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Wirtschaft Garagenmiete in Calbe weiter unklar

Ganz knapp schmettern die Stadträte den Widerspruch des Bürgermeisters Sven Hause in der Garagenfrage ab. Nach dem Gesetz ist nun die Kommunalaufsicht am Zug.

Von Thomas Höfs 01.12.2023, 18:47
In schlechtem Zustand sind die Garagenhöfe.
In schlechtem Zustand sind die Garagenhöfe. Foto: Thomas Höfs

Calbe. - Der Stadtrat hat am Donnerstag seine Auffassung bestätigt, wonach die Stadt ab Januar von den Garagennutzern zehn Euro monatlich Miete plus der Nebenkosten verlangen soll.

Vor zwei Wochen hatten die Stadträte diesen Beschluss schon einmal gefasst und waren dabei von der Beschlussvorlage abgewichen, die der Bürgermeister Sven Hause eingereicht hatte. Nach der Kündigung sämtlicher rund 800 Pachtverträge von der Kommune ohne einen Stadtratsbeschluss, musste der Stadtrat nun darüber entscheiden, zu welchen Konditionen die Kommune den künftigen Mietern die Garagen weiter vermieten will. Erneut landete die Beschlussvorlage nun im Stadtrat, weil der Bürgermeister in Widerspruch gegangen war.

Die Garagen waren zu DDR-Zeiten von den Bürgern gebaut worden. Die Stadt stellte dafür Flächen an verschiedenen Punkten in der Kommune zur Verfügung. Damals interessierte es nicht weiter, dass die Garagen auf fremden Eigentum ohne eine entsprechende Regelung standen. Mit der Wiedervereinigung musste die Politik dies lösen und beschloss das Schuldrechtsanpassungsgesetz. Demnach konnte der Eigentümer des Bodens den Pachtvertrag ohne eine Ablösung für den darauf befindlichen Bau zu zahlen, nun kündigen. Darauf beruft sich die Stadt.

Vier Stadträte befangen

Das Bürgerinteresse an der Stadtratssitzung am Donnerstagabend war wieder enorm. Vier Stadträte erklärten sich in der Frage der Garagenmiete für befangen und nahmen an der Abstimmung nicht teil. Die CDU/FDP-Fraktion stellte einen Antrag, wonach die Einnahmen aus den Mietverträgen in den Garagenhöfen investiert werden sollen. Ferner soll die Stadt zum 1. Februar darlegen, wie sich die Vermietung der Garagen zu den neuen Konditionen entwickelt hat, sagte Fraktionschef Alexander Sieche.

Der Stadtrat entscheide nicht über eine Enteignung, sagte er als Reaktion auf Vorwürfe aus der Bürgerschaft gegen den Stadtrat zuvor in der Einwohnerfragestunde. Die Stadträte hätten sich die Situation nicht gewünscht. Frank Kaina (ALC/SPD) wollte sich in einer kleinen Rede an die Bürger wenden, was ihm Stadtratsvorsitzender Christian Behlau (Linke) nicht gestattete.

Gerhard Denkert (FWG Calbe) fragte in Richtung Bürgermeister, wie die Stadt zu der Entscheidung in Stendal stehe, wo die Kündigung der Pachtverträge zurückgenommen wurde? Zu Entscheidungen in anderen Kommunen werde er sich nicht äußern, sagte Bürgermeister Sven Hause darauf.

Thorsten Göhr (ALC/SPD) meldete sich anschließend zu Wort. Er kritisierte, dass der Widerspruch des Bürgermeisters noch die darin aufgeführten Schreiben der Kommunalaufsicht für die Bürger im Ratsinformationssystem nicht einsehbar seien. Die Bürger könnten so wegen mangelnder Transparenz die Argumente nicht nachvollziehen, sagte er weiter. In Reaktion verwies der Bürgermeister darauf, dass die Stadträte in ihrem geschlossenen, und für den Bürger nicht einsehbaren Netz, die Unterlagen an der Beschlussvorlage hätten.

Torsten Göhr wiederholte in der Folge seinen Antrag von der vorangegangenen Stadtratsitzung. Er sprach sich für die Einführung einer Staffelmiete aus. Sie solle bei zehn Euro netto monatlich plus der Nebenkosten beginnen, sagte er. Später könne sie erhöht werden, wenn die Stadt entsprechende Investitionen durchgeführt habe, sagte er weiter.

Knappe Abstimmung

„Wir erwarten 153.600 Euro Mieteinnahmen in 2024 aus der Vermietung der Garagen. Dieses Geld soll in die Garagen fließen“, entgegnete Bürgermeister Sven Hause. Ärgerlich fand er, dass die Vorlage erst in der Stadtratssitzung vorgetragen wurde. Manche Stadträte warteten immer bis zum Tag X, sagte er weiter. Dabei hätten die Stadträte die Mitarbeiter im Rathaus bereits früher ansprechen können, wenn sie der Meinung sind, dass Unterlagen nicht richtig veröffentlicht worden sind.

