Geschichte In Arendsee soll Gustav Nagels Tempel neu entstehen
2024 jährt sich der Geburtstag von Gustav Nagel (1874 bis 1952) zum 150. Mal. Bis dahin könnte der Seetempel des Wanderpredigers wieder entstehen.
Arendsee - Der Gustav-Nagel-Förderverein möchte das Areal am Arendsee besser vermarkten und dabei hiesige Vereine mit ins Boot holen. Ein wichtiger Baustein dabei ist der Aufbau des alten Seetempels, von dem nur noch einige Fragmente wie die Treppe vorhanden sind. Unterstützung gibt es von der Europäischen Union. Sie fördert eine Machbarkeitsstudie mit 17 000 Euro, der Verein bringt 2000 Euro auf.
Letztendlich soll die Frage beantwortet werden, wie sich für das einstige Grundstück des Naturapostels, seinen Garten Eden, mehr Interesse bei Besuchern wecken lässt. Dies machte Vorstandsmitglied Antje Pochte bei einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Juli 2020 deutlich. Die Volksstimme fragte bei der Arendseerin nach, wie der aktuelle Stand ist. Ergebnis: Es werde weiter an der Machbarkeitsstudie gearbeitet.
Gemeinsam Ideen entwickeln
Antje Pochte unterstrich, ein Workshop sei unverzichtbar. Bei diesem können sich Interessenten über die Zukunft des Nagelareals austauschen. Dann wird geschaut, ob und wie sich die Ideen umsetzen lassen. Doch aufgrund der Corona-Einschränkungen konnte bislang kein Termin gefunden werden. Das Grundstück besteht derzeit aus einigen originalen Teilen, die der Wanderprediger einst selbst geschaffen hatte. Dazu gehören Bauteile am Seemannsgrab genauso wie die Sitzecke.
Hinzu kommen nachgebaute Elemente wie Falussäulen und ein noch nicht fertiges Kassiererhäuschen. Der Zutritt auf das Grundstück ist über eine Holztür ohne Eintritt möglich. Das Areal soll weiter entwickelt werden. Und das Wie könnte auch im Austausch mit anderen Vereinen geklärt werden. Die Ehrenamtlichen haben aber bereits ein Ziel bekannt gegeben, den Wiederaufbau des Seetempels betreffend. Dies soll bis 2024 gelingen, dann jährt sich der Nagels Geburtstag zum 150. Mal. Außerdem wird es die 150. Urlaubersaison sein. Denn die ersten Kurgäste wurden in Arendsee 1874 begrüßt. Damals ahnte noch niemand, dass Gustav Nagel, der in Werben das Licht der Welt erblickte, später durch seine Lebensweise viele Urlauber anlockte.
Visionen Stück für Stück umgesetzt
Auch die ganz eigene Bauweise zog neugierige Blicke auf sich und brachte Eintrittsgelder. Der Seetempel war ein Bestandteil. Heimatforscherin Christine Meyer hat in ihrem Buch „gustaf nagel – Der Provokateur vom Arendsee“ Fakten aufgeführt. So dauerte es zwölf Jahre, bis das Bauwerk fertig war. Es mangelte unter anderem am Geld. Gustav Nagel musste auch einige Vorstellungen ändern, die Statik machte ihm manchmal einen Strich durch die Rechnung. Hinzu kam fortwährender Ärger mit der Stadt. Dies war aber bei etlichen seiner Tätigkeiten fast schon normal. So baute der Wanderprediger teilweise ohne Genehmigung. Für Säulen brauchte er die auch nicht, aber als es weiter ging, schritt der Staat ein und kontrollierte.
Doch Gustav Nagel setzte sich schließlich durch. Eine Grotte mit Figuren- und Lichtkunst bildete den Unterbau des Tempels. Auf einem „Altar der Liebe“ stand ein weißes Kreuz. Zudem gehörten unter anderem 20 wohlklingende Glocken von Kuhherden zur Ausstattung. Ein Fries befand sich an der Wand. Das Ornament bestand aus Kronen mit weißen Flügeln und Kreisen. Der Tempel ruhte auf den „7 Säulen der Weisheit“. Dabei handelt es sich unter anderem um: Glaube, Liebe und Hoffnung. Eine der Wände war bemalt mit einer Vision, die Nagel wie folgt beschrieb: „Ich sah die Himmelsleiter, an deren obersten Ende ich aus blauem Himmel einen goldenen Fingerreif sah, und Gott hat mir zu dieser verheißenden neuen Ehe eine Jungfrau aus Arendsee bestimmt.“ Das Geld für den Bau bekam er vor allem durch den Verkauf von Postkarten.
Er versuchte, 40 000 bis 50 000 Mark von der Stadt zu erhalten – ohne Erfolg. Dieses von ihm auch „Kunstaussichtsbau“ bezeichnetes Werk entstand trotzdem. Er nannte sich dann Tempelwächter und seine Schriften Tempelbotschaften. Das Grundstück verfiel nach seinem Tod immer mehr. Der alte Tempel wurde Ende der 1960er Jahre abgerissen. Nur der Aufgang hielt der schweren Technik stand. Er kann weiter bestiegen werden.