Kleingärtner Gartenverein in Schönebeck will keine weiteren Ausländer in der Anlage
Die Eheleute Oelze aus Schönebeck wollen ihren lange Jahre gepflegten Garten abgeben. Es gibt auch Interessenten, die diesen übernehmen würden. Der Gartenverein Flora lehnt diese allerdings ab, weil sie einen Migrationshintergrund haben.
Schönebeck - Man könnte meinen, dass sich Gartenvereine darüber freuen würden, wenn sich junge Menschen für eine Parzelle interessieren und diese gerne übernehmen würden. Sich sogar schon mit den Vorbesitzern über den Kaufpreis für die auf dem Grundstück befindliche Gartenlaube einig sind. Es scheint nichts gegen einen Wechsel zu sprechen. Na ja beim Schönebecker Kleingartenverein „Flora“ schon. Da gibt es nämlich ein Ausschlusskriterium. Ein diskriminierendes Ausschlusskriterium: Menschen mit Migrationshintergrund werden nämlich pauschal abgelehnt.
Das haben Thomas und Regina Oelze, die rund 30 Jahre lang im Verein aktiv waren, nun festgestellt. Sie haben nämlich vergangenes Jahr ihren Garten gekündigt und waren auf der Suche nach Nachnutzern. „Wir haben den Garten im Internet annonciert, und es gab auch zwei Interessenten“, berichtet Regina Oelze. Ihr Mann Thomas ergänzt: „Wir haben uns mit ihnen das Grundstück und die Laube angesehen und waren uns auch finanziell einig.“ Doch viel näher kommen die Interessenten mit Migrationshintergrund dem Traum vom eigenen Garten nicht – zumindest nicht im Verein Flora. „Vom Vorsitzenden hieß es nur, dass die nur Ärger machen würden und dass man schon welche in der Anlage habe“, sagt Regina Oelze. „Beide Interessenten wurden mit dieser Begründung abgelehnt“, bestätigt Thomas Oelze.
Acht Mitglieder aus anderen Nationen
Nachgefragt beim Flora-Vereinsvorstand Klaus Netzband. Er bestätigt, dass die beiden Bewerber aufgrund ihrer Herkunft abgelehnt worden sind. „Das hat aber nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun“, sagt Netzband. Und weiter: „Wir haben seit 2018 acht Mitglieder aus anderen Nationen bei uns – das sind zehn Prozent unser Mitglieder.“ Diese wolle man zunächst weiter integrieren, bevor man weitere Menschen mit Migrationshintergrund aufnehme.
„Und die Integration ist nicht leicht. Es gibt immer wieder Probleme“, so Netzband. Unter anderem sei die Verständigung erschwert, weil diese zehn Prozent der Gartenbesitzer nur schlecht deutsch sprechen würden. Viel mehr pocht Klaus Netzband aber darauf: „Unsere Spielregeln sollen eingehalten werden. Aber es kommt immer wieder vor, dass die Gartenordnung nicht akzeptiert wird“, sagt der 81-Jährige. „Einmal hat einer der Ausländer auch zu einem Gärtner ’Nazi’ gesagt. Die Polizei musste auch schon kommen“, so der Vorstand weiter.
Andere Bürger aus Schönebeck – also welche ohne Migrationshintergrund – würden übrigens einen Garten übernehmen können, so Netzband.
Rückendeckung vom Gartenverband
Rückendeckung bekommt der Verein Flora vom Verband der Gartenfreunde Schönebeck und Umgebung, wo zahlreiche Gartenvereine der Region organisiert sind. Verbandsvorsitzende Karin Peine sagt: „Die Verfahrensweise ist unserer Meinung nach rechtens. Wenn der Verein Flora schon mit der Integration der derzeitigen zehn Prozent Probleme hat beziehungsweise ausgelastet ist, sollten nicht noch mehr aufgenommen werden müssen.“
Olaf Weber, Präsidiumsmitglied aus dem Landesverband der Gartenfreunde, findet die Begründung des Vereins Flora zwar fragwürdig, sagt aber auch: „Der Verein kann immer selbst entscheiden, wen er aufnimmt und wen nicht. Sollte sich aber herausstellen, dass rassistische Motive der Grund für die Absage sind, kann der Verein sogar die Gemeinnützigkeit verlieren.“
Für Weber steht indes fest, dass Kleingärten bestens für die Integration geeignet sind. „Die Kommunikation über den Gartenzaun, das gemeinsame bewirtschaften der Flächen – da kann man voneinander lernen. Es müssen alle begreifen, dass es auch immer Chancen bietet, Menschen aus anderen Nationen bei sich in der Anlage zu haben“, so Olaf Weber.
Chancen statt Vorverurteilung
Kommentar von Volksstimme-Redakteur Paul Schulz: Die Argumentation des Vereinsvorstands ist vorverurteilend. Weil es mit einzelnen Mitgliedern mit Migrationshintergrund im Verein Probleme gab, will man einfach niemandem mehr einen Garten überlassen, der einen solchen Hintergrund hat. Da wird über einen Kamm geschoren, statt sich kennenzulernen und sich ein Bild zu machen.
Perspektivwechsel: Kleingärtner sind mit dem Vorurteil behaftet spießig zu sein. Das hören viele mit diesem Hobby aber sicher gar nicht gern. Und es ist ja auch falsch, so zu verallgemeinern. Denn genau so wenig, wie alle Gärtner Spießer sind, sind auch nicht alle Menschen, die vielleicht in einem anderen Land geboren sind, ein Problem fürs Vereinsleben im Kleingarten.
Statt pauschal abzulehnen, sollten Chancen gewährt werden. Das könnte sich für alle Beteiligten positiv auswirken. Der Verein hat im Idealfall weniger leerstehende Parzellen und stattdessen möglicherweise eine junge Familie glücklich gemacht, die den Garten in Schuss hält und verschönert. Und falls doch Probleme auftreten oder die Gartenordnung missachtet wird, dann redet man darüber! Bessert sich nichts, hat der Verein immer noch Abmahnungen und Rausschmiss als Option. Das sollte aber selbstverständlich für alle gelten, ganz egal, welcher Herkunft oder Kultur.