Angorakaninchen Das Wollschaf des kleinen Mannes
Wer schon einmal Kaninchen gestreichelt hat, weiß, wie angenehm sich das Fell anfühlt. Die Rasse Angora toppt alles - Schönebeck.
Schönebeck l Es sieht nicht nur so aus, es fühlt sich auch so an: Das Fell der Angorakaninchen ist flauschig weich. „Wer Socken davon hat, weiß, was das Fell kann“, sagte Daniel Herbrich. Der Vorsitzende des Rassekaninchenzuchtvereins G 18 Bad Salzelmen freute sich, ein Tier dieser mittlerweile exotischen Rasse am Sonnabend bei der Kreisschau präsentieren zu können.
Zu dieser hatte der Verein im Auftrag des Kreisverbandes der Rassekaninchenzucht im Altkreis Schönebeck eingeladen. 125 Tiere zeigten sich von ihrer besten Seite, um bei den Preisrichtern Thomas Schmidtke aus Westeregeln und Holger Kaiser aus Bernburg möglichst viele Punkte zu holen. Immerhin wollten ihre Züchter, die mit den Tieren aus Schönebeck, Biere, Calbe, Egeln, Magdeburg und Biederitz angereist waren, gern einen der Kreismeistertitel mit nach Hause nehmen.
Punktzahl hin oder her – das lebendige Wollknäuel von Rudolf Hesse aus Biederitz kann sich der Blicke der vielen Gäste sicher sein. Dabei ist der Züchter eher durch Zufall zu der Rasse gekommen. Er hatte beim Hochwasser 2002 als „Pflegevater“ 20 Angorakaninchen von einer Züchterin in Obhut genommen, die im Verein Bad Salzelmen Mitglied gewesen ist. Seitdem ist er der Rasse und dem Verein – sogar sehr aktiv als Kassierer und Schriftführer – treu. Im Schnitt hat Hesse, der bis dato nur Hühner gezüchtet hatte, nun immer zehn bis zwölf Kaninchen. Mittlerweile in drei Farben: schwarz, weiß und „zufällig“ blau. „Da hat die Genetik zugeschlagen“, sagt er schmunzelnd.
Da das Fell wächst und wächst, wird auch das Angorakaninchen geschoren. Karlheinz Schuppe, Ehrenvorsitzender des Vereins Bad Salzelmen, nennt die Rasse „das Wollschaf des kleinen Mannes“.
Bei einem Lebendgewicht von 4,5 Kilogramm im Schnitt ergäbe sich bei vier Mal Scheren im Jahr ein Wollertrag von bis zu zwei Kilogramm insgesamt. Die Züchter wissen um die Besonderheiten der Wolle. Haupteigenschaft ist die antirheumatische Wirkung, deshalb wird sie auch oft in Unterwäsche mit verarbeitet.
Rudolf Hesse gibt die Wolle seiner Tiere, die er mit Hand schert, gern an Menschen weiter, die daraus Wolle spinnen und dann zu kunstgewerblichen Artikeln weiterverarbeiten.
Und ja, so viel und vor allem so langes Fell – bis maximal acht Zentimeter lässt er es lang werden – will gut gepflegt werden. „Im Idealfall kämme ich jedes Tier einmal in der Woche sorgfältig durch“, erzählt der Biederitzer.
Ist das Angorakaninchen heute ein Exot, so war die Zucht dieser Rasse zu DDR-Zeiten gang und gäbe. Wegen der Wolle. „In China wird es aus genau diesem Grund noch heute häufig gezüchtet“, weiß Daniel Herbrich.
Kein Wunder, hören die Züchter doch immer wieder, wie wunderbar sich die Wolle verarbeiten lasse. „Und dann die schöne Färbung, hier in blau“, so Karlheinz Schuppe. Sagt es und gibt dem Biederitzer Tier auch gleich ein paar Streicheleinheiten. Dem flauschigen Anblick kann eben keiner widerstehen.