37. Pretziener Musiksommer wird von Prof. Matthias Eisenberg eröffnet / Wie zu erwarten: Die Kirche ist voll Ein Weltenbummler mag das Dorf: "Ich komme gern nach Pretzien"
Er macht seinem Namen auch in diesem Jahr wieder Ehre. Der Pretziener Musiksommer ist am Sonnabend in seine 37. Auflage gestartet. Eröffnet wurde der Konzertreigen von Prof. Matthias Eisenberg und die Zuhörer kamen wie immer in Scharen. In der St.-Thomas-Kirche musste sich manch Gast sogar mit einem Platz auf der Treppe hinter der Orgel begnügen. Für den berühmten Organisten war es ein Heimspiel. Ist es schließlich sein 30. Auftritt in der beschaulichen Dorfkirche. Eine besondere Beziehung hat er zu der Hüfken-Orgel, weil er sie entworfen und ihre Disposition erstellt hat.
Pretzien. Ein Heimspiel. Für den Konzertorganisten Prof. Matthias Eisenberg ist das Konzert am Sonnabend in der Pretziener St.-Thomas-Kirche ein Auftritt vor vertauten Gesichtern gewesen. Zum nunmehr 30. Mal ist der deutschlandweit bekannte Organist in der Pretziener Dorfkirche aufgetreten. Die Mehrzahl der Besucher, die das Eröffnungskonzert des 37. Pretziener Musiksommers miterlebten, kennen den Organisten seit Jahren. Unter ihnen Besucher aus dem Harz und Wolfsburg. Ein Heimspiel ist es für Prof. Matthias Eisenberg aber auch gewesen, weil die Hüfken-Orgel in St.-Thomas seine Handschrift trägt. Er hat sie Anfang der 1990er Jahre mitentworfen und 1992 musikalisch eingestellt (die Disposition erstellt).
"Orgelmusik ist leider nicht so in", sagt der Organist im Volksstimme-Gespräch. Viele Kirchen würden deshalb seiner Einschätzung nach heutzutage gar nicht mehr Orgelkonzerte organisieren. "Aber in Pretzien kommen die Zuhörer", fügt Eisenberg freudig hinzu. Und auch er kehrt immer wieder gern an diesen Ort zurück. Ihn verbindet eine besondere Beziehung zu der St.-Thomas-Kirche. 1992 hat er für die neue Hüfken-Orgel die Disposition erstellt. "Das war keine einfache Zeit", blickt der 55-Jährige zurück. Bereits vor der Wende hatte er sich von dem rührigen Ehepaar Maria und Rüdiger Meussling anstecken lassen. "Ich habe die gesamte Restauration mitverfolgt", berichtet er.
Verschiedene Ideen habe es damals gegeben, wie die neue Orgel aussehen könnte. Soll sie am Altar stehen oder doch an der Seite? In jeden Fall sollte die neue Orgel ein würdiger Ersatz für das Tasteninstrument werden, das einst, ähnlich wie in der Plötzkyer Kirche, auf einer Empore gestanden hatte. Und so hatte Eisenberg, der deutschlandweit schon als Berater für Orgel-Neubauten herangezogen wurde, seine Phantasie spielen gelassen. Eine historische Orgel aus einer anderen Kirche nach Pretzien holen oder Neubau. Die Frage war nicht leicht. "Wir konnten aber nicht in Windeseile eine herbekommen", erinnert Eisenberg. Am Ende fiel die Entscheidung auf den Neubau. Damit ging aber nicht alles schneller voran. "Dann kamen die denkmalsorgerischen Auflagen", berichtet Eisenberg. Demnach sollte das Instrument nicht die Architektur der Thomas-Kirche zerstören. Dabei hätten die hohen Fenster eine wesentliche Rolle gespielt.
Heute präsentiert sich die Hüfken-Orgel in ihrer schmalen, schlanken und hohen Art auf der linken Seite vom Eingang. Und Eisenberg, der fast täglich an einem anderen Ort ein Konzert gibt, kommt jedes Jahr wieder nach Pretzien. "Ich komme gern hier her." Dem Pretziener Publikum hat er am Sonnabend Johann Ludwig Krebs, Georg Friedrich Kauffmann, Johann Sebastian Bach und Nicolas de Grigny präsentiert. Einzigartig, wie behände Eisenbergs Finger über die Tasten fliegen. Dass aufgrund der Thermik leichte Schwingungen in der Orgel sind, wie der Fachmann erklärt, hört keiner in den Zuschauerreihen. Stattdessen erkundigen sich die begeisterten Frauen und Männer im Anschluss nach weiteren Konzerten von Eisenberg in der Region. Er lockt die Leute eben in die Kirchen.
Das hat am Sonnabend nicht zuletzt Maria und Rüdiger Meussling gefreut, die nunmehr zum 37. Mal den Pretziener Musiksommer organisiert haben. "Ihr seid alle da und es verschlägt mir die Sprache", brachte der wortgewandte Pfarrer im Ruhestand seine Euphorie zum Ausdruck. In gewohnt charmanter Manier wies er darauf hin, "dass eine fröhliche Kollekte raschelt", - im Unterscheid zu einer nur klingenden. Und zu Eisenberg: "Ich freue mich, dass du frischen Wind in unsere Orgel bringst."