Coronavirus Die Helfer aus der Nachbarschaft
Eine Gruppe von mehr als 350 Personen hilft während der Corona-Pandemie den Salzwedelern.
Salzwedel l Eigentlich müsste Marius Habenicht in Berlin sein und seine Partei unterstützen – eigentlich. Doch der Salzwedeler ist in seiner Heimatstadt auf Einkaufstour. Nicht für sich, sondern für die Nachbarschaft. Milch, Gemüse, Obst und Getränke stehen auf der Einkaufsliste. Bekommen wird die Ware eine betagte Frau aus Salzwedel, die aufgrund der Corona-Pandemie ihre Wohnung nicht verlassen soll. Es ist ein beispielloser Dienst an der Gesellschaft.
„Ich wurde vorige Woche ins Homeoffice geschickt“, beginnt der 23-Jährige zu erzählen. Als er dann davon erfuhr, dass Senioren und andere Risikogruppen aufgrund der Pandemie ihre Häuser nicht verlassen sollen, kam ihm die Idee: „Da muss ich was tun.“ Gesagt, getan: Habenicht formulierte ein Hilfsangebot für Betroffene auf Facebook. Parallel dazu hatte der Salzwedeler Raik Ohlmeyer (38) die gleiche Idee und schuf mit der Facebook-Gruppe Solidarisches Salzwedel eine Austauschplattform für Hilfswillige: Es war die Geburtsstunde einer ehrenamtlichen Nachbarschaftshilfe in Salzwedel mit den beiden Jeetzestädtern.
„Wir gehen für betroffene Nachbarn einkaufen, führen den Hund aus, holen Medikamente oder fahren auch jemanden zum Arzt“ listet der 23-Jährige das Angebot der Hilfsgemeinschaft auf. Er selbst war schon für mehrere betagte Damen im Stadtgebiet unterwegs, um das Nötigste zu organisieren. Ein kurzer Anruf dafür bei dem Salzwedeler genügt. „Im Briefkasten liegen dann ein Umschlag mit einer Einkaufsliste und Bargeld“, erklärt Marius Habenicht zur Vorgehensweise. Dann erledigt er den Einkauf und stellt diesen nur noch vor die Haustür.
„Unser Angebot kostet nichts“, versichert der Salzwedeler. Auch nicht bei Versorgungsfahrten. „Da wir in einem Umkreis von 20 bis 30 Kilometern agieren, wäre natürlich ein kleines Trinkgeld nicht verkehrt“, sagt er. Schließlich entstehen den Fahrern Benzinkosten. Trotzdem: Wenn es drauf ankommt, wird es kostenlos erledigt. Niemand müsse sich vor Kosten fürchten.
Und auch wenn die Gruppe erst seit rund einer Woche existiert, haben sich bereits mehr als 350 Menschen aus der Region vernetzt. „Damit auch Menschen ohne Facebook die Gruppe erreichen, hat Jens Steinführer eine Homepage eingerichtet“, freut sich Marius Habenicht: „Dort kann man ein Kontaktformular ausfüllen.“ Neben den persönlichen Daten wird der Standort angegeben und welche Hilfeleistung geboten oder benötigt wird, erklärt der 23-Jährige weiter.
Die Hilfeleistung selbst funktioniert auch bundeslandübergreifend. „Wir haben jemanden, der beruflich nach Wolfsburg fährt.“ Der wiederum könne auf seinem Arbeitsweg etwas besorgen. Gleiches sei in Richtung Lüchow möglich. Vieles sei denkbar. „Wir haben mittlerweile ein kleines Netzwerk aufgebaut.“ Auch wie der Tafel geholfen werden kann, wird in der Gruppe thematisiert.
Um mehr Altmärker über das Angebot zu informieren, sollen künftig Flyer ausgelegt werden. „Da haben wir die Arztpraxen im Blick.“ Wenn Mediziner diese bei sich auslegen möchten, brauchen sie nicht mehr zu tun, als Marius Habenicht anzurufen oder eine E-Mail zu schreiben. „Noch können wir handeln. Wenn bei uns eine Ausgangssperre kommen sollte, sind uns die Hände gebunden.“ Doch daran denke er zur Zeit nicht. „Wir helfen dort, wo Hilfe gebraucht wird.“
Marius Habenicht ist unter 0151/42 409 538 erreichbar, Raik Ohlmeyer über E-Mail raiksaw@freenet.de