Prozess geht weiter Vater, Opa und Bruder verweigern Aussage
Die Berufungsverhandlung wegen der Schmierereien in Salzwedel geht weiter. Am Dienstag gab es den dritten Verhandlungstag.
Salzwedel/Stendal l 15 Zeugen hatte Richter Gundolf Rüge für den dritten Tag in der Berufsverhandlung wegen der Schmierereien in der Nacht zum 3. Oktober 2013 geladen. Doch gleich die ersten drei verweigerten die Aussage. Dabei handelte es sich um den Bruder, Großvater und Vater des 24-jährigen Beschuldigten. Laut Anklage soll er in der Nacht zum 3. Oktober 2013 unter anderem Hauswände zum Teil mit rechten Parolen beschmiert haben. Eine der Geladenen konnte laut ärztlichem Attest aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Verhandlung teilnehmen.
Der Vater hatte über seinen Anwalt beantragt, ihm einen Zeugenbeistand zuzuordnen. Dies lehnte Richter Rüge ab, weil er dies als nicht gerechtfertigt sah und dafür „auch keine besonderen Umstände vorliegen“. Vielmehr gehe er davon aus, dass der Zeuge durchaus seine Interessen vertreten könne. Deshalb sei ein Rechtsbeistand, der auf Staatskosten bezahlt werden müsste, nicht notwendig. Das sah der Verteidiger des Beschuldigten anders. Er sei sich nicht sicher, ob der Zeuge die rechtlichen Konsequenzen seiner Aussageverweigerung überschaue.
Wenn ein Zeuge nach einer Aussage zu einem Geschehen diese später verweigert, können seine damals gemachten Angaben nicht mehr in einem laufenden Verfahren vorgelesen werden. Um sich trotzdem ein Bild von dem Gesagten machen zu können, lud Richter Rüge für kommenden Montag, 2. Mai, den Direktor des Amtsgerichts Salzwedel, Klaus Hüttermann, als Zeuge. Er solle dann Auskunft darüber geben, welche Angaben der Mann vor dem Amtsgericht Salzwedel gemacht hatte. Darüber hinaus soll erneut ein Polizist vernommen werden, der bereits Angaben im Zuge der Hausdurchsuchung des Beschuldigten gemacht hatte.
Der Vater des Angeklagten hatte in der ersten Instanz, in der der 24-Jährige freigesprochen worden war, seinem Sohn ein Alibi für die Tatzeit gegeben. Bereits damals äußerten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Richter Hüttermann Zweifel an der Aussage des Vaters. Am 19. April erstattete die Staatsanwaltschaft Anzeige gegen den Mann wegen uneidlicher Falschaussage.
Der Zeugen-Marathon im Saal 108 des Landgerichtes Stendal drehte sich am Dienstag vor allem um die mehr als 100 Schmierereien, den dadurch entstandenen Sachschaden und mögliche Auswirkungen auf die Hansestadt Salzwedel. Übereinstimmend sagten die Zeugen auf eine entsprechende Frage von Richter Rüge aus, dass sie im Vorfeld der Taten nicht bedroht worden seien. Vielmehr seien sie davon überrascht worden, denn in einem solchen Ausmaß hätte es Schmierereien in Salzwedel noch nie gegeben. Seit dem 3. Oktober 2013 habe es jedoch keine Schmierereien gegeben.
Als grässlich, bedrückend, verbunden mit einer tiefen Betroffenheit, schilderte Sabine Danicke, ehemalige Oberbürgermeisterin, ihre Eindrücke. Der Stadt seien durch die Beseitigung der Graffiti ein Schaden zwischen 10 000 und 15 000 Euro entstanden.
Der Prozess wird am Montag, 2. Mai, 9.30 Uhr, fortgesetzt. Nach der Zeugenvernehmen sollen Staatsanwaltschaft und Verteidiger ihre Plädoyers halten. Mit einem Urteil der Kammer wird noch am selben Tag gerechnet.