben sogar ein eigenes Klassenbuch angefertigt", erinnert sie sich. Als sie in die siebente Klasse ging, habe ein Pädagoge zu ihr gesagt, dass sie unbedingt Lehrerin werden müsse. Dessen Frau habe sich stark dafür gemacht, dass Elisabeth Thom den Weg schafft. "Meine Mutter war eine sehr religiöse Frau. Sie wollte nicht, dass ich Lehrerin werde", verrät die Wahl-Altmärkerin, die nach dem dreijährigen Lehrerstudium in Nordhausen als Absolventin durch viele Zufälle nach Diesdorf kam. "Mit einer Mitstudentin, die eigentlich in den damaligen Bezirk Magdeburg sollte, aber im Bezirk Erfurt bleiben wollte, habe ich getauscht", berichtet sie. Als die Kreise vergeben wurden, konnte sie nicht da sein: Sie nahm Abschied von ihrer Oma. "So bin ich im nördlichsten Kreis im Bezirk Magdeburg gelandet, im Februar 1967", schildert Elisabeth Thom. Eine aus Bornsen stammende Mitstudentin und andere aus Haldensleben hätten ihr versichert, dass "Diesdorf ein schönes Dorf" sei. "Hier habe ich mich schnell eingelebt, weil die Mentalität der Altmärker der meiner Heimat entspricht", sagt die Schulleiterin und fügt hinzu: "Hier fühle ich mich zu Hause."

16 Jahre habe sie in der Grundschule unterrichtet, dann 10 Jahre den Fünft- und Sechstklässlern mehr Deutschwissen vermittelt und mit diesen gezeichnet. Fürs Zeichnen habe sie ein besonderes Gespür, weil sie aus einer künstlerischen Familie stamme.

Die Wende sei für die Lehrer sehr belastend gewesen. Denn die Frage stand im Raum, wie es weitergehe. "Auf den Rat anderer Leute hin habe ich mich als Schulleiterin für die Grundschule Diesdorf beworben - und bin genommen worden", blickt Elisabeth Thom zurück. Die Erst- bis Viertklässler seien 1990 in die ehemalige Kaserne an der Molmker Straße eingezogen. Im September 1991 habe sie kommissarisch das Schulleiter-Amt übertragen bekommen. Ein Jahr später sei sie im Amt bestätigt worden. Die Diesdorferin hat als Motor die Idee für das musisch-literarische Profil der Schule gehabt. "Dies umzusetzen funktioniert aber nur, wenn man seine Gedanken so rüberbringt, dass der Funke zündet", erklärt sie und bedankt sich bei ihrem Kollegium für die Unterstützung. Durchschnittlich 120 Schüler pro Jahr hätten an der Grundschule mehr als nur das Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt.

Besonders in Erinnerung ist ihr Jonathan geblieben, ein behinderter Junge, der in Diesdorf integrativ beschult wurde. "Er hatte ein Gespür für Menschen, die es gut mit ihm meinen." Die Förderung ging über den Unterricht hinaus. "Mein Mann und ich haben ihn spontan in diesem Jahr zu Ostern besucht. Das war eine riesige Freude auf beiden Seiten", bekennt die scheidende Schulleiterin, die das Bild des Jungen, der heute um die 20 ist, mit nach Hause nimmt.

Das Schönste in den 44 Jahren sei der Gewinn des Umweltpreises 2011 der Stiftung Umwelt, Natur und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt gewesen. Denn auch das Anlegen von Ökowiese, Kräuterspirale, Streuobstwiese und Schulgarten im ehemaligen Militärobjekt geht mit auf ihre Initiative zurück.

Und dann die einfühlsame Verabschiedung. "Ich wollte keinen großen Bahnhof, habe im Vorjahr selbst entschieden, dass ich jetzt aufhören möchte", sagt Elisabeth Thom. Lehrerin Gisela Behrens habe auf den beruflichen Werdegang zurückgeblickt. Die Erstklässler überraschten mit Rosengedicht und Holländertanz, die Zweitklässler mit ihrem Lieblingslied, Mette Johansen aus der Dritten mit einem plattdeutschen Gedicht, Lara Benoud (ebenfalls dritte Klasse) mit einem Ständchen auf der Geige. Die Viertklässler zeigten ihr Linedance-Können. Stationen des Lebens wurden mittels Foto-Präsentation aufgefrischt. Und es gab auch Geschenke: von jedem Kind eine Nelke, von den Mitarbeitern Gartenwerkzeuge aus Kupfer mit einem passenden Buch. "Das war sehr würdig", blickt sie zurück und ist immer noch gerührt. Denn das habe sie nicht erwartet. Doch auch die Schulleiterin war vorbereitet: Sie hatte für jedes Kind einen Muffin gebacken. Und sie schenkte der Schule einen Baum: Eine Sommerlinde soll im Herbst gepflanzt werden. "Sie hat besonders große Blätter. Denn ich wollte meiner Schule etwas Bleibendes hinterlassen", erzählt die 63-Jährige.

Sie hofft, weiterhin gesund zu bleiben, und freut sich auf Reisen mit ihrem Mann Herbert. Dann, wenn die neuen Erstklässler eingeschult werden, möchte sie sich Bautzen, Görlitz und Zittau anschauen. Aber auch ein Urlaub auf der Insel Madeira ist für dieses Jahr noch geplant. "Und wir werden sicher öfter nach Starnberg (Oberbayern) fahren, zu unserer Tochter Ilka", blickt Elisabeth Thom voraus.

Weiterhin aktiv sein möchte sie im Förderverein Alte Darre. Sie freut sich, dass es endlich vorwärts geht. "Das Haus muss leben", beschreibt sie.

Die Diesdorferin wünscht sich, dass die Schüler weiterhin gern in der Dr.-Georg-Schulze-Grundschule lernen. Dafür tragen ab dem neuen Schuljahr Falko Pabst als kommissarischer Schulleiter und Bärbel Buhr als leitende Lehrkraft die Verantwortung.