Nicht verabschiedeter Kreis-Haushalt zwingt Träger der Jugendarbeit zu Entlassungen und Schließungen "Ich habe geweint, als ich davon erfuhr"
Bei der letzten Sitzung des Kreistages am 13. Mai wurde der Haushalt für den Salzlandkreis nicht verabschiedet - mit dramatischen Folgen für die Jugendarbeit im gesamten Kreis. Einrichtungen müssen geschlossen werden, Mitarbeiter entlassen, Öffnungszeiten angepasst.
Schönebeck l Es ist Sonntagmorgen 10 Uhr. Mein Handy klingelt. Am anderen Ende eine aufgeregte Stimme. "Thomas, können wir uns heute treffen? Wir müssen was loswerden. Wir können das nicht einfach so hinnehmen, was mit den Jugendclubs passiert!" Es ist Jennifer Wesemann. Jenni geht seit Jahren in den Jugendclub "Future" vom Verein Rückenwind.
Wir treffen uns um 14 Uhr vor dem "Future", während der gesamte Raum Magdeburg vor dem Fernseher sitzt und dem 1. FCM für den Aufstieg in die dritte Bundesliga die Daumen drückt. Doch Jenni und weitere knapp 20 Jugendliche haben andere Sorgen. Sie sorgen sich um die Zukunft eines anderen Clubs - ihres Jugendclubs.
"Wir möchten uns Gehör verschaffen und den Verantwortlichen zeigen, wie es uns geht, was sie uns angetan haben", ist Anja Zimmermann ganz aufgeregt. Aufgeregt sind auch die anderen und reden auf mich ein. "Ungerecht!", "Und wir sollen die Zukunft sein?!", "Sparen am falschen Ende", "Wie können die das nur machen?", "Schreib ruhig, wie scheiße wir das finden!","Ich könnte heulen...", prasselt es von allen Seiten auf mich ein.
Die letzte Aussage kam von Christin Ebeling. Ich frage nach, wie es ihr geht, ob es wirklich so schlimm ist. "Ja", sagt sie traurig, "wir sind hier alle eine große Familie und als ich gehört habe, dass Mario entlassen ist, musste ich weinen. Und jetzt habe ich Angst, dass wir ihn nie wieder sehen und dass später vielleicht der ganze Club geschlossen wird. Das ist so schlimm!" Mario Giese war der Leiter des Freizeitzentrums "Future".
So oder ganz ähnlich ist derzeit die Situation bei der Jugendarbeit im gesamten Salzlandkreis. Der "Future" musste zumindest nicht schließen. Bei anderen Jugendclubs sieht es schlimmer aus. Beispielsweise in Ostelbien. Ranies: zu! Pretzien: zu! Plötzky: zu! Oder im Bereich Barby und Bördeland. Pömmelte: zu! Eickendorf: zu! Groß Rosenburg: zu! Breitenhagen: zu!
All diese Clubs wurden durch die Mobile Jugendarbeit des Vereins Rückenwind betreut, die nun ihre Arbeit nicht fortsetzen kann.
Auch andere Träger der Jugendarbeit haben schwer zu knabbern. "Die Träger gehen in Vorkasse und finanzieren die Jugendarbeit vor. Normalerweise kommt dann Mitte des Jahres der Bescheid über die Gelder und die Arbeit kann weitergehen", erklärt Uwe Zech, Leiter des CVJM Schönebeck. Doch diese Gelder bleiben nun aus und man ist in der Existenz bedroht, so Zech weiter.
Beim CVJM überlegt man derzeit, die Leiterstelle über Spenden weiter zu finanzieren. Ob das klappt, weiß niemand.
Auch die Jugendclubs "Rainbow" in Schönebeck und "Teen Club" in Barby sind in ihrer Existenz bedroht. Der Träger - die Arbeiterwohlfahrt - hat zugesichert, die Clubs zumindest bis zum 30. Juni offenzuhalten. Wie es dann weiter geht, weiß noch niemand, aber man versucht, ins Gespräch mit den Politikern zu kommen.
Mit den Politikern zu sprechen, diese Idee kommt auch bei den Jugendlichen des "Future" am Sonntag Nachmittag auf. "Ob das hier nun in der Zeitung steht oder nicht, wird nicht groß was ändern", meint Jenni. "Wir sollten alle Clubs zusammen trommeln und gemeinsam zum nächsten Kreistag fahren. Da können wir ihnen dann direkt sagen, dass das so nicht geht!"