Karnveal Groß Rosenburg bei Barby: Karnevalsverein feiert lange Tradition
Der Rosenburger Fasching startet in die nächste Saison. Wie das diesjährige Motto lautet und warum die Karnevalstradition gefeiert wird.
![Frank Steiner und Michael Pietschker gelten als Begründer des Rosenburger Carnevals- und Kulturvereins (RCV).](https://bmg-images.forward-publishing.io/2024/01/31/75df3627-5ad0-450d-bd40-546cd7895803.jpeg?rect=81%2C0%2C1190%2C669&w=1024&auto=format)
Groß Rosenburg. - Die dicken Archiv-Ordner des Rosenburger Carnevals- und Kulturvereins (RCV) erinnern an militärische Aufmarschpläne. Punkte, Kringel und immer wieder energisch voran treibende Pfeile führen in die Schlacht. Man entdeckt die Worte „Präsident“, „Fahnenträger“ oder „Garde“. Wer kämpft hier gegen wen? Sind denn auch Sanitäter da?
Präsident Michael Pietschker (58) grinst: „Das ist unser Aufmarschplan des ersten Faschings 1992.“ Auf einem blassen Karoblatt hatte er nichts dem Zufall überlassen. Es ist bis ins kleinste Detail aufgemalt, wer wo steht, wo was passiert. Die Funkengarde kommt in „2 Dreierreihen“, der Elferrat in „5 Zweierreihen“ in den Saal. An einer Stelle heißt es „Alle bleiben stehen! Wenn jeder an seinem Platz ist, Musik. Schluß! 3 x Tusch.“
Was heute routiniert geschieht, brauchte damals einen ordnenden Generalstabsplan.
Vorbereitung ist alles
Ein noch älteres Dokument zeigt, dass bereits am 16. November 1990 die Gründung des närrischen Vereins akribisch vorbereitet wurde. Michael Pietschker und Frank Steiner gelten als geistige Väter.
„Aber dafür brauchten wir Leute, die begeisterungsfähig sind und mitmachten“, erinnert sich Pietschker. Pläne wurden geschmiedet, diskutiert, aufgeschrieben und wieder verworfen. Am 21. März 1991 war endlich der närrische Reifeprozess abgeschlossen. 28 Leute trafen sich und gründeten den Rosenburger Carnevals- und Kulturverein. „Wir wollten, dass in Groß Rosenburg die Kultur nicht weiter am Boden liegt und zeigen, was in uns steckt“, erzählt Pietschker.
Satzung und Eintrag in das Vereinsregister erwiesen sich dabei noch als die leichteste Übung der Narren. Weit schwieriger gestaltete sich die finanzielle Herausforderung. „Woher nehmen, wenn nichts da ist? Die damalige Gemeindeverwaltung zeigte nur ein sehr lauwarmes Interesse“, so Pietschker. Doch davon ließ er sich nicht beirren, scharte Gleichgesinnte um sich, steckte sie immer wieder mit seiner Begeisterung an.
Unter dem Schlachtruf „RCV – Helau!“ rollte dann der erste Karnevalsumzug am 11.11.1991 durchs Dorf.
Premiere 1992
Ein Vierteljahr später folgte der Premiere-Fasching. Michael Pietschker formte einen Elferrat - ihm zur Seite standen der Rosenburger Chor unter der Leitung von Martina Kuttner, die Pop-Gymnastikgruppe (Sabine Ritter), eine Männer- und Frauengruppe sowie die Tanzkapelle „Novalis“.
Zu einem Kabinettstückchen geriet die Beschaffung des Stoffs für die ersten Funkenkostüme. „Ich habe schon damals gewusst, wo es was zu holen gibt“, grinst Organisationstalent Pietschker. Ihm war nicht entgangen, dass in der damaligen Gemeindeverwaltung massenweise roter Fahnenstoff lagerte, mit dem der 40. Jahrestag der DDR ausgestaltet werden sollte.
Sollte!
Fahnen für den Karneval
Weil die Farbe Rot aus ideologischer Sicht plötzlich unpopulär geworden war, aber gut brauchbar für die Wappenfarben der Rosenburger, kamen die Fahnen gerade recht. „Nimm das Zeug alles mit!“, wirkte die damalige Gemeindesekretärin regelrecht erleichtert.
Und Pietschker nahm.
So wurden aus den roten Arbeiterfahnen Funkenjäckchen und bourgeoise Kleider für einen Cancan-Tanz genäht. Ähnlich verhielt es sich mit den selbst geschneiderten Narrenkappen. Hier waren allerdings Beschaffungs- und Kostengründe anfang der 1990er Jahre maßgeblich. Handarbeit spielte bei den Rosenburgern schon immer eine bedeutende Rolle. So wurde auch die Vereinsfahne 1991 von Monika Steiner bestickt.
Das Original bleibt
Nach mehreren Anläufen beim Landratsamt in Schönebeck bekam der Verein 1.000 DM Startkapital. „Noch waren nicht alle Probleme aus dem Weg geräumt, denn zum Proben benötigten wir die Mehrzweckhalle. Ein Tauziehen mit dem Sportverein begann und konnte erst mit einem staatlichen Machtwort gelöst werden“, sagt der 58-Jährige. Viel Neues kam auf die Mitglieder des Vereins zu. Wie schreibt man eine Büttenrede und wer konnte sie vortragen? Der Akener Karnevalsverein gab Anregungen.
Dienstältester Spaßvogel in der Bütt ist bis heute Michael Pietschker. Er kalauert seit Anbeginn. Wobei der Vereinschef in seiner Rolle als „Weltenbummler“ die Originalgarderobe von 1991 trägt.
![Michael Pietschker in seiner Paraderolle als „Weltenbummler“.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2024/01/31/0a11b628-4ad1-4d2a-a898-f1a17f37787f.jpeg?rect=120%2C0%2C600%2C967&w=1024&auto=format)
„Bloß die Jacke passt nicht mehr. Alles andere scheint mit gewachsen zu sein“, witzelt er, der seitdem ein paar Kilo zulegte. Wäre nicht die Änderungsschneiderin zum Zuge gekommen, würden die Arme abstehen wie die Flügel vom Pinguin, lacht der Weltenbummler, der zugibt, besonders unter der faschingslosen Zeit zu leiden.
Tradition kommt an
Der Oberbüttenredner hat sich von Anfang an in die Herzen des Publikums geredet. Er spießt bis heute Kurioses auf und prangert Missstände an. Auch Wolfgang Simon, Angelika Schwendt und Kalle aus Köthen standen einst mit viel Herzklopfen in der Bütt.
Später gesellten sich die Rosenburger Tratschweiber dazu, die auch heute noch im Programm sind. Die Stimmungssänger des RCV, begleitet vom „Stadtblasorchester Köthen“, trällerten so manch lustiges Liedchen und brachten den Saal zum Schunkeln.
Aber auch das Männerballett sorgte für großes Gelächter. Denn wenn die mitunter schwergewichtigen Grazien über die Tanzfläche schwebten, blieb kein Auge trocken.