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Humor Lemke mit drei Persönlichkeiten

Die Eggersdorfer Humoristin Josefine Lemke zu ihren zwei bisherigen Kunstfiguren nun eine dritte erdacht.

Von Kathleen Radunsky-Neumann 01.07.2018, 05:14

Schönebeck/Eggersdorf l „Jetzt kommt dein Süßer“ – wer diese Liedzeile liest, hat direkt eine einschlägige Melodie im Ohr. So geht es auch Josefine Lemke. Die Humoristin aus Eggersdorf ist seit jeher ein Fan der Frau, die den „süßen“ Song geprägt hat. Die Rede ist von Helga Hahnemann. „Ich habe schon lange überlegt, wie ich diese tolle Künstlerin würdigen kann“, sagt Josefine Lemke. Einfach nur kopieren, sozusagen eine Doubleshow machen, das war und ist für die Eggersdorferin ausgeschlossen. „Da wären die Fußstapfen viel zu groß“, sagt sie respektvoll. Stattdessen hat sie sich entschieden, zu ihren zwei Kunstfiguren Lisbeth Koslowski und Erna Schmidtke-Hübenstein noch eine dritte hinzuzugesellen. Und das ist Helga, die singende Wirtin.

„Sie präsentiert quasi den Touch der Helga Hahnemann“, nennt die Humoristin die Intention hinter ihrer neuen Figur. In die Tat umgesetzt zeigt sich das so: Helga Kruse ist Wirtin der Kneipe, in der Helga Hahnemann Stammgast gewesen ist. Ihr Traum ist es ihrem Vorbild nachzueifern. Schließlich bietet sich die Gelegenheit, bei der nicht nur die Klassiker der „Henne“ zu hören sind, sondern die Wirtin ebenso die schönsten Solosketche präsentiert.

Für Josefine Lemke ist diese neue Figur eine Herausforderung. „Denn Singen gehört nicht zu meinen Stärken“, sagt die Humoristin. Sie betont sogar: „Ich hätte nie gedacht, dass ich gesanglich auf der Bühne arbeiten könnte“. Ihrem Ehrgeiz hat sie es zu verdanken, dass sie heute sagen kann: „Auch wenn ich heute noch immer nicht alle Töne treffe, so hört es sich so manierlich an, dass ich es auf der Bühne präsentieren kann.“

Mit der neuesten Figur Helga Kruse hat sich Josefine Lemke also einen langersehnten Wunsch erfüllt. Ihre beiden Paraderollen Lisbeth Koslowski und Erna Schmidtke-Hübenstein wird sie deshalb nicht vernachlässigen. „Diese drei Figuren sind so unterschiedlich, dass man sie auch wirklich jedes Jahr mit neuem Leben ausfüllen kann“

Erna Schmidtke-Hübenstein sei eine zeitgerechte, moderne Frau, die aktuell politisch in ihren Programmen wird. „Lisbeth Koslowski vertritt den Blickwinkel der Senioren“, führt Josefine Lemke aus. Diese Figur findet bei Alt und Jung guten Anklang, berichtet sie aus ihrer Erfahrung. „Junge Leute machen sich im Nachgang Gedanken, so ist das bei uns ja auch. Ich müsste Oma auch mal einen Blumenstrauß kaufen“, erzählt Josefine Lemke. „Wenn man das erreicht, hat man natürlich viel erreicht – nämlich mit einem Augenzwinkern auf die Schwachstellen hinzuweisen.“ Und mit der Kneipenwirtin Helga könne Josefine Lemke eben auch musikalisch unterwegs sein.

Wie kann die Humoristin ihre drei unterschiedlichen Figuren mit Leben füllen? „Ich schöpfe aus meinem eigenen Leben“, sagt sie. Selbst ist sie noch keine Oma. „Aber meine Schwester hat zum Beispiel noch kleinere Kinder, und da erlebe ich quasi wöchentlich, wie wichtig eine Oma ist“, sagt sie.

