Amtsgericht Schönebecker verbreitet Nazi-Symbolik
Im Internet hat ein Schönebecker Bilder mit Hakenkreuzen verbreitet. Er ist sich kaum einer Schuld bewusst.
Schönebeck l „Wollen Sie mich verarschen? Das ist ohne jeden Zweifel ein Hakenkreuz“, stellt Strafrichter Eike Bruns unmissverständlich gegenüber dem Angeklagten Marko F. (Name geändert) klar. Der 43-jährige Mann aus Schönebeck muss sich wegen der Verbreitung verfassungsfeindlicher Symbole im Schönebecker Amtsgericht verantworten. Zwischen dem 19. November 2015 und dem 2. Juli 2019 habe er im sozialen Netzwerk Facebook zwei Bilder gepostet und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Und als sich F. eben eines dieser Bilder vor Gericht noch einmal ansieht und sagt: „Ich sehe da kein Hakenkreuz. Das könnte doch alles Mögliche sein“, da platzt Richter Bruns mal kurz der Kragen.
Konkret handelt es sich bei dem Bild um die Aufnahme aus einer Wohnung, in der eine Hakenkreuzfahne über einem Bett hängt. Weil das Bild leicht angeschnitten ist, erkenne F. das Hakenkreuz nicht.
Der bereits mehrfach wegen Körperverletzung, Diebstahl und Betruges vorbestrafte Schönebecker behauptet, dass er sich nicht daran erinnern könne, so ein Foto hochgeladen zu haben. Bei dem anderen Bild räumt der Mann hingegen ein, dass er es gepostet hat. Bei dem Bild handelt es sich um eine Aufnahme aus dem Film „American History X“. Zu sehen ist Hauptdarsteller Edward Norton in seiner Rolle als Neonazi Derek Vinyard. Auf seiner Brust prangt ein Hakenkreuz.
F. sieht offenbar kein Problem darin, dieses Bild im Internet verbreitet zu haben. „Was soll ich sagen, so war es halt. Der Film steht in jeder Videothek, warum soll ich das nicht posten?“
„Weil das Gesetz sagt, dass diese Symbole und deren Verbreitung verboten sind. Ausgenommen in Fällen, wo die Sozialadäquanzklausel greift“, so Bruns.
„Aber auf dem Cover ist das Bild doch auch zu sehen...“, entgegnet der Angeklagte.
„Weil es in den Bereich der Kunstfreiheit fällt. Sie haben das Bild unkommentiert und ohne Einordnung gepostet“, sagt Bruns.
„Ich habe da gar nicht drüber nachgedacht.“ Bruns: „Und Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“
Die Staatsanwaltschaft hebt in ihrem Plädoyer hervor: „Sie haben die Bilder auf Facebook hochgeladen. Jeder konnte die Bilder dort sehen. Sie haben dabei keinerlei künstlerischen Zwecke oder Ähnliches verfolgt. Der Gesetzgeber sieht Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen vor. Und Sie sind vorbestraft, wenn auch wegen anderer Vergehen. Ich halte eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen á 15 Euro für angebracht.“ Der Angeklagte nutzt sein „Letztes Wort“ noch, um zu sagen, dass so etwas nicht noch mal vorkommen werde.
Bruns fasst abschließend zusammen: „Sie sagen, dass Sie auf dem einen Bild kein Hakenkreuz erkennen können. Aber ich kann es erkennen. Es handelt sich unzweifelhaft um eine Hakenkreuzfahne. Bei dem zweiten Bild haben Sie in einem Punkt Recht: Ja, solche Darstellungen gab es auch auf Filmplakaten oder auf dem Cover – aber das ist durch die Sozialadäquanzklausel gedeckt.“ Dann liest Bruns dem Angeklagten den Passus aus dem Strafgesetzbuch vor. Demnach ist die Verbreitung verfassungswidriger Symbole nur rechtens, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient. „Und nichts davon ist bei Ihrem Post der Fall.“
Der Richter spricht Marko F. schuldig und erlegt ihm eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen á 15 Euro auf. Und Bruns weiß auch, dass das nicht der letzte Gerichtsbesuch für den 43-Jährigen ist. Die Staatsanwaltschaft Halle wirft dem Mann nämlich noch den Besitz von Kinderpornografie vor, die bei der Durchsuchung seines beschlagnahmten Laptops gefunden wurde.