Kultur „Feder frei“ für zwölf Dichter aus Sachsen-Anhalt
Warum eine Schreibwerkstatt, die in Schrampe ihren Anfang nahm, inzwischen erwachsen geworden ist und was die Autoren am Treffen im Luftkurort schätzen.
Arendsee. - „Feder frei!“, hieß es kürzlich auf dem Hasenberg des Kinder- und Jugenderholungszentrums (KiEZ) in Arendsee. Zwölf Autoren nutzten die Schreibwerkstatt des Friedrich-Bödecker-Kreises Sachsen-Anhalt.
Seinen Anfang nahm die Geschichte der Veranstaltungsreihe vor 32 Jahren mit Erich-Günther Sasse im Jahr 1993 in Schrampe. Mal traf man sich in Güntersberge, mal auf dem Schloss in Calberwisch. Am längsten ist Holm Meyer aus Magdeburg dabei, Jahrgang 1962. Aber auch der Vorsitzende des Friedrich-Bödecker-Kreises, Torsten Olle, kann auf viele Jahre zurückblicken und sagt heute: „Die Schreibwerkstatt ist erwachsen geworden.“ Jedes Jahr fordert er „unfassbar gute Texte, über die man richtig streiten kann und die einen Neues über das Leben erkennen lassen“.
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Diesmal lud er als oberste Scharfrichterin die Autorin Simone Trieder ein, die die Altmark als Dichterhochburg schon 1999 zu den 1. Osterburger Literaturtagen erlebt hat, als sie dort selbst eine Lesung hatte. Die Erfahrung teilt Thilo Schwichtenberg aus Aken, der bis heute regelmäßig mit Schullesungen in Osterburg vertreten ist. Er kann aber auch anders - für Erwachsene. Mit seiner Geschichte über einen „Wetterumschwung“ im Harz wollte er seine Zuhörer das Fürchten lehren. Auf jeden Fall regte er zu reichlich Diskussion an. Waren da etwa Werwölfe im Spiel?
Für ihn bedeutet das Wochenende in Arendsee „nach Hause kommen und Kraft tanken“. Schon wenn er den Jungsbungalow auf dem Hasenberg bezieht, fährt er runter. Am See abzuschalten, das gelingt auch Sabine Raczkowski. „Es ist wie ein Klassentreffen“, schwärmt die Magdeburgerin, die noch verwandtschaftliche Bande in Königsmark hat. Mona Zwinzscher wiederum stammt aus Werben und arbeitet mittlerweile als Gebärden-Dolmetscherin in Berlin. Sie liebt den konstruktiven Austausch über Texte hier besonders und ist sonst selten in der Altmark. Gemeinsam mit der Lektorin Constanze Wirsing war sie mit dem Zug angereist und radelte von Seehausen nach Arendsee, um zur Schreibwerkstatt zu kommen.
Rita Grohs ist in Uchtenhagen bei Walsleben zu Hause und eröffnete den Reigen mit einem Text über ihre Zeit in der „Geschlossenen“ in den Anfangsjahren ihrer Arbeit als Psychologin. „Ein Schritt nach draußen“ bedeutete für sie, nicht nur über Menschen zu schreiben, die wegen ihrer Einschränkung zu DDR-Zeiten nicht am Draußen-Leben teilnehmen durften. Es bedeutete für sie auch, sich an Mutter und Vater zu erinnern und loszulassen. Walnussbaum und Plumpsklo. Die Tauben, die der Vater auf der Kaninchenausstellung gewonnen hatte.
Michael Frank, ursprünglich aus Eichsfeld und heute Magdeburger, hatte ebenfalls den Abschied von seinem Vater in eine Geschichte eingebettet – „Rennen des Lebens“. Würde er noch rechtzeitig im Krankenhaus ankommen, um seiner Mutter zu sagen, dass ihr Mann gestorben ist?
Natürlich wurde bei dem Treffen auch viel gelacht, über das Leben und die Liebe erzählt, über Bücher diskutiert und von den Plänen für dieses Jahr berichtet. Torsten Olle verriet, dass er sich schon jetzt darauf freut, im Herbst wieder bei den Literaturtagen in Osterburg mit einem Auftritt dabei zu sein. Dieses Mal sind es Landesliteraturtage. Der 59-Jährige ist eben nicht nur Schulleiter und Vorsitzender des Friedrich-Bödecker-Kreises, der zu der Schreibwerkstatt einlud, sondern seit 40 Jahren Autor. Deshalb hieß es für ihn wie für alle anderen zum Abschluss der Werkstatt noch einmal: Feder frei!