Glücksspiel Altmarkkreis Salzwedel: Einmal Multimillionär und zurück

Altmarkkreis
Klaus F. Schmidt sitzt an seinem Schreibtisch, selbstgebaut aus alten Schranktüren. Eine kleine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Altmarkkreis ist heute sein Reich. Einen Fernseher hat er nicht. Dafür ein kleines Auto vor der Tür. Aber viel wichtiger: sein Computer. Denn dieser weiß aus vergangener Zeit in seinem Leben zu erzählen. Von großem Reichtum, von Luxus. Von einer eigenen Firma mit 70 Mitarbeitern. Aber auch von Verlust, von Spielsucht. Klaus F. Schmidt war Multimillionär – bis er am Roulettetisch alles verspielte.
Wer Klaus F. Schmidt besucht, muss ins Hinterland der Altmark. Rund 20 Kilometer von der Kreisstadt Salzwedel entfernt, in einem Dorf lebt der 71-Jährige. Der Weg zu seiner Bleibe führt über ein staubiges Treppenhaus mit Spinnweben. Treppengeländer, Lichtschalter: alles noch DDR-Charme. Der Wohnungsinhaber stammt allerdings nicht aus dem Osten. Der in Bremerhaven aufgewachsene Mann machte in Niedersachsen das ganz große Geld.
„So sah die Firma aus, als ich eingestiegen bin und so, als ich weg war“, sagt er und zeigt zwei Fotos auf seinem Computer. Links ein kleiner beschaulicher Betrieb, rechts ein moderner Unternehmenssitz. Es ist die Entwicklung einer Delmenhorster Firma, mit der Klaus F. Schmidt einst reich wurde. Mit einem Geschäftspartner vertrieb der heute 71-Jährige vor gut 30 Jahren erstmals den Wasser-Sprudler Sodastream in Deutschland.
Die ersten in Deutschland
Es war Anfang der 1990er, als sein damaliger Geschäftspartner die Vertriebsrechte der Sprudelmaschine für den heimischen Markt bekommen habe, erzählt Schmidt. „Wir waren 1993 die ersten in Deutschland.“ Doch wissen wollte zunächst niemand etwas von dem Wasser-Sprudler, weder ein großes deutsches Versandhaus noch Discounter oder eine bekannte Warenhandelsgesellschaft. „Wenn wir davon 100.000 Stück verkaufen, dürfen wir uns melden“, sei ihnen damals gesagt worden.
Doch melden sollten sich später die Versandhäuser selbst bei den Delmenhorstern, denn die Geräte wurden zum Selbstläufer und die Geschäftsleute reich. 1994 habe das Unternehmen bereits fast vier Millionen Mark gemacht. Und es wurden immer mehr. „1995 waren es 14 Millionen, ein Jahr später 28 Millionen und 1997 fast 67 Millionen Mark.“ Der 71-Jährige hat die Zahlen alle noch im Kopf.
Klaus F. Schmidt wurde zum Multimillionär. „Ich hatte ab 1996 50 Prozent der Firmenanteile.“ Seinerzeit hatte das Unternehmen 70 Mitarbeiter, um der Nachfrage gerecht zu werden. Und um diese bei Laune zu halten, griff Schmidt tief in die Tasche. „Für einen Betriebsausflug in Holland haben wir acht Yachten gechartert.“ Oder es wurde kurzerhand eine ganze Ranch angemietet, mit Bespaßung und allem Tamtam. „Wir haben in Saus und Braus gelebt.“ 70.000 Mark habe so ein Ausflug gekostet. Das Finanzamt wollte die Betriebsausflüge zwar nicht als Betriebskosten akzeptieren. Egal, „dann zahlten wir das halt so“. Man konnte es sich leisten.
Sportwagen und eigene Yacht
Auch er selbst konnte sich was leisten. Ein Haus am Wasser in den Niederlanden, eines in Luxemburg. Dazu einen Sportwagen und eine eigene Yacht. Was er wollte, kaufte er sich. Doch auf dem Höhepunkt seiner Karriere sollte sich sein Leben radikal ändern. „Ich konnte den Stress nicht mehr ab.“ Der heute 71-Jährige stieg aus. Seine Firmenanteile habe er verkauft. Sein Partner bot ihm fünf Millionen Mark. „Ich sagte ja.“ Dass das eigentlich zu wenig war, wisse er. Aber auch wenn es zehn gewesen wären, geändert hätte es an seinem Niedergang nichts, sagt er.
Eigentlich wollte er damals mit seinem Sportwagen nur seinen Sohn besuchen. „Auf halber Strecke habe ich eine Pause eingelegt.“ Nur kurz was essen. Dabei habe er eine Tür beobachtet. „Die Leute gingen fröhlich rein und wütend raus.“ Schmidts Neugier trieb ihn rein: Es war ein Casino.
In einer Stunde 100.000 Mark verprasst
In einer Stunde habe er 10.000 Mark verprasst. „Am nächsten Tag wollte ich die wiederholen.“ An dem Abend verspielte er 30.000 Mark. „Da wurde ich noch wütender.“ Am Folgetag waren es 100.000 Mark. Und fortan bestimmte das Spiel Klaus F. Schmidt und nicht er das Spiel. „Nach zwei Jahren waren die fünf Millionen Mark weg“, die Häuser verkauft, der Sportwagen, das Boot. Im Ergebnis hatte Klaus F. Schmidt nicht mal mehr eine Bleibe, kam bei Freunden auf dem Sofa unter.
Seine Geschichte erzählte der 71-Jährige schon oft, schrieb sie in einem Buch nieder. Auch als Erzähler war er gefragt. Ob bei Marcus Lanz oder Johannes B. Kerner. Auf seinem Computer ist das alles archiviert.
Mitleid brauche er nicht, auch so viel Geld nicht mehr. „Nur meine Ruhe.“ Und die scheint er in der Altmark gefunden zu haben.