1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Fahrschule: Selbstversuch auf Schönebecker Straßen - so endete der freiwillige Test mit Fahrlehrer

Fahrschule Selbstversuch auf Schönebecker Straßen - so endete der freiwillige Test mit Fahrlehrer

Endlich habe ich meinen Führerschein, nun kann mich nichts mehr aufhalten. So dachte ich 1999 nach bestandener Prüfung. Seitdem habe ich sehr viele Kilometer auf deutschen Straßen verbracht. Seit Jahren bin ich unfallfrei und bilde mir ein, vernünftig zu fahren. Wie ein Fahrlehrer das einschätzt.

Von Stefan Demps Aktualisiert: 10.09.2023, 12:31
Gemeinsam mit dem Fahrlehrer Marco Stallman macht sich Volksstimme-Redakteur Stefan Demps auf den Weg durch die Elbestadt. Wie gut fährt der Journalist nach mehr als 20 Jahren Fahrerfahrung im Straßenverkehr?
Gemeinsam mit dem Fahrlehrer Marco Stallman macht sich Volksstimme-Redakteur Stefan Demps auf den Weg durch die Elbestadt. Wie gut fährt der Journalist nach mehr als 20 Jahren Fahrerfahrung im Straßenverkehr? Foto: Olaf Koch

Schönebeck - „Das haben Sie geil gemacht und dann“, den Rest des Satzes lässt Marco Stallmann offen. In dieser Situation wäre ich wohl erneut durchgefallen. Eigentlich, so war die Aufforderung, sollte ich auf dem Norma-Parkplatz einparken. Doch einiges lief nicht so, wie es eigentlich sollte.

„Sie sind gut gefahren, daran lag es nicht. Sie sind dennoch durchgefallen, da Sie nicht genug den fließenden Verkehr beobachtet haben!“ So lauteten die Worte meines Fahrlehrers nach meiner ersten Fahrprüfung vor 24 Jahren. Interessanterweise war mein damaliger Fahrlehrer noch wütender als ich auf diesen doch recht pedantischen Prüfer. Einige Zeit später habe ich dann doch die Prüfung bestanden und war mit mir und der Welt zufrieden. Kann ich das heute auch noch?

Fahrtest in Schönebeck: Bisher zwei Führerscheine bestanden

Aus dieser Frage wird in der Redaktion schnell die Idee für einen Selbsttest geboren. Und ich bin auch der ideale Mann für solche Herausforderungen. Nicht nur besitze ich die jahrelange Erfahrung auf Deutschlands Straßen unterwegs zu sein, auch die Tatsache, dass ich sogar zwei Führerscheine besitze, fließt hier mit ein. Während meiner Bundeswehrzeit habe ich gelernt, Lkw zu fahren. Unfallfrei bin ich auch schon längere Zeit. Dennoch bin ich mir ziemlich sicher, dass ich die Fahrprüfung heute nicht mehr bestehen werde.

Auch in der Redaktion ist der eine oder andere davon überzeugt, dass ich den Test nicht gut abschließe. Mein Lieblingskollege traut mir auch wieder mal am meisten zu. „Nicht mal fünf Minuten, dann ist das Ding durch“, schätzt er ein. Auch meine Frau steht mir motivierend zur Seite. „Das dauert nicht mal zwei Minuten“, lautet ihre Prognose. Doch davon lasse ich mich nicht demotivieren. Denen will ich es beweisen und soviel sei gesagt: ich habe länger durchgehalten.

Lesen Sie auch: Mehr als Zwei Promille: Betrunkener Fahrer kracht mittags in Haldensleben ungebremst in parkende Autos

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich ein wenig angespannt bin. An sich bin ich kritische Augen auf dem Beifahrersitz gewohnt, die meine Fahrkünste begutachten und bewerten. „Weiß der Fahrlehrer worauf er sich einlässt“, ist meine Frau um seine Gesundheit besorgt. Sicherlich wird er schon diverse Erlebnisse schlimmerer Art gehabt haben, entgegne ich.

Aufgrund der unterschiedlichen Fahrweisen ist es mehr als einmal zwischen uns zu Wortwechseln gekommen. Ein Rückzieher kommt für mich nicht in Frage. Ich treffe mich mit Marco Stallmann auf dem Parkplatz der Redaktion und die wilde Fahrt durch Schönebeck geht los.

24 Jahre nach Fahrprüfung: Lernfähig und mehrfach durchgefallen

„Darf ich gleich meckern oder warten wir noch“, fragt mich der Fahrlehrer nach ein paar Minuten. Wir hatten die Garbsener Straße hinter uns gelassen und fuhren die Magdeburger Straße entlang. Sollte ich schon durchgefallen sein? Beim Gerade-Aus-Fahren? „Beide Hände an das Lenkrad bitte“, weist er mich an.

