Wünschewagen Jens Hamel aus Schönebeck reist mit Wünschewagen des Arbeitersamriterbundes Sachsen-Anhalt mit an Krebs erkranktem aus Halberstadt nach Rügen
Jens Hamel engagiert sich ehrenamtlich beim Wünschewagen. Der Schönebecker erfüllt damit Menschen in prekären Notlagen kurz vor deren Tod die oftmals letzten Wünsche. Gerade kehrte er von einer emotionalen Reise zurück.
Schönebeck/Halberstadt - Jens Hamel sitzt in seinem idyllischen Garten in Bad Salzelmen. Seine Augen leuchten, wenn er sich an das zurückliegende Wochenende erinnert. Er verbrachte die Zeit auf der Ostseeinsel Rügen – allerdings nicht zum Urlaubmachen. Vielmehr für ein unvergessliches Erlebnis.
Hamel und ein Team aus freiwilligen Helfern trafen den Krebskranken Olaf Wittkowski. Der von der schweren Krankheit stark gezeichnete Mann aus Halberstadt hatte nur noch einen Wunsch: seiner Enkelin noch einmal das Meer zeigen. Die Reise an die Ostsee, sie wäre für die Familie des Schwerkranken unmöglich gewesen. Olaf Wittkowski musste liegend transportiert, medizinisch beaufsichtigt werden. Hilfe musste her.
Sternenhimmel im Inneren
Und da kam unter anderem Jens Hamel ins Spiel. Hamel engagiert sich in seiner Freizeit bei dem Projekt „Der Wünschewagen“ des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Sachsen-Anhalt. Ein speziell hierfür konzeptionierter und umgebauter Krankentransportwagen bringt den Fahrgast und einen Angehörigen an ihren Wunschort und sorgt während der Fahrt für eine angenehme Atmosphäre. „Der Himmel ist zum Beispiel mit einem Sternenhimmel dekoriert“, erklärt der Schönebecker. „Immer an Bord sind ehrenamtliche Begleiter, die medizinisch geschult sind, sowie ein Fahrer, der – wie Jens Hamel – die entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.
„Für mich ist das Projekt eine Herzenssache“, sagt Jens Hamel. Währenddessen erinnert er sich an die zurückliegenden Tage. Die Zeit empfand auch er als emotional und sehr bewegend. „Innerhalb der Gruppe ist eine richtige Freundschaft entstanden.“ Dass er dabei seine Freizeit verwendet habe, falle da kaum noch ins Gewicht. „Man bekommt da so viel zurück“, sagt der Schönebecker, während er auf die Zeit an der Ostsee zurückblickt.
Per Sondergenehmigung zum Kap Arkona
Er berichtet davon, wie er und die anderen ehrenamtlichen Mitstreiter, die sich vorher nur über Textnachrichten kannten, eine Fahrt zum Kap Arkona organisierten. Eigentlich, weiß er, müssten Besucher eine längere Wegstrecke zurücklegen, um die Sehenswürdigkeit zu erreichen. Für den Krebskranken ein unmögliches Unterfangen. Binnen kürzester Zeit beantragten sie eine Sondergenehmigung, um den behindertengerechten Parkplatz direkt am Kap Arkona nutzen zu dürfen. Einzig und allein der Sonnenuntergang ließ bei dem Ausflug auf sich warten. Obwohl es wie aus Kübeln regnete, tat das der Stimmung keinen Abbruch. „Es war sehr emotional“, beschrieb Jens Hamel.
Simone Wittkowski wird diese Tage ebenfalls in besonderer Erinnerung behalten. Sie habe alles darangesetzt, ihrem Mann einen seiner letzten Wünsche zu erfüllen. Er wollte unbedingt seiner dreijährigen Enkeltochter Lotta noch einmal das Meer zeigen. Ein Foto zeigt die Dreijährige gemeinsam mit ihren Großeltern in einem Strandkorb. Die Szene wirkt, als schwebe der Bauchspeicheldrüsenkrebs nicht wie ein Damoklesschwert über dem Familienglück. Während des Telefongesprächs mit der Volksstimme kann sich Simome Wittkowski die Tränen nur schwer verkneifen. „Opa, ich liebe dich so sehr“, habe die Kleine gesagt. „Das war der emotionalste Moment des ganzen Wochenendes. Mein Mann hat sich so sehr gewünscht, noch einmal mit seiner Enkelin im Sand spielen zu können“, sagt sie.
Reise fürs Fotobuch
Die Reise wird der Familie in Erinnerung bleiben. „Ich werde auf jeden Fall ein Fotobuch davon machen“, meint die Ehefrau von Olaf Wittkowski. Seit 1996 würde die Familie regelmäßig nach Rügen reisen, immer ins gleiche Hotel. „Diesmal war es ein richtiges Glücksgefühl.“ Ihrem Ehemann Olaf, sagt Simone Wittkowski, habe die Reise unendlich gut getan. „So gut ging es ihm seit Monaten nicht.“ Er habe wieder essen können und sei guten Mutes gewesen.
Und dann denkt Simone Wittkowski an den kleinen Ausflug zum Kap Arkona. Das Team, sagt sie, „war einfach gigantisch“. Ohne das Engagement und den Einsatz der drei um den Wünschewagen hätte das alles nie funktioniert. „Da war es dann auch egal, dass es geregnet hat.“ Wieder fließen Tränen.
Das sind sie wohl, die Momente, an die Jens Hamel denkt, wenn er in seinem Garten in Bad Salzelmen sitzt und an die Fahrt zurückdenkt – genauso voller Emotionen.
Der Wünschewagen
Der Wünschewagen ist ein Projekt des Arbeiter-Samariter-Bundes.
In fast allen deutschen Bundesländern gibt es inzwischen einen oder sogar mehrere Wagen.
Die ASB-Wünschewagen setzen nach Angaben des ASB da an, wo Angehörige überfordert sind: wenn ein Fahrgast nur liegend transportiert werden kann, pflegerische medizinische Betreuung benötigt wird oder die Familie sich den Ausflug allein nicht zutraut.
Dank Spenden und des Engagements unserer ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer fahren die Wünschewagen für ihre Gäste kostenfrei.
Mitfahren darf jeder, der noch transportfähig ist, das Ziel bleibt dem Wünschenden überlassen – ob ans Meer, ins Stadion, zum Konzert, der Familie oder noch einmal nach Hause. Möglichst jeder Wunsch wird erfüllt.
Die Wünschewagen sind speziell auf die Bedürfnisse der Fahrgäste abgestimmt – spezielle Stoßdämpfer, eine Musikanlage sowie ein Konzept aus Licht und Farben. Eine verspiegelte Rundum-Verglasung bietet einen Panorama-Blick in die Umgebung. Zugleich verfügen alle Wünschewagen über eine moderne notfallmedizinische Ausstattung.
Der Kontakt in Sachsen-Anhalt: Luisa Garthof, Tel. (03 91) 607443-60, wuenschewagen@asb-st.de
Spenden unter: DE48 8102 0500 0007 4667 04