Ein Unternehmen kehrt der Stadt den Rücken - mit ihm auch das Geld? EMS will im Frühjahr nach Brumby ziehen
Die Erdgas Mittelsachsen (EMS) baut in Brumby. Bis heute hat Schönebeck nicht auf Angebote zur Teilung der Gewerbesteuer reagiert. Ungewiss bleibt die Zukunft des Hauses in der Karl-Marx-Straße.
Schönebeck/Staßfurt l Der Grundstein ist gelegt. Nach EMS-Angaben will sie schon Anfang nächsten Jahres mit einem großen Teil ihres Geschäfts nach Brumby umziehen. "Die derzeitigen Pläne sehen vor, dass der Umzug von Netzbetrieb und Verwaltung von Schönebeck in den Staßfurter Ortsteil im Frühjahr 2014 erfolgen soll", sagt Geschäftsführer Jens Brenner. Ob der Zeitplan eingehalten werde, hänge vom Verlauf der Arbeiten in den ersten beiden Bauabschnitten ab. "Bislang schreiten die Arbeiten zügig voran", sagt der EMS-Chef.
Mit den Mitarbeitern und der Technik verlässt aber auch Geld die Elbestadt. Nämlich die Gewerbesteuer. Darum hatte es zuletzt heftige Debatten gegeben (Volksstimme berichtete). Die Stadt Staßfurt in Person von Oberbürgermeister René Zok unterbreitete Schönebecker Rat und Rathaus gleichermaßen ein Angebot. Man könne die Gewerbesteuerbeträge zwischen den beiden Städten aufsplitten. Der EMS-Hauptsitz bliebe so in Schönebeck, obwohl man die Gaskonzession - un damit ein wichtiges Geschäftsfeld - hier per Ratsbeschluss verloren habe. In der Konsequenz hatte das Unternehmen darauf hin nämlich erwogen, in seinen neu gesetzten Geschäftsbereich und damit näher nach Staßfurt zu ziehen. Mit Aufwand und Investitionen verbunden. Die Steuer-Splittung als Pflock für den Status quo. Die EMS bleibt in Schönebeck. Staßfurt wird nicht Sitz. Aber beide Städte profitieren finanziell. Die Salzlandsparkasse macht es ähnlich vor. Nach Staßfurter Aussagen hätte das Finanzamt keine Bedenken. Immerhin spricht man von einem sechsstelligen Betrag (Steuergeheimnis) - die Gewerbesteuern orientieren sich variabel an Gewinn und Mitarbeiterzahlen.
Doch in Schönebeck ging man auf dieses Angebot nicht ein. Der Rat lehnte ab, in Verhandlungen zu treten. Ex-Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase hatte im Vorfeld des Beschlusses das Staßfurter Vorgehen kritisiert. Seine Meinung: Die EMS in Schönebeck bezahlt auch hier alle Steuern. Oder sie geht - wie angedroht.
Dabei ist es geblieben. Aus dem Staßfurter Rathaus nur eine kurze Reaktion auf eine Volksstimme-Anfrage, die auch EMS und Stadt Schönebeck gleichlautend erhalten haben. "Ein neues Angebot ist nicht im Gespräch", sagt OB Zok. Ansosten würden die Angaben der EMS gelten.
Der Versorger redet nicht über das Geld. Doch es wird deutlich, dass die Mitarbeiter den Umzug tragen. "Wir stehen voll hinter der Entscheidung", sagt EMS-Betriebsratsvorsitzender Mark Kowolik. Von Seiten der Schönebecker Stadtverwaltung habe es keine Bemühungen für einen Kompromiss oder ein Gesprächsangebot gegeben. "Bis zum heutigen Tag." Ihn schmerze, so Mark Kowollik weiter, dass man den Mitarbeitern vorgeworfen habe, sich instrumentalisieren zu lassen. "Sicher ist es schade um den Firmensitz in der Karl-Marx-Straße, aber offensichtlich sind wir als Unternehmen in Schönebeck von Verwaltung und Ratsmehrheit nicht erwünscht."
Tatsächlich hält sich die EMS hier noch alle Optionen offen. "Das Kundenzentrum wird in Schönebeck verbleiben - zunächst am bisherigen Standort in der Karl-Marx-Straße 18", sagt Jens Brenner. "Ob dieser Standort dauerhaft bleiben wird, hängt maßgeblich von der künftigen Vermarktung des Gesamtobjektes ab." Es sei durchaus auch denkbar, dass man noch weiter in das Stadtzentrum von Schönebeck rücken wird. Nicht ändern aber werde sich daran, dass die EMS für ihre Strom- und Erdgaskunden in und um Schönebeck als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Aus dem Schönebecker Rathaus gab es zur Volksstimme-Anfrage zu Steuerteilungs-Verhandlungen auch vor dem Hintergrund der Haushaltssituation keine Antwort. Was die Abgaben angeht, hat man hier bisher immer betont, dass die Gewerbesteuerabgabe der Stadtwerke, die jetzt das Gasnetz betreiben, dadurch steigen und andere Ausfälle ausgleichen werden.