Altmarkkreis Masken-Atteste nur in Ausnahmefällen
Warum altmärkische Hausärzte nur wenigen Patienten Bescheinigungen ausstellen.
Altmarkkreis l Der Mund-Nasen-Schutz gehört für die meisten inzwischen zur Bekleidung wie Jacke oder Mütze. Allerdings gibt es Ausnahmen: wenn jemand ein Attest vorweisen kann. Doch unter welchen Voraussetzungen stellen Ärzte in der Altmark eine solche Bescheinigung überhaupt aus?
In Oebisfelde hat es bereits Ärger gegeben. Dort hatte ein Ratsmitglied an einer Sitzung teilgenommen, ohne eine Maske zu tragen und stattdessen ein Attest vorgelegt. Damit waren nicht alle der Anwesenden einverstanden und befürchteten ein höheres Infektionsrisiko. Auch in Salzwedel musste Bürgermeisterin Sabine Blümel schon mal Ratsmitglieder auf die Maskenpflicht hinweisen.
Doch wie sehen eigentlich die Hausärzte das Thema? Stellen sie Atteste aus und wenn ja, bei welchen Symptomen? Und wie sollte sich derjenige, der vom Tragen des Schutzes entbunden ist, in der Öffentlichkeit verhalten? Die Volksstimme fragte nach und bekam dabei interessante Antworten.
„Anfangs der zumindest teilweisen Maskenpflicht zum Beispiel in Supermärkten war unsere Praxis vereinzelt mit entsprechenden Attest-Wünschen konfrontiert“, berichtet zum Beispiel Dr. Ilja Karl, Hausarzt in Arendsee. Überwiegend Patienten, die unter Atemwegserkrankungen wie Asthma oder COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) litten, hätten danach gefragt. Aber auch Mitarbeiter des Gastgewerbes, weil eine stundenlange Tätigkeit unter der Maske als nicht machbar angesehen wurde.
Den Patienten mit den Atemwegserkrankungen habe er regelhaft keine Atteste ausgestellt. Denn gerade sie seien einer höheren Gefahr ausgesetzt, einen schweren Covid-Verlauf zu erleiden. Daher sollten diese Patienten entweder Maske tragen oder solche Plätze meiden, an denen sie vorgeschrieben ist.
„Explizite Regeln für solche Atteste gibt es nicht. Letztlich zählen die vom Patienten vorgetragenen Beschwerden“, macht Ilja Karl deutlich.
In der Mehrzahl seien die Patienten aber ohnehin verständig und einsichtig, dass die Maske zu ihrem und zum Schutz anderer beitragen kann. Sei es im Ausnahmefall aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht machbar, eine Maske zu tragen, bleibe letztlich nur die Vermeidung von Orten und Plätzen, an denen diese vorgeschrieben ist, sowie eine konsequente Kontakteinschränkung.
„Die Nachfragen nach einem solchen Attest nehmen Überhand“, hat Mediziner Andreas Brendtner in Gardelegen festgestellt. Die Maske sei hinderlich und erschwere das Atmen, seien zumeist die Gründe, die vorgebracht würden. „Ich bin da aber sehr restriktiv. Ich lehne das ab, wenn es nicht medizinisch begründet ist“, macht er deutlich.
Man kenne ja seine Patienten. Und es gebe nur ein paar wenige, die eine solche Bescheinigung von ihm erhalten hätten, da sie schwere Herzerkrankungen mit einhergehender Luftnot oder schwere Asthmaerkrankungen haben.
Den anderen versuche er zu erklären, dass sie und ihre Gesundheit ja davon profitieren, wenn sie sich mit einer Maske schützen. Sollten sie dennoch auf ein solches Attest bestehen, verweise er sie an das Gesundheitsamt oder an einen Lungenfacharzt, der ihnen nach einer Überprüfung der Lungenfunktion eine Bescheinigung ausstellen könne.
Die Nachfragen kämen übrigens nicht von den ganz Alten. Die trügen stoisch und ohne Murren die ganze Zeit ihre Masken, haben Brendtner und sein Team festgestellt. Es seien eher Patienten im mittleren Alter, so um das Renteneintrittsalter herum, die um ein Attest ersuchen würden.
„Ich halte es nicht für sinnvoll, ein Attest zur Befreiung der Maskenpflicht auszustellen“, meint auch Dr. Ulrike Fechner, Allgemeinmedizinerin in Kalbe. So rate sie beispielsweise Patienten, die unter chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen leiden sowie an Asthma Erkrankten sogar, eine entsprechende medizinische Schutzmaske zu tragen. „Gerade sie brauchen den Schutz.“ Bisher sei es in ihrer Praxis noch nicht vorgekommen, dass Patienten, die gesund sind und denen das Tragen einer Maske nur lästig sei, ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht haben wollten.
„Das mache ich ungern, es geht um den Schutz“, betont auch die Salzwedeler Hausärztin Edita Pociute-Kurlaviciene. Sie habe bereits Befreiungen für das Tragen von medizinischen Schutzmasken ausgestellt. Dabei handele es sich in erster Linie um Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen, die auf Sauerstoffgeräte angewiesen sind. Doch das sei die Ausnahme.
„Ich erkläre den Patienten im Gespräch, dass es um ihre Gesundheit geht“, so die Allgemeinmedizinerin. Erst kürzlich sei sie wieder gebeten worden, eine entsprechende Bescheinigung auszustellen. „Das habe ich aber abgelehnt.“ Denn manchmal fuße der Wunsch nach einer Masken-Befreiung in der Psyche, sagt sie. Dann gebe es statt der Befreiung eine Überweisung zu einem Psychiater. „Dann muss er es entscheiden.“
Die große Nachfrage nach einer Masken-Befreiung sei ohnehin abgeebbt. „Anfangs, zu Beginn des Lockdowns, hatten wir zwei bis vier solcher Anfragen in der Woche.“ Das sei aber nicht mehr der Fall. „Wenn es medizinisch erforderlich ist, stelle ich das aus“, so die Ärztin: „Aber auch nur dann!“ Dafür gebe es übrigens auch einen Leitfaden der Kassenärztlichen Vereinigung.
Der Klötzer Allgemeinmediziner Dr. Alexandru Cucu, der seit kurzem auch Sprecher der Ärzteschaft der Kassenärztlichen Vereinigung für den Raum Klötze und Salzwedel ist, hatte nur in der Anfangszeit der Pandemie Anfragen für einen Attest zur Befreiung der Maskenpflicht. „Es waren überwiegend Menschen mit Atemwegserkrankungenen, unter anderem Asthma. Insgesamt habe ich aber nur sechs Befreiungen ausgeschrieben“, so der Mediziner.
Übrigens: Wer von den Mitarbeitern des Kreis-Ordnungsamtes ohne gültigen Mund-Nasen-Schutz angetroffen wird, muss mit einer plausiblen mündlichen Erklärung, einem Schwerbehindertenausweis oder einer ärztliche Bescheinigung deutlich machen, dass er davon befreit ist, teilt Kreissprecherin Birgit Eurich auf Anfrage mit. Das werde meist auch vom Personal in den Supermärkten und in vielen anderen Bereichen so gehalten.