In der folgenden Abstimmung ging es äußerst knapp zu. Mit fünf Ja- und vier Gegenstimmen nahmen die Stadträte den Antrag der ALC/SPD-Fraktion an. Damit bestätigte der Stadtrat seine Auffassung nach einem monatlichen Mietpreis von zehn Euro. Mit fünf Gegen- und vier Jastimmen lehnten die Stadträte den Antrag der CDU/FDP-Fraktion ab. Bei der Abstimmung über die nun geänderte Beschlussvorlage stimmten sechs Stadträte für und drei gegen die Vorlage.

Unklar bleibt nun, wie Bürgermeister Sven Hause reagiert. Er sagte dazu während der öffentlichen Stadtratsitzung nichts. Er ist der Meinung, dass die Stadträte überhaupt keinen monatlichen Mietpreis von zehn Euro festlegen dürfen. Dabei beruft er sich auf den Grundstücksmarktbericht. Dieser sieht in der Region eine Garagenmiete pro Monat zwischen 20 und 45 Euro vor. Nur in diesem Bereich dürfe der Stadtrat sich bei der Ausübung seines Ermessens bewegen, sagte er vor der Entscheidung im Stadtrat.

Die Stadträte sehen dies anders. Denn der Grundstücksmarktbericht sage ihnen nicht, in welchem Zustand die Garagen seien. Calbe hat viele Jahre nichts in die Straßen investiert. Entsprechend schlecht ist der Zustand, wissen die Stadträte. Deshalb sei eine niedrige monatliche Miete aus ihrer Sicht angemessen.

In der Kommunalverfassung, die die Arbeit auf kommunaler Ebene regelt, hat der Landesgesetzgeber vorgesorgt, sollte es zu einem Fall kommen, in dem der Stadtrat eine von den vorgeschriebenen Vorschriften abweichende Entscheidung trifft. Hierzu heißt es: „Der Hauptverwaltungsbeamte muss Beschlüssen der Vertretung widersprechen, wenn er der Auffassung ist, dass diese rechtswidrig sind. Er kann Beschlüssen widersprechen, wenn diese für die Kommune nachteilig sind. Der Widerspruch muss binnen zwei Wochen ab Kenntnis schriftlich gegenüber dem Vorsitzenden der Vertretung eingelegt und begründet werden. Er hat aufschiebende Wirkung. Verbleibt die Vertretung bei erneuter Befassung bei diesem Beschluss und ist dieser nach Auffassung des Hauptverwaltungsbeamten rechtswidrig, muss er erneut widersprechen und unverzüglich die Entscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde einholen.“

Widerspruch am Montag

Auf Nachfrage bestätigte der Bürgermeister, dass er am Montag seinen Widerspruch gegen die Entscheidung des Stadtrates formulieren und der Kommunalaufsicht zustellen werde. Auch die Bürger beschäftigt das zu erwartende weitere Verfahren, wie in der Einwohnerfragestunde deutlich wurde.

Ob die Kommunalaufsicht mehr Wert wäre als ein gewählter Stadtrat, wollte ein Bürger wissen. Darauf ging Bürgermeister Sven Hause in der Beantwortung nicht ein. Er schilderte allerdings, dass die Kommunalaufsicht in der Vergangenheit bereits in anderen Fällen Entscheidungen für Kommunen getroffen habe. Deshalb sei es ja eine Aufsichtsbehörde. In den kommenden Wochen muss die Aufsichtsbehörde nun entscheiden, wie sie mit dem Streit in der Saalestadt umgehen will. Dabei drängt die Zeit, denn den bisherigen Nutzern der Garagen muss die Stadt in den kommenden Wochen neue Mietverträge vorlegen, wenn sie die Garagen nach dem Jahreswechsel weiter vermieten will.

Ob die Kommune denn die Nutzer herausklagen werde, wenn die keinen neuen Mietvertrag unterzeichnen, wollte ein anderer Bürger wissen. Wenn dieser Fall eintrete, werde sich die Stadt entsprechend mit Juristen beraten und handeln, kündigte der Bürgermeister an. Einen festen Fahrplan habe die Verwaltung hier noch nicht, sagte er.

Wegen der zu erwartenden deutlichen Erhöhung der Kosten für die Garagennutzer, rechnen nicht wenige Bürger damit, dass im kommenden Jahr deutlich weniger Garagen angemietet werden. Andere Nutzer hatten bereits öffentlich angekündigt, ihre Miete zu kürzen und verweisen auf den schlechten baulichen Zustand der Straßen in den Garagenhöfen. Mitunter steht hier wochenlang das Wasser in einigen Garagenhöfen. Nur eingeschränkt seien die Garagen daher nutzbar.