Oder das Politische. „Das ist dem Tagesgeschäft geschuldet“, sagt die Humoristin. „Wenn ich Nachrichten schaue oder Zeitung lese, mich eben umsehe, dann finde ich die Themen, bei denen ich denke, die muss ich verarbeiten“, sagt sie. Ob man damit immer den Nerv des Publikums treffe, das sei eine ganz andere Sache. Deshalb lautet die Devise von Josefine Lemke: „Dem Bürger sozusagen aufs Maul schauen.“

Hand aufs Herz: Hat Josefine Lemke eine Lieblingsfigur? „Mir sind alle drei gleich lieb“, sagt sie. Beim Publikum sei das anders. „Das ist von der Region abhängig“, nennt die Eggersdorferin ihre Erfahrung. „Das habe ich inzwischen gelernt, dass ich vor dem Auftritt schaue, welcher Humor in der jeweiligen Region vorrangig ist.“

Dafür wiederum sei ein breites Repertoire nötig. „Mein Platz ist in der Vielfältigkeit“, sagt Josefine Lemke. Sie freue sich sowohl auf ihre Soloprogramme, die sie unter anderem bundesweit in kleinen Theatern, Landgasthöfen und Hotels präsentiere, als auch die bunten Programme. „In denen wirke ich sehr gerne mit und das passiert Open Air und in großen Hallen deutschlandweit.“ Und das dritte Standbein: die Undercover-Comedy auf Kreuzfahrtschiffen. Und nicht zu vergessen, so die Künstlerin, ist da noch die kleine Schiene der Auftritte bei Jubiläen und Privatfeiern. „Dadurch bin ich sehr gut aufgestellt“, fasst sie zusammen.

Das war nicht immer so. Allzu gut erinnert sie sich an ihre Anfangsjahre. Die ersten humoristischen Schritte gegangen ist sie 1994. „Peu á peu und nebenbei“, sagt sie. „Als dann die Nachfrage nach meiner Person da war, war ich mir siegesbewusst, dass das funktioniert“, erzählt sie.

Am 30. Juni 1998 macht sie sich also selbständig – und beginnt ihre Karriere mit einem herben Rückschlag. „Ich hatte ein Programm, das ich total in den Sand gesetzt habe.“ Das sagt Josefine Lemke offen, peinlich ist ihr diese Erfahrung nicht. Denn: „Das ist das Beste, was mir passieren konnte.“ Danach habe sie immer dreimal nachgedacht und sich besser vorbereitet, um nicht noch einmal eine solche Pleite zu erleben. „Es war also sehr gut, dass das zu Beginn meiner Selbständigkeit gewesen ist und nicht jetzt erst so mittendrin.“

Als Künstlerin selbständig sein, das ist nicht einfach. „Man muss ganz schön auf die Wirtschaftlichkeit achten“, verrät Josefine Lemke kein Geheimnis. Ihr sei das anfangs so nicht bewusst gewesen, gibt sie zu. „Man muss den Aspekt Wirtschaftlichkeit und Spaß gemeinsam betrachten“, sagt sie heute. Ihre ersten Jahre als selbständige seien „kein Zuckerschlecken“ gewesen. Soll heißen: „Die ersten zwei Jahre konnte ich nicht davon leben.“ Aber: „Den richtigen Durchbruch habe ich so zirka nach zehn Jahren geschafft.“

Dabei immer an ihrer Seite: Ihr Mann. „Ohne ihn hätte ich meinen Job nicht so mit Leben füllen können“, sagt sie. Es sei wichtig, dass der Partner das unterstützt. „Denn von 52 Wochenenden im Jahr ist mein Mann 50 allein oder er kommt halt mit und hat genauso viel Lampenfieber wie ich“, verdeutlicht sie.

Das „große Geld“ wie man so schön sagt, meint Josefine Lemke damit nicht. Wohl eher den Aspekt, dass es sich rechnet. Sie kann von ihrem Beruf leben und ist darüber hinaus auch noch mit Freude dabei. Dass sie heute auf 20 Jahre Selbständigkeit zurückblicken kann, „sehe ich als Ansporn für weitere mindestens fünf tolle Jahre“. Nur fünf Jahre? Denkt die 55-Jährige an den Ruhestand? „Nee, aber man sollte sich ja auch kurzfristige Ziele setzen“, erklärt sie und ergänzt: „Ich wäre natürlich stolz, wenn ich noch einmal 20 Jahre schaffen würde.“

Werden sich dann weitere Figuren zu ihren bisherigen drei Damen gesellen? Sag niemals nie, verrät ihr Blick, wenngleich sie mit Worten sagt: „Bei denen wird es jetzt wahrscheinlich bleiben.“