Windmühlen Der „Holländer“
Früher gab es am südlichen Ortsrand von Barby 12 Windmühlen. Heute steht nur noch der steinerne „Holländer“ fest in der Landschaft.
Barby l Der Barbyer Sammler Dieter Schlueter bereitet für September und Anfang Oktober eine neue Heimatausstellung mit vielen Fotos seiner Vaterstadt Barby vor. Darunter sind voraussichtlich auch so seltene Bilder wie die Holländerwindmühle von Meister Bunge.
Der Kleidermode nach entstanden die Aufnahmen vor dem Ersten Weltkrieg. Ein schwerer Ackerwagen ist zu sehen, der dutzende Mehlsäcke zu den Bäckern bringt. Die beiden Frauen auf dem Foto haben sich „fein gemacht“, weil der Lichtbildner kam. Man erkennt es an ihren frisch gewaschenen Schürzen.
Die steinerne Holländer-Windmühle ist die letzte von einstmals 12 Windmühlen, die in Barby standen. Seit Juni 2010 trägt der 18 Meter hohe Torso am südlichen Ortseingang von Barby wieder eine Dachhaube. Die heutigen Besitzer Krystyna und Henryk Rambau – sie sind Rentner – hatten sie selbst gebaut! Ein Mobilkran hob vor sechs Jahren das fünf Tonnen schwere Teil auf den Turmtorso, der genau 20 Jahre zuvor nach einer Mehlstaubexplosion ausgebrannt war. Die Reste der noch gut erhaltenen Windrose und des Rutenkreuzes vernichtete dieses Feuer 1990.
Die Turm- oder Holländerwindmühle ließ der Barbyer August Bunge 1875 errichten. 1932 übernahm sie Friedrich Falcke. Bis 1958 wurde hier mit Wind gemahlen. Anschließend wurde mit einem Elektromotor für Brauereien Gerste geschrotet.
Das Aufsetzen der Dachhaube wurde vor sechs Jahren von den Zuschauern der Aktion durchweg gelobt, war doch die Mühle 20 Jahre lang eine Ruine.
„Herr Rambau setzt seinem Turm die Krone auf. Da ziehe ich den Hut. Das ist Wahnsinn“, strahlte Bauamtsleiter Holger Goldschmidt. Sein Chef, Jens Strube, bemühte sogar einen Superlativ: „Ich habe in meiner Laufbahn als Bürgermeister noch nie erlebt, dass sich ein Rentner derart engagiert.“ Strube sitzt mit kurzer Unterbrechung seit 1982 auf dem Bürgermeisterstuhl, geht Ende dieses Jahres in Rente.
Der Ortschef nickte zustimmend, als ihm ein Bürger vorschlug: „Wenn ihr endlich mal einen Rathauspreis ins Leben ruft, wie es Calbe und Schönebeck schon lange tun, dann sollte die Familie Rambau zu den Kandidaten zählen.“
Doch das hat die Stadt bis heute nicht fertig bekommen.
Die Windmühlen der Barbyer Umgebung wurden von den Bauern der Region angefahren, die mit Pferdewagen ihr Getreide brachten. Zur Ernte bildeten sich zuweilen lange Schlangen. Das Mehl wurde anschließend an die einheimischen Bäckereien ausgeliefert oder kam in den Handel. Das Thema „Regionale Produkte“, wie es heute gerne als Neuerfindung unserer Zeit gepriesen wird, war damals gang und gäbe. In Ermangelung von Transportmöglichkeiten kaufte man in seinem Ort ein, wusste, woher die jeweiligen Produkte kamen.
Die Holländerwindmühle galt als modernste Entwicklung der klassischen Windmühle. Dieser Typ verdrängte im 16. Jahrhundert die Bockwindmühlen. Während Holländerwindmühlen im Rest von Europa vorwiegend als Getreidemühlen eingesetzt wurden, dienten sie in den Niederlanden vor allem als Windpumpen zur Entwässerung der Polder.