Hochwasserschutz Kostenerhöhung scheint nachvollziehbar
Landesrechnungshofpräsident Barthel und Umweltministerin Dalbert machten sich ein Bild von der „Deichrückverlegung“ in Lödderitz.
Lödderitz l Was bedeutet es, wenn die Landesrechnungsprüfer ein Millionen-Objekt wie die Deichrückverlegung unter die Lupe nehmen? Könnte das heißen, dass hier unverhältnismäßig mit Steuermitteln umgegangen wurde? Schließlich haben sich die Kosten für die Deichrückverlegung zwischen Breitenhagen und Obselau von geplanten 23 Millionen Euro auf rund 33 Millionen Euro erhöht. Allein die Baukosten hätten sich um 1,3 Millionen Euro erhöht. Dieser Anstieg wurde mit dem Hochwasser von 2013 erklärt, als die Baustelle der Deichrückverlegung wie eine Insel in den Fluten der Elbe lag.
„Wir haben nachgefragt, wie diese Kostenerhöhung zustande kam“, sagte Landesrechnungshofpräsident Kay Barthel. Die Erhöhungen seien allerdings durchweg nachvollziehbar. „Nichtsdestotrotz sollte das Umweltministerium beim Einwerben von Drittmitteln konsequenter sein und zudem auch versuchen, die anderen Elbanrainer noch stärker an den Kosten zu beteiligen“, unterstrich Kay Barthel allerdings, „immerhin schützen Sachsen-Anhalts Hochwasserbauten rund 300 Elbkilometer und damit mehr als jedes andere Elbanrainerland.“
Bei der Deichrückverlegung im „Lödderitzer Forst“ wurden 600 Hektar Auwald (rund 850 Fußballfelder) als neue Flutfläche ausgewiesen. Insgesamt sind in das Projekt rund 33 Millionen Euro geflossen. 75 Prozent der Kosten schulterte der Bund, 15 Prozent das Land und 10 Prozent der Naturschutzverband WWF als Projektträger. Claudia Dalbert sieht in der Umsetzung der Hochwasserschutzkonzeption des Landes einen großen Erfolg sowohl für den Hochwasserschutz als auch für den Naturschutz. „Wir alle wissen, dass wir den Flüssen wieder mehr Raum geben müssen. Bei dieser Maßnahme wurde der Retentionsraum an der Elbe auf 900 Hektar verdreifacht. Die Umsetzung dieses Projektes zeigt ganz deutlich, dass Hochwasserschutz und Naturschutz sich gegenseitig stärken können“, so Dalbert.
Bei der Besichtigung der Deichbauwerke zeigte sich Landesrechnungshofpräsident Kay Barthel beeindruckt vom Umfang des Projektes: „Wie wichtig ein nachhaltiger Hochwasserschutz ist, ebenso wie die zügige Umsetzung der Arbeiten, zeigt allein die aktuelle Situation im Harz. Trotzdem muss die Landesregierung stets die Kosten im Auge behalten.“
Zwischen den intensiven Vorbereitungen im Jahr 2003 und der Fertigstellung des neuen Deiches bei Lödderitz liegen 14 Jahre. „Natürlich handelt es sich dabei um ein besonders anspruchsvolles Projekt“, sagte Dietmar Weihrich, zuständiges Senatsmitglied im Landesrechnungshof, „dennoch dauert die Umsetzung von Polder-und Deichbauarbeiten im Land oft noch zu lange. Darüber hinaus gehören auch die Entschädigungsregelungen generell auf den Prüfstand. Wer nah am Wasser baut, muss sich auch selbst entsprechend versichern. Es kann nicht sein, dass das Risiko auf den Steuerzahler abgewälzt wird.“
In der Hochwasserschutzkonzeption des Landes Sachsen-Anhalt sind bis 2020 insgesamt 17 Deichrückverlegungen ausgewiesen. Einige Vorhaben befinden sich bereits in der Umsetzung, andere sollen bis spätestens 2020 begonnen werden. Der Kostenrahmen dafür liegt bei rund 80 Millionen Euro. Allein in Sachsen-Anhalt soll eine Überflutungsfläche von mehr als 2.700 Hektar entstehen.
Die Ausweitung der Kernzone, die als Totalreservat vom Menschen nicht betreten werden darf, wird von den Deichanliegern nicht nur als Segen empfunden. Forstleute befürchten, dass sich die vielen hundert nachgepflanzten Eichen ohne menschliche Pflege nicht gut entwickeln könnten. Auch die steigende Zahl des Schwarzwildes verursacht Bauchschmerzen. Laut Umweltministerin Dalbert gebe es zu beiden Themen keinen Grund zur Sorge: Die Eichen würden sich gut entwickeln, die regelmäßigen Drückjagden sollen beibehalten werden.
Der Senat des Landesrechnungshofes tagte in der Vergangenheit bereits mehrfach außerhalb seines Hauses. Er verfolgt damit das Ziel, sich unmittelbar vor Ort über die Verwendung öffentlicher Gelder zu informieren und darüber mit den beteiligten Akteuren direkt ins Gespräch zu kommen.