Tierheim Zoff im Tierschutzverein geht weiter
Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin des Salzwedeler Tierheims erhebt schwere Vorwürfe gegen Verantwortliche des Tierschutzvereins.
Hoyersburg l Die internen Streitigkeiten im Tierschutzverein Salzwedel finden kein Ende. Auch nach den Rauswürfen von Ex-Tierheim-Chefin Nancy Schulz, Mitarbeiterin Maike Wiswedel und Vorstandsmitglied Frank Sill rumort es weiter. Am 16. April soll auch Vereinsmitglied Roland Meinecke von der Vereinsvorsitzenden Antje Gebert die Mitgliedschaft im Tierschutzverein gekündigt worden sein – nachdem er, aufgrund der zurückliegenden Ereignisse selbst das Handtuch mittels Kündigung warf.
Ihm soll „vereinsschädigendes Verhalten“ vorgeworfen worden sein. Zuvor hatte er sich mit einem Schreiben an die Mitglieder gewandt, in dem er die Zustände im Verein auflistete. Das Schreiben, liegt der Volksstimme in gekürzter Fassung vor. Darin formulierte Meinecke auf mehreren Seiten seine Gedankengänge zu den jüngsten Vorkommnissen.
Darin bezeichnet er die Vorgehensweise der Vorstandsvorsitzenden Antje Gebert nach der Kündigung von Tierheimchefin Nancy Schulz und Vorstand Frank Sill als „Dilemma.“ Denn der Vorstand soll über die Entscheidungen erst im Nachgang erfahren haben.
„In unserer Satzung ist klar geregelt, dass der Vorstand im Regelfall mit einfacher Mehrheit zu entscheiden hat.“ Das Alleinvertretungsrecht, auf welches sich Gebert berufe, sei aber lediglich für rechtliche Vertretung bei Vertragspartnern vorgesehen. „Vereinsarbeit ist immer demokratisch auszuüben!“, erinnert Meinecke die Mitglieder in seinem Brief.
Im Vorfeld der Mitgliederversammlung im März seien zudem schwere Vorwürfe gegen Antje Gebert und die Prüfungskommission erhoben worden. Auch hier gibt es für Meinecke Ungereimtheiten: „Warum wurden die Vorwürfe nicht ebenfalls auf der Mitgliederversammlung thematisiert?“ hinterfragt er. „Wären die betreffenden Personen sonst etwa Gefahr gelaufen, sich ebenfalls der Abwahl stellen zu müssen?“
Auch wundere er sich, warum neben Nancy Schulz und Frank Sill nicht auch die damalig zuständigen Vorstandsmitglieder „hinsichtlich einer Mittäterschaft“ ebenfalls ihren Hut nehmen mussten: „Sollten hier eventuell durch Verschweigen (...) die Stimmenmehrheit zur Abwahl von Herrn Sill und Frau Schulz erkauft werden?“
Auch im Fall der Erbschaft, in deren Zusammenhang Frank Sill eine „unerhebliche Unregelmäßigkeit“ vorgeworfen worden sei, sollen die Mitglieder nicht informiert worden sein. „Wurden hierzu auch Strafanträge durch Frau Gebert gestellt? Oder soll hier das eventuelle Fehlverhalten von anderen Vereinsmitgliedern vertuscht werden?“, fragt Meinecke.
Nach seinem Kenntnisstand seien die angeblichen Straftaten von Sill und Schulz nicht hinreichend genug bewiesen worden. Vielmehr sei es um Behauptungen gegangen, die zum Teil nicht einmal entsprechend belegt wurden. „Die mir zur Einsichtnahme im Vorfeld bereitgestellten Indizienbeweise lassen keine eindeutige Schuldzuweisung zu“, ist er überzeugt.
Aufgrund des gesundheitlichen Zustands von Frank Sill hatte Meinecke während der Mitgliederversammlung im März beantragt, die Entscheidung zur Personalie Sill zu vertagen. Gebert hätte dies abgelehnt. „Also könnte man sich auch hier fragen, ob mein Antrag nicht nur deshalb nicht zugelassen wurde, um die bestehenden Mehrheitsverhältnisse auszunutzen und die Abwahl von Herrn Sill ohne Rücksicht auf den Ruf des Vereines durchzuboxen?“
Weiter kritisiert Meinecke, dass die Zusammenhänge und Vorgeschichten, obwohl von den Mitgliedern bei der Versammlung gefordert, nicht von Antje Gebert erläutert wurden. Stattdessen hätte sie es lapidar mit den Worten abgetan, dass die „Beweise“ jeder bei ihr einsehen könne. Meinecke hält es für möglich, dass Personen Angst hatten, sich eventuell unangenehmen Fragen stellen zu müssen.
