Die Burger Knäcke produziert seit über 75 Jahren Knäckebrot ¿ Bis heute Ein Traditionsbetrieb mit Geschichte Geschichten zwischen Elbe und Fläming: Erstes Knäckebrotwerk stand und steht in Burg
Mit seinem markanten Schriftzug ist das Knäckebrotwerk in Burg nicht mehr wegzudenken. Der Wissenschaftler Wilhelm Kraft, der das Knäckebrot nach Deutschland brachte, eröffnete das Werk vor über 75 Jahren. Eine Erfolgsgeschichte.
Burg l Da, wo es sonst wirtschaftlicheGründe sind, die Menschen dazu bringen, ein Unternehmen zu gründen, stand bei Wilhelm Kraft eine rein wissenschaftliche Erkenntnis: Knäckebrot ist ein gutes, gesundes Brot, das die Ernährungsgewohnheiten der Deutschen und damit ihre Gesundheit verbessern würde.
Der junge Ernährungswissenschaftler Kraft aus Baden-Württemberg, hatte sich Anfang des vergangenen Jahrhunderts auf Forschungsreise nach Skandinavien begeben. Schnell hatte er das dort traditionell beliebte und landestypische Knäckebrot entdeckt und auch erforscht. Leicht verdaulich, bekömmlich und verdauungsfördernd - das sind Eigenschaften, die den Wissenschaftler überzeugten. "So sehr, dass er sich 1912, nach seiner Rückkehr nach Deutschland, fortan aus Überzeugung vom Produkt mit der Produktion und Vermarktung des Brotes in Deutschland beschäftigte", weiß Stephanie Schütz, Marketing Managerin der Burger Knäcke Werke. Sie hat sich auf die Spuren des Wissenschaftlers begeben, der das Knäckebrot nach Deutschland brachte.
"Mit Konzepten und Rezepten stellte er das Knäckebrot bei Bäckereien vor", erzählt sie, wie alles begann. Doch niemand findet Gefallen am Knäckebrot. Brötchen sind zu der Zeit der letzte Schrei im Backwarenbereich - die neue Roggenrezeptur wirkt dagegen unaufregend.
1927 beschließt er schließlich, Produktion und Vermarktung selbst in die Hand zu nehmen. Er kauft in Berlin-Lichtenfelde eine geschlossene Bäckerei auf und beginnt unter dem Namen "Erste Deutsche Knäckebrotwerke Dr. Wilhelm Kraft", Knäckebrot zu backen. "Mit Messen und Vorträgen versuchte Kraft, Knäckebrot bekannt zu machen. Auch seine Frau schickte er mit Proben und Informationsmaterial von Tür zu Tür, um das Brot den Leuten in den Mund zu legen", beschreibt Schütz die ersten Marketing-Strategien. Er ist auch einer der ersten, der bekannte Persönlichkeiten dazu bringt, beherzt für die Öffentlichkeit in das Knäckebrot zu beißen.
Schnell wächst der Absatz der krossen Backware, bald wird die Berliner Bäckerei zu klein. Die Suche nach einem neuen Standort beginnt. Städte wie Magdeburg, Halle, Weißenfels machen Kraft Angebote, doch er entscheidet sich für Burg. Das dort stillgelegte Werk der Meinkeschen Lederfabrik, der ausgebaute Kanal, die gute Verkehrsanbindung und die weiten Felder der fruchtbaren Magdeburger Börde und des Flämings, die frischen Roggen aus der nächsten Umgebung liefern könnten, überzeugten den Wissenschaftler. Das etwa um die Jahrhundertwende gebaute Gebäude bot genügend Platz, um Öfen und Produktionsbänder zu montieren. Auch die von ihm geplante werkseigene Mühle kann eingebaut werden. Das frisch gemahlene Mehl ist für ihn unverzichtbar, um ein qualitativ hochwertiges Knäckebrot zu backen.
Am 19. August 1931 startet das Burger Knäckebrotwerk seine Produktion. In der Tageszeitung wird die Eröffnung gefeiert. Es wird von 200 neuen Arbeitsplätzen, 10 000 Kilogramm Produktion am Tag und einem Stromverbrauch von 2,5 Millionen Kilowattstunden berichtet. Die Produktion läuft, die Knäckebrotscheiben werden ein Verkaufsschlager.
Doch trotz des großen Erfolges, kann sich der Wissenschaftler Dr. Wilhelm Kraft nicht so recht mit seinem neuen Posten als Fabrikdirektor anfreunden. Bereits 1932 übergibt er die Leitung einer Geschäftsführung. Doch bleibt er dem Unternehmen treu als wissenschaftlicher Berater erhalten, auch als er in die Schweiz auswandert.
Den zweiten Weltkrieg übersteht das Werk fast ohne Schäden. Nach einem kurzen Stillstand nimmt es die Produktion wieder auf, wird aber im Zuge der Enteignung zu einem Volkseigenen Betrieb umgewandelt. Gleichzeitig wird auch der Name des Gründers "Kraft" aus dem Namen gestrichen. Ab 1949 wird das Werk erst unter dem Namen "VEB Erste deutsche Knäckewerke", dann ab 1956 unter dem regional bezogenen Namen "VEB Burger Knäckewerke" zum einzigen Knäckebrotproduzenten der DDR. Im Jahr werden in dieser Zeit etwa 30 Millionen Packungen Knäckebrot gefertigt. Es dauert nicht lange und die Planwirtschaft sieht eine Produktpalettenerweiterung vor: Zwieback, Butterkeks, Sportkeks und süße Waffeln kommen hinzu. "Hier reichte bald die Leistung einer Mühle nicht mehr aus, die Rolandmühle in Burg wurde der Knäcke angegliedert und produzierte zusätzlich Weizenmehl", weiß Marketingexpertin Schütz.
1965 ist die Nachfrage nach dem Knäcke so groß, dass man zur vollautomatisierten Produktion umrüstet. "Beeindruckend waren die neuen Knäckebrotöfen. Einer davon war 35 Meter lang", erzählt Schütz. Die heutigen Öfen messen sogar 50 Meter.
Als erfolgreiches Unternehmen in der DDR, wirft die Wende die Firma 1990 dann weit zurück. Mit den bunten Packungen der "Westanbieter" ist schwer zu konkurrieren. Handelsabsagen führen zeitweise zum Stillstand der Produktion. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, beschließt die neu gegründete Burger Knäcke GmbH, sich fortan auf die Kernkompetenzen Knäckebrot und Zwieback zu konzentrieren. Zeitgleich wird auf eine neue, bunte und zeitgemäße Verpackung umgestellt.
Noch zwei Punkte markieren den weiteren Weg des Werkes bis in die Gegenwart: 2001 wird das Werk vom bekannten Zwieback-Familienunternehmen Brandt übernommen. Es stellt das Produkt unverändert und weiter erfolgreich her. Die Nachfrage steigt stetig, so dass 2006 in eine neue Produktionsanlage investiert wird. Es entsteht eine 80 Meter lange Produktionsstraße. Seit dem entspricht die Jahresproduktion in etwa der Strecke von 125 000 Kilometern, würde man alle gebackenen Knäckebrotscheiben aneinanderlegen.
Was sich bis heute aber nicht geändert hat, ist die Rezeptur.