Stolpersteine Fünf weitere Orte des Gedenkens
Seit drei Jahren werden in Schönebeck sogenannte Stolpersteine verlegt.
Sie erinnern an jüdischstämmige Mitbürger, die Opfer des Terrorregimes
der Nationalsozialisten geworden sind. Am 23. April sollen letztmalig 17
Gedenksteine in die Bürgersteige eingebracht werden.
Schönebeck l Alt ist diese Annonce, antiquiert wirkt der Schrifttyp. "M. Marcuse, Schönebeck, Markt 6, Manufactur- und Modewaren-, Tuch-, Stoff- und Leinenhandlung. Große Auswahl". Irgendwann in den 1920er Jahren, wahrscheinlich auch früher muss der Text in der Zeitung gestanden haben. Frida Marcuse, die Ehefrau des 1895 verstorbenen Geschäftsinhabers Max Marcuse, betrieb das Konfektionsgeschäft in der Steinstraße 6 weiter. Bis sie es in den 1930er Jahren unter politischem Druck der Nationalsozialisten aufgeben musste.
1942 ist Frida Marcuse im Konzentrationslager Auschwitz ermordet worden. Nur, weil sie jüdische Wurzeln hatte. Ihr wird einer von insgesamt 17 sogenannten Stolpersteinen gewidmet sein, die am 23. April in Schönebeck verlegt werden. Die Aktion ist eine Initiative der Arbeitsgruppe "Stolpersteine", die seit knapp drei Jahren in der Elbestadt mit dieser Art des Erinnerns jüdischen Mitbürgern gedenkt, die von den Nazis in die Emigration getrieben wurden, drangsaliert, gefoltert und ermordet worden sind.
Während einer Planungsrunde haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe jetzt Details für den 23. April durchgesprochen. So steht fest, dass Stolpersteine an fünf Orten in die Gehwege eingebracht werden. Neben der Steinstraße 6 ist das die Adresse Bahnhofstraße 21. Hier wird den Familien Löwenstein und Weile gedacht. In den Unterlagen heißt es: Das Ehepaar Löwenstein wurde 1942 deportiert und im KZ Auschwitz ermordet. Das Ehepaar Weile war zwischenzeitlich nach Berlin gezogen und von hier am 23. Februar 1943 zunächst in das KZ Auschwitz deportiert worden. Beide wurden drei Tage später im KZ Sobibor ermordet.
Über die gemeinsame Tochter Ruth hat die holländische Studentin Afke Berger vor drei Jahren recherchiert (Volksstimme berichtete). Das Kind ist zwar nach Holland zu Verwandten in vermeintliche Sicherheit gebracht, doch von den deutschen Besatzern entdeckt worden. Ob Kind oder Greis, es gab keine Gnade. Auch der gewaltsame Tod des Schönebecker Mädchens Ruth ist akribisch festgehalten worden: 23. Februar, KZ Sobibor.
Weitere Gedenksteine gibt es für die Familie Lewin, die in der Bahnhofstraße 24 wohnte. Hilde und Michael Lewin erkannten den Ernst der Lage im faschistischen Deutschland frühzeitig und schickten ihre beiden Kinder Hilde und Heinz 1937 mit einem Kindertransport nach Kalifornien. Während die Eltern am 18. September 1943 im KZ Theresienstadt ermordet wurden, überlebten die Kinder den Holocaust.
Unter bis heute nicht völlig geklärten Umständen haben glücklicherweise zwei weitere Schönebecker Kinder jüdischen Ursprungs den Wahnsinn des Nationalsozialismus durchgestanden: Christa Lederer und ihr damals kleiner Bruder Peter, der 1942 geboren wurde. Der Arbeitskreis hat heraus gefunden, dass Christa Lederer noch lebt. Es gibt bereits eine erste Kontaktaufname mit der heute 76-Jährigen, die in der Schweiz wohnt. Der Historiker Hans-Joachim Geffert wusste in der Planungsrunde zu berichten: "Sie war sehr erfreut zu hören, dass in dieser Weise an ihre Familie erinnert werden soll." Die Eltern von Christa Lederer waren Frieda und Leo Lederer, die in der Calbeschen Straße 54 lebten.
Weitere Stolpersteine sind für Gertrude und Berthold Mannes reserviert, sie wohnten in der Bahnhofstraße 32. Vater, Mutter und Tochter Trude sind am 11. Juli 1942 in Treblinka ermordet worden.
Unterstützt wird die Verlegung der Stolpersteine von Schülern hiesiger Schulen. Wer für die Aktion spenden möchte, kann folgende Bankverbindung nutzen: Verein Zedakah e.V. - Stolpersteine, Salzlandsparkasse, Konto 30019980, Bankleitzahl 80055500, Verwendungszweck: Spende für Stolpersteine.