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Andrang in Pretzier: Experten schätzen Sammlung "Eine gestempelte Marke flüstert, ein Brief erzählt"

Von Heike Liensdorf 06.03.2012, 05:27

Volker Dreyer hatte am Sonnabend viel zu tun. Das Wissen des Fachmannes in Sachen Briefmarken war in Pretzier gefragt. Jedermann konnte seine Sammlung schätzen lassen. Organisiert hatten das die Jungen Briefmarkenfreunde.

Pretzier l Volker Dreyer blättert und blättert und blättert. Pe- tra Beier reicht ihm das nächste Album. Wieder blättert der Bad Bevensener Seite für Seite durch. Und die Salzwedelerin ahnt, dass ihre Sammlung wohl keine wertvolle Briefmarke enthält. Sie zeigt auf einen sogenannten Block mit dem Konterfei von Wilhelm Pieck. Doch Dreyer schüttelt den Kopf und zeigt ihr im Katalog: 1,80 Euro würde sie dafür bekommen. Keine Rarität also. "Alles schöne Marken, sauber geordnet", lobt Dreyer, muss aber im gleichen Atemzug einräumen: "Aber leider nichts wert." Petra Beier nimmt es mit Fassung. "Ich habe es auch nicht anders erwartet", sagt sie. Doch ihre Tochter Michaela Beier-Lemke sei optimistisch gewesen: "Hol die Alben raus, Mama, vielleicht haben wir einen Schatz im Keller."

Mit nur einem, dafür aber sehr stattlichen Album wartet bereits Detlef Thormann aus Arendsee. Sein Vater Gerhard hatte dieses 1948 aus der Gefangenschaft in Frankreich mitgebracht. Beim Laien würde das Album bewundernde Blicke hervorrufen. Anders beim Experten. Volker Dreyer blättert auch hier wieder Seite für Seite um, hält nur ab und zu inne. Wertvolle Marken dürfen keine Knicke, keine Stockflecken, keine Fehler haben, zudem einen sauberen und lesbaren Stempel. Und die Marke muss selten zu haben sein. Thormanns fahren am Ende mit zwei Sammlerstücken weniger nach Hause. Fred Reuschel aus Magdeburg kauft ihnen zwei DDR-Gedenkblätter ab.

"Die Alben sollten bei einer Temperatur von 18 bis 23 Grad Celsius lagern und regelmäßig gelüftet werden. Nur so schützt man sie vor Stockflecken. Sind die einmal in der Sammlung, ist diese nicht mehr zu retten", erzählt Dirk Schulz vom Verein zur Förderung der Philatelie und Postgeschichte aus Magdeburg. Auch er ist in Pretzier, um sein Wissen an Interessenten weiterzugeben und vor allem Kinder und Jugendliche für das Hobby zu begeistern.

Und so erklärt Schulz die Philosophie des Briefmarkensammelns: "Eine postfrische Marke ist stumm. Eine gestempelte Marke flüstert. Und ein Brief erzählt eine Geschichte." Deshalb gehe man dem Hobby in höchster Qualität nach, wenn man Briefe sammele, erklärt Dirk Schulz. Er selbst ist mit einigen Alben nach Pretzier gereist, in denen natürlich auch Briefe sind. Eine Rarität ist ein Brief an die Polizeistation Dermbach/Rhön, abgestempelt am 2. Januar 1946. "Er ist aus zwei Gründen besonders: Zum einen ist die Marke geschnitten und nicht gezahnt, da ist die Maschine dafür wohl ausgefallen. Zum anderen hat er eine seltene Portostufe", erklärt der Experte aus Magdeburger, der auch im Bund der philatelistischen Prüfer ist.

Es gibt bereits einen nächsten Termin für das kostenlose Schätzenlassen von Experten: Am 7. Juli sind Leute, die wissen wollen, ob sie wertvolle Marken in ihrer Sammlung haben, von 13 bis 16 Uhr im Raum 26 der Grundschule Pretzier willkommen.