Arbeiten statt Sommerferien Aus dem Kriegsgebiet nach Salzwedel: Wie ein junger Syrer seinem Traum näher kommt
Koch: Das ist der Traumberuf von Mohammad Beirakdar. Um die deutsche Küche kennenzulernen, absolviert der 15-Jährige derzeit ein Praktikum in der Mehrgenerationen-Küche von Regina Holz in Salzwedel. Der Weg dorthin war für den jungen Syrer kein leichter. Mit seiner Familie floh er zuvor vor dem Krieg in Damaskus.

Salzwedel - Was für andere Pinsel und Leinwand, sind für Mohammad Beirakdar Kelle und Topf. Kochen ist für den Jugendlichen Kunst. Sobald der 15-Jährige über seine Kunst spricht, leuchten seine Augen. „Wenn ich koche, kann ich besonderes machen, Dinge ausprobieren.“ Ausprobieren will der Schüler nun einen neuen kulinarischen Weg – die deutsche Küche. Und mit Regina Holz, der Köchin im Mehrgenerationenhaus (MGH), hat er gewissermaßen seine Meisterin gefunden.
Angefangen habe alles mit dem 9. Lebensjahr, beginnt er zu erzählen. Seinerzeit noch in Syrien, habe er seine Mutter regelmäßig in der Küche unterstützt. Erst nur etwas schnippeln, später habe er selbst für seine Eltern und Geschwister gekocht. Aus der Notwendigkeit wurde eine Leidenschaft. Seit jeher steht für den heute 15-Jährigen fest: „Ich möchte Koch werden!“ In der Küche des MGH an der Sonnenstraße hat er nun Gelegenheit, einen ersten Fuß in die deutsche Gastronomie zu bekommen.
Er sieht die Arbeit und packt an.
Helmut Markewitz, Küchenhelfer
„Das ist bewundernswert“, sagt Regina Holz. Während die meisten deutschen Jugendlichen während ihrer Ferien mit Freunden ihre Freizeit verbringen würden, habe sich Mohammad einen Ferienjob gesucht, schwärmt sie: „Das ist heute nicht mehr normal.“ Auch ihr Küchenhelfer Helmut Markewitz ist begeistert vom Engagement des Jugendlichen: „Er sieht die Arbeit und packt an.“
Derzeit, in seinen ersten Tagen als Praktikant in der Küche, müsse er erstmal Kartoffeln schälen, erzählt Regina Holz: „Damit fängt es an.“ Weiterhin die Gäste begrüßen und bedienen, Getränke ausschenken und wenn der Mittagstisch durch ist, die Küche säubern. Gewissermaßen die Basis kennenlernen. „Ich bin wirklich positiv überrascht“, erzählt Regina Holz weiter. So einen hilfsbereiten und freundlichen Praktikanten habe sie lange nicht mehr gehabt.
Mohammad Breirakdar sei glücklich, dass er die Gelegenheit bekommen habe, sagt er. Endlich lerne er neben der arabischen auch die deutsche Küche kennen. An diesem Tag sind es Bratkartoffeln mit Matjes. „Gebratene Kartoffeln mit Fisch, das kenne ich so nicht.“ Die arabische Küche sei von anderen Lebensmitteln und Gewürzen geprägt. Daher sei jeder Tag, jedes deutsche Gericht ein weiterer Schritt, seine Kunst zu verbessern.
Anfangs hatte ich etwas Angst.
Mohammad Breirakdar, Schüler
Der Weg bisher war für den 15-Jährigen kein leichter. „Vor vier Jahren sind wir aus Syrien nach Deutschland gekommen“, sagt er. Der Krieg habe sie zur Flucht gezwungen. Das Elternhaus in Damaskus von Bomben zerstört, zwei Familienmitglieder im Krieg verloren und zwei weitere würden noch heute seelisch und körperlich unter den Folgen leiden. Doch diese schlimme Zeit habe er hinter sich gelassen, Salzwedel zu seiner Heimat erkoren. „Wenn meine Eltern in Salzwedel bleiben, was ich glaube, werde auch ich bleiben und möchte in der Stadt eine Ausbildung zum Koch machen.“ Und eben deshalb sei das Praktikum im MGH so wichtig für ihn. „Anfangs hatte ich etwas Angst“, gesteht er. Der 15-Jährige habe gefürchtet, die Gäste würden aufgrund seiner Nationalität nicht mit ihm sprechen wollen. Diese Befürchtung habe sich aber nicht bewahrheitet. „Alle sind so nett zu mir.“ Deshalb wolle er, wenn es möglich ist, sein Praktikum in den Sommerferien so gar noch verlängern. „Kein Problem“, so Holz: „Wir haben dich gern hier.“

Und das der Schüler selbst schon gut kochen kann, will er bald beweisen. Nach seiner Einarbeitungszeit bekommt er die Gelegenheit, den Gästen die arabische Küche nährzubringen. Während Regina Holz für jene, die es möchten, als Alternative ein deutsches Gericht anbietet, will Mohammad mit landestypischen Speisen Punkten. „Dann ist für jeden etwas dabei“, so Helmut Markewitz. Einen ersten Vorgeschmack hatte der 15-Jährige bereits mit einem selbstgemachten Dipp geliefert. Die Mittagsgäste, die probierten, waren begeistert.
Im Telefongespräch vor dem Treffen hatte die erfahrende Köchin bereits signalisiert, dem 15-Jährigen, wenn er seine Schule in Salzwedel beendet hat, bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz in der Hansestadt zu unterstützen.
„Wir kennen uns doch alle hier“, sagte sie mit Blick auf ihre Kollegen in der örtlichen Gastronomie. „Da werden wir schon einen Platz für einen so fleißigen jungen Mann finden.“