Zu der Zeit ruhte meine rechte Hand auf meinem Oberschenkel. Etwas, das sich in den Jahren bei mir eingeschlichen hat. Die nächsten Minuten vergehen ohne größere Fehler meinerseits. Ich werde auf die Nutzung der Motorbremse hingewiesen. Mein Langzeitgedächtnis meldet sich, um mir mitzuteilen, dass ich das schonmal gehört habe.

Über die Welsleber Straße geht es in die Tischlerstraße. Der Weg von der Welsleber Brücke geht bergab. Ich schaue nicht auf den Tacho und schließlich bremst jemand. Ich war es nicht, vor mir kein Auto. Es sind ungefähr 15 Minuten vergangen und ich bin durchgefallen.

„Bei 54 Stundenkilometern mache ich noch nichts, bei 55 schaue ich genau hin und bei 56 km/h bremse ich. Das ist dann zu viel“, begründet Marco Stallmann seine Tat. Ich ärgere mich. Was für ein dämlicher Fehler, der mir an der Stelle unterlaufen ist. Es sollte nicht der letzte sein. So versuche ich nur ein paar Minuten später alles richtig zu machen, taste mich vorsichtig in eine Kreuzung rein. Diese ist mit einem Stop-Schild versehen. Das sehe ich auch. Angehalten, habe ich dennoch nicht.

Auch interessant: Nach Austrittswelle: Feuerwehr Stendal erneut in der Kritik - fehlende Vorbildfunktion

Wiederum kurze Zeit danach verlasse ich den Markt, den ich nach Aussage Stallmanns sehr gut meisterte und habe ein Auto vor mir stehen. Auf der anderen Spur steht ein weiteres Auto mit einer Fahrerin am Steuer. Nach kurzer Wartezeit fahre ich an dem Hindernis vorbei und werde gerüffelt. „Da hätten sie mit der Fahrerin kommunizieren müssen“, weist Marco Stallmann mich auf meinen Fehler hin.

Doch ich bin lernfähig, das behaupte ich immer wieder. In der Lessing/Johannes-R-Becher-Straße zeige ich das dann auch. Ich erkenne ein Auto, das von rechts kommt und halte an. Mir entgegen kommt ein weiteres Auto, dessen Weiterfahrt blockiert wird, weil ein parkendes Auto das verhindert. Normaler Zustand auf dieser Straße. Wer fährt jetzt? Ich nehme Kontakt mit dem rechts von mir stehenden Pkw auf und zeige, dass ich fahren möchte. In Anbetracht der Situation auch das Vernünftigste. Marco Stallmann ist zufrieden und ich bin es dann auch.

Lesen Sie auch: Reporter wagt den Selbsttest: Würde er die Führerscheinprüfung heute noch bestehen?

Nach knapp einer Stunde ist der Test zu Ende und das Fazit lautet: es hätte sicherlich besser laufen können. Die Geschwindigkeit nicht beachtet zu haben, ist nicht gut, aber sicherlich für viele Autofahrer eine alltägliches Problem. Dass ich das Stoppschild nicht beachtet habe, das nervt mich da schon eher. Auch meine Verkehrsbeobachtung muss ich verbessern. Mit anderen Worten: ich muss einiges verbessern. Klar war mir vorher bewusst, dass es nicht perfekt laufen wird. Das Gute ist gewesen, dass mich jemand auf die Fehler aufmerksam macht. Ich muss und werde an mir arbeiten.

Fahr-Fitness-Check: Gesundheit, Alter und Fahrvermögen

"Man wird betriebsblind“, schätzt Marco Stallmann ein. Viele Situationen sind bekannt. Entsprechend reagiert man mit Erfahrung, was sicherlich einige Unfälle verhindert. Doch sollte eine Nachprüfung erfolgen? Der Fahrlehrer sieht das skeptisch, da das sehr kostenintensiv ist. Als sinnvoller sieht er die Option, eine gesundheitliche Überprüfung vorzunehmen.

Der Allgemeine Automobil Club Deutschland (ADAC) bietet seit August 2022 einen Fahr-Fitness-Check, der sich an ältere, noch regelmäßig Auto fahrende Personen richtet. Dort schätzt ein qualifizierter Fahrlehrer das Fahrvermögen ein. Für Mitglieder des ADAC kostet dies 75 Euro, für alle anderen 95 Euro. Eine Meldung an Behörden erfolge laut ADAC nicht.