Von all dem hat Roland Meinecke nun genug: „Ich kann nur jedem Mitglied und auch den Sponsoren raten, sich diese oder ähnliche Fragen auch einmal zu stellen“, rät er. Und dann sollte ein jeder für sich und vor seinem Gewissen entscheiden, inwieweit er noch bereit sei, diesem Vorstand die Verantwortung für das Tierheim und dessen vierbeinige Bewohner zu übertragen. Möglicherweise seien die Tiere besser dran, wenn die Stadt Salzwedel jemanden anderen mit der Trägerschaft des Tierheims beauftragen würde, mutmaßt Meinecke. Er jedenfalls werde aufgrund der jüngsten Geschehnisse aus dem Salzwedeler Tierschutzverein austreten.
Und auch eine ehrenamtliche Helferin steht derzeit kurz vor diesem Schritt. Die Frau (Name der Redaktion bekannt) möchte anonym bleiben, fürchtet interne Repressionen. Gegenüber der Volksstimme spricht sie von „Missständen“, die sie nicht geheim halten könne. So dürften zum Beispiel Hunde, die unter Quarantäne stünden, weil nicht bekannt sei, ob diese geimpft wurden, nicht mit Pensions-Hunden in Kontakt kommen. „Dies missachten aber die aktuelle Tierheimleiterin und ihre Mitarbeiterin“, versichert sie.
Auch der Umgang mit Hunden, die aus schwierigen Verhältnissen ins Tierheim kamen, sei aus ihrer Sicht falsch. Einer dieser Hunde sei „Spike“. „Als Frau Wiswedel noch im Tierheim arbeitete, hat sie regelmäßig mit ihm trainiert und dafür gesorgt, dass er ausgelastet ist“, erinnert sie sich. „Heute wird ‚Spike‘ isoliert.“ Dies führe dazu, dass er wieder aggressiver werde. Doch die Tierheim-Chefin kenne sein Wesen nicht und wüsste nicht mit ihm umzugehen. „Daher leidet ‚Spike‘ im Moment am meisten unter den Kündigungen von Schulz und Wiswedel.“ Und auch ein weiterer Hund leide. Der einjährige „Sam“ brauche viel Auslauf. Stattdessen sei er im Büro eingesperrt.
Äußere sie Sorgen wegen der Tiere, würden diese nicht ernst genommen, so die Ehrenamtliche. Ohnehin könne sie nicht verstehen, weshalb Hunde ins Haus gesperrt würden und oft eine Stunde oder länger isoliert in einem kleinen Raum bleiben müssten. Stattdessen würden die privaten Hunde der Vereinsvorsitzenden und der Tierheimleitung unbeaufsichtigt über den Hof laufen, während diese im Büro sitzen würden.
Den Mitarbeitern und Helfern fehle wiederum ein Raum für die Pausen, da dort die Hunde eingesperrt würden. „Deshalb verbringen wir unsere Pausen draußen unterm Dach“, sagt sie. Im Pausenraum hätten die Hunde derweil sogar schon einmal Süßigkeiten aus den Taschen der Mitarbeiter gefressen ...
Auch beim Füttern gebe es Ärger. „Es wird teilweise drei Jahre altes Futter verfüttert“, erzählt sie. Dass der Vorstand sparen möchte, sei verständlich. Nur sei das definitiv der falsche Ansatz, denn es herrscht vor allem Personalmangel.
Ihr persönlicher Supergau: „Durch die fehlende Beaufsichtigung saß ein Hund einmal sogar auf dem Dach.“ Zwei Ehrenamtliche hätten den Vierbeiner aus seiner misslichen Lage befreit. Anvertrauen kann sie sich niemanden, sagt die Insiderin. Tierheimleitung, Vorstand und Prüfungskommission würden doch nur für sich gegenseitig „Partei ergreifen“.
Die Volksstimme wollte auch die Vereinsvorsitzende Antje Gebert telefonisch zu den Vorwürfen befragen und ihr Raum zur Klarstellung geben. Gebert möchte sich aber nach wie vor nicht zur Sache äußern.