Nach Verfolgungsjagd Ex-Reichsbürger erhält Haftstrafe
Ein 27-Jähriger aus dem Raum Arendsee ist vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung verurteilt worden.
Arendsee/Stendal l Das Landgericht in Stendal hat am Dienstag als zweite Instanz einen gerichtsbekannten Mann aus einem Ortsteil von Arendsee wegen vielfachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu zwei Parallelstrafen verurteilt. Im Ergebnis seiner Berufung gegen ein Urteil des Salzwedeler Amtsgerichts vom 23. August vorigen Jahres muss der 27-Jährige, der der sogenannten Reichsbürgerszene als zugehörig galt, für ein Jahr ins Gefängnis.
Zugleich bildete das Landgericht aus einem vorhergehenden Amtsgerichtsurteil vom 12. Januar 2016 mit ähnlichen Sachverhalten eine 15-monatige parallele Freiheitsstrafe. Diese zweite Haftstrafe setzte das Landgericht unter strengen Auflagen für vier Jahre zur Bewährung aus.
Zur Haupttat: Nachdem der 27-Jährige schon wiederholt beim Fahren ohne Fahrerlaubnis erwischt worden war, hatte er sich am 16. März vorigen Jahres eine filmreife Verfolgungsjagd mit mehreren Streifenwagen der Polizei geliefert. Dabei brachte er zudem Polizeibeamte in arge Bedrängnis, sodass sie um Leib und Leben fürchten mussten. Laut Anklage befuhr er am Tattag im Besitz einer für Deutsche ungültigen tschechischen Fahrerlaubnis von seinem Wohnort aus die B 190 in Richtung Arend- see. Zwei Polizeibeamten in einem Streifenwagen fiel der Wagen auf. Aus früheren Ermittlungen wussten sie, dass der Angeklagte keine Fahrerlaubnis hat und „hängten“ sich deshalb an den VW Golf, der in Richtung Kläden fuhr.
Der Fahrer floh mit überhöhter Geschwindigkeit und ließ sich auch von Blaulicht, Martinshorn und LED-Anzeige mit der Aufforderung zum sofortigen Halt nicht aufhalten. Mehrfach bremste er den Polizeiwagen sogar aus. Schließlich gelang es den Beamten mit Verstärkung, den Flüchtigen mit seinem Wagen anzuhalten und einzukeilen. Als die Polizisten ihn zum Aussteigen aufforderten, verriegelte er seinen Wagen von innen.
Plötzlich fuhr er mit quietschenden Reifen aus der Lücke heraus und gefährdete dabei zwei Beamte, von denen sich laut Anklage einer nur durch einen beherzten Sprung zur Seite retten konnte. Schließlich konnte er doch noch gestellt und dingfest gemacht werden. Drei Prozess-tage hatte der Vorsitzende der Berufungskammer am Landgericht, Richter Gundolf Rüge, für den Prozess angesetzt.
Am Dienstag sollten allein neun Polizisten als Zeugen angehört werden. Doch dazu kam es nicht, weil der Angeklagte seine Berufung auf das Strafmaß beschränkte und damit die Taten selbst feststehen.
Wie aus Ermittlerkreisen bekannt geworden war, sollte der Angeklagte der sogenannten Reichsbürgerszene zugehörig sein. Der 27-Jährige wurde aus der JVA Burg, in der er zurzeit eine weitere rechtskräftige Strafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verbüßt, vorgeführt und in den Gerichtssaal gebracht.
Er zeigte sich entgegen den Erwartungen einsichtig und distanzierte sich ausdrücklich von der Reichsbürgerbewegung. Ein zusätzlicher Justizwachtmeister, den Richter Rüge aus Sicherheitsgründen vorsorglich angefordert hatte, konnte den Sitzungssaal daher wieder verlassen.
Laut Urteilsbegründung sei Bewährung bezüglich der 15-monatigen Haftstrafe in Betracht gekommen, weil die Sozialprognose nach Verbüßen der einjährigen Haftstrafe „deutlich günstiger ist, da der Angeklagte bereits eine Arbeit nach dem Vollzug in Aussicht hat, sich von den Reichsbürgern losgesagt hat sowie verstanden hat, dass man als Inländer nicht mit tschechischen Führerscheinen rumfahren darf – und er als Erstverbüßer von der Haft deutlich beeindruckt